Wolfgang Huste Polit- Blog

Pfändungsschutzkonto. So plündern Banken finanzschwache Kunden aus

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Das pfändungsfreie Konto wird für Verbraucher zur Falle: Laut Ökotest verlangen viele Banken hohe Gebühren und ziehen die EC-Karte ein.

Mit dem im Sommer eingeführten Pfändungsschutzkonto sollte vieles einfacher werden: Finanzschwache Kunden können seit Juli ihr Bankkonto in ein sogenanntes P-Konto umwandeln – damit bleibt ihnen ohne Rennerei zum Amtsgericht das pfändungsfreie Existenzminimum von 985,15 Euro automatisch erhalten. Gläubiger können das Konto nicht mehr blockieren – zumindest der Grundbedarf wie Essen und Miete sollten so gesichert sein.

Ganz so leicht, wie es schien, machen es viele Banken ihren wenig solventen Kunden jedoch nicht. Wie die Zeitschrift Ökotest in einer umfangreichen Untersuchung herausfand, langen die Kreditinstitute zum Teil ordentlich bei den Gebühren zu und schränken zudem noch die Kontofunktionen ein. Verbraucherschützer hatten das bereits bei der Einführung des P-Kontos befürchtet.

Von 194 angefragten Banken nahmen 125 erst gar nicht an der Ökotest-Befragung teil. Immerhin 159 Kontomodelle von 69 Kreditinstituten untersuchten die Ökotester schließlich. Das Ergebnis: In mehr als der Hälfte der Fälle zahlen betroffene Verbraucher im Schnitt fünf bis sechs Euro mehr für ihr P-Konto als für ein normales Konto. Hinzu kommt, dass die Kunden nach der Umwandlung häufig auf Zahlungsfunktionen verzichten müssen. „Das kann so weit gehen, dass sie beim P-Konto nicht einmal mehr an Bargeld kommen, geschweige denn per Girocard bargeldlos zahlen können“, heißt es bei Ökotest.

Ins Leben gerufen wurde das P-Konto, damit auch verschuldete Verbraucher ohne große Mühe zumindest ihre alltäglichen Bankgeschäfte regeln können. Dieses erklärte Ziel von Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) werde „von einigen Banken gründlich konterkariert“, so Ökotest. Die Ergebnisse des Tests seien für die Regierung „unbefriedigend“, teilte das Ministerium auf Anfrage mit. Denn: „Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Banken den Zugang zu P-Konten für den Verbraucher nicht erschweren werden.“ Die Testergebnisse würden nun kritisch „mit den beteiligten Kreisen“ erörtert.

Banken verlangen zu hohe Dispozinsen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) verlangt möglichst schnell eine gesetzliche Klarstellung der P-Konto-Regelung. Beim Ministerium hieß es im Sommer, dass die Gebühren für ein Pfändungsschutzkonto nicht den Preis für ein allgemein übliches Gehaltskonto übersteigen dürften. „Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof schon 1999 entschieden, dass die Kosten für Kontopfändungen nicht auf die Verbraucher umgewälzt werden dürfen“, sagt Christina Buchmüller, Referentin für Schulden beim vzbv. Daran sollten sich die Banken halten. „Es gibt keinen Grund, extra Konto-Modelle zu stricken, denn beim P-Konto handelt sich nur um eine Zusatzfunktion, auf die der Verbraucher einen gesetzlichen Anspruch hat“, betont Buchmüller.

Die Banken machen den erhöhten Aufwand geltend, der mit den P-Konten einhergehe. Der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) mische sich nicht in die Preisgestaltung der Banken ein, sagt ZKA-Sprecherin Michaela Roth. „Wenn die Banken jedoch hoheitliche Aufgaben übernehmen, die zuvor bei den Gerichten lagen, dann verursacht das Aufwand und damit Kosten.“ Ein Argument, das Verbraucherschützer nicht gelten lassen: „Die Banken und Sparkassen haben definitiv weniger Arbeitsaufwand als früher, als sie für jedes einzelne gepfändete Konto die Entscheidungen des Vollstreckungsgerichtes manuell umsetzen mussten“, sagt VZBV-Juristin Buchmüller.

Paare müssen doppelt Gebühren zahlen

Durch den automatischen Schutz von 985,15 Euro könnten vermutlich mehrere Millionen Konten pfändungsfrei geführt werden. Auch der Rechtsausschuss des Bundestags stellte fest, dass die Kreditwirtschaft von den erheblichen Verbesserungen bei der Abwicklung von Pfändungen durch das P-Konto profitiert. „Hier wittern doch vielmehr einige Banken das Geschäft mit Verbrauchern in einer Notlage“, sagt Buchmüller. Und das häufig genug in doppelter Form, denn P-Konten werden nur für einzelne Personen geführt.

Finanzberatung der Banken oft mangelhaft

Gemeinschaftskonten sind ausgeschlossen, was für viele Paare bedeutet, dass sie nun zwei Konten führen müssen, für die dann auch doppelt Gebühren anfallen. Die Notlage zeigt sich nicht nur durch die prekäre finanzielle Situation, sondern auch in der Wehrlosigkeit der finanziell Gebeutelten. Denn wer einmal ein Konto bei einer Bank hat, tut gut daran, an ihm festzuhalten. Wollen sich Kunden die hohen Gebühren nicht gefallen lassen, können sie nicht einfach zu einem günstigeren Institut wechseln oder bei ihrem Institut Rabatz machen. Einen Rechtsanspruch auf ein Girokonto gibt es in Deutschland nämlich nicht. Lediglich ein bestehendes Konto kann in ein P-Konto umgewandelt werden. Keine Bank ist gezwungen, ein P-Konto neu zu eröffnen.

Zwar gibt es eine „Selbstverpflichtung“ der Institute zu einem „Konto für jedermann“ – doch in der Realität sieht dies gerade für die wenig solventen Verbraucher nicht immer rosig aus. „Das ist ein klassisches Dilemma, in dem die Kunden da stecken“, sagt Buchmüller. Wer zudem zu heftig auf seinem Recht bestehe, riskiere die Kündigung des bisherigen Kontos. Dies sei ohne Angaben von Gründen möglich. Mit der alten Pfändungsregelung, die ein Konto ohne die gerichtlich erwirkte Freistellung des Existenzminimums komplett lahm legen konnte, ist dies oft vorgekommen.

Noch bleibt ein wenig Zeit, die Situation um die P-Konten zu verbessern. Doch in einem Jahr wird die Sache deutlich brisanter. Dann nämlich läuft die alte Pfändungsschutzregelung über die Amtsgerichte aus. Ab 2012 ist jeder, der über ein Konto verfügt und von einer Pfändung betroffen ist, auf ein P-Konto angewiesen. Wenn sich bis dahin nichts ändere, verpflichte der Staat seine klammen Bürger besonders hohe Kontokosten zu bezahlen, heißt es beim Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Und nicht nur dort ist die Unzufriedenheit mit den Banken hoch. Auch bei den Schuldnerberatungen stößt das Verhalten einiger Kreditinstitute auf Missfallen. Dort allerdings stehen nicht nur die Gebühren am Pranger, sondern die Behandlung der P-Konto-Kunden. Von einem „Meilenstein im Pfändungsschutz“, wie noch im Sommer, will in Sachen P-Konto niemand mehr so richtig reden.

Quelle: www.welt.de vom 20.12.10

Dieser Beitrag wurde am Montag, 20. Dezember 2010 um 12:47 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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