Wolfgang Huste Polit- Blog

»Wenig Hoffnung auf Gewaltfreiheit«

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Dortmunder Polizei könnte wieder gegen antifaschistische Proteste vorgehen. Stadt steht Verbot des Neonaziaufmarsches reserviert gegenüber. Ein Gespräch mit Ursula Richter Ursula Richter ist Sprecherin des »Bündnisses Dortmund gegen Rechts«


Zum wiederholten Mal mobilisiert die Neonaziszene anläßlich des Antikriegstages am 1. September bundesweit zu einem Großaufmarsch nach Dortmund. Wie gehen Stadtverwaltung und Polizei mit der neuerlichen Provokation um?

Wie auch in den Jahren davor dringt von den Planungen nichts an die Öffentlichkeit. Allenfalls aus der Nichtgenehmigung von Gegenkundgebungen kann geschlossen werden, welcher Stadtteil den Neonazis vorbehalten werden soll.

Einem Verbot des Aufmarsches steht der neue Polizeipräsident reserviert gegenüber. Die Hürden, die die Gerichte zum Schutz des Demonstrationsrechtes errichtet hätten, seien so hoch, daß mit dem Scheitern des Verbots gerechnet werden müsse. Dennoch sammelt das »Bündnis Dortmund gegen Rechts« Unterschriften unter seinen Aufruf »Naziaufmarsch am Antikriegstag verbieten!« Mit guten Argumenten, belegen doch die Dortmunder Neonazis mit Überfällen, Mord und Totschlag unsere Losung: »Faschismus ist ein Verbrechen!« Es ist eine zutiefst menschenverachtende und brandgefährliche Ideologie in der Nachfolge des Nazismus, die da auf die Straße getragen wird und besonders Migrantinnen und Migranten bedroht. Der türkische Kioskbesitzer Mehmet Kubasik ist ihr zum Opfer gefallen. Der Dortmunder wurde von den neofaschistischen Terroristen des »Nationalsozialistischen Untergrundes« ermordet.

Im vergangenen Jahr behauptete der damalige Polizeipräsident Hans Schulze (SPD), daß es sich bei friedlichen Massenblockaden um eine Straftat handele. Hat es ein Umdenken gegeben?
Der neue Präsident hat mit seiner Aussage, er werde »den Nazis auf den Füßen stehen«, zunächst manche Hoffnung geweckt. In der Blockadefrage mochte er sich nicht festlegen. Seine Aussage, Blockaden zum Zwecke der Verhinderung einer genehmigten Veranstaltung seien strafbar, lassen mich allerdings fragen: Ja, wozu denn sonst blockieren? Ohne Zweck und Ziel sieht es aus wie Demokratie spielen. Seine Aufteilung in »gute« und »böse« Protestler, wobei die »bösen« linksextrem und gewaltbereit sind und sowieso von auswärts kommen, macht wenig Hoffnung auf Gewaltfreiheit von Seiten der Polizei.

Die Neofaschisten versuchen, den Weltfriedenstag zu mißbrauchen, um sich als wahre Gegner imperialistischer Kriege zu inszenieren. Was sollte die politische Linke dem entgegensetzen?
Kriegsgegner und Antifaschisten dürfen das Heft des Handelns nicht aus der Hand geben. Weder in der ganzjährigen ideologischen Arbeit, Aufklärung vor allem in der Jugend, noch am Antikriegstag selbst, zusammen mit der Jugend: »Nie wieder Faschismus – Nein zum Krieg!« In diesem Jahr veranstaltet der DGB wieder eine »Friedenswoche« vom 24. August bis 1. September an einem zentralen Ort in der City, der früher von den Neonazis für ihr »Warm up« vor dem Tag ihres Aufmarsches genutzt wurde. Solche Aktivitäten müßen von der politischen Linken gestärkt werden. Das »Bündnis Dortmund gegen Rechts« beteiligt sich hier mit einer politischen Kunstaktion.

In vielen Kommunen herrscht Ratlosigkeit beim Umgang mit neofaschistischen Organisationen. Was wäre in Dortmund zu tun, um die Neonazis in Schach zu halten?
Hier hatte die Neonaziszene, nur gestört von den gestandenen und von neuen Antifa-Gruppen und unbelästigt von Politik, Polizei und Justiz, wachsen können. Nach langem Kampf hat sich in der Stadtspitze eine Kurskorrektur angebahnt – sie muß sich erst noch bestätigen, der Druck darf nicht nachlassen. Noch lebt die politische und mediale Spaltung der Gegenwehr in »gute Antifaschisten« – Kirchen, Gewerkschaften, SPD, Grüne, CDU – und »böse« – alle irgendwie Linken. Das muß überwunden werden. Es scheint, als suche der hiesige DGB hier seinen Part. Ein Paradigmenwechsel bei der Polizei und beim Staatsschutz weg von der Diskriminierung hin zur Unterstützung der antifaschistischen Kräfte der Stadt muß durchgesetzt werden. Der neue Polizeipräsident hat so etwas zugesagt. Mit dem Verbot des Naziaufmarsches am Antikriegstag wäre er auf gutem Weg. Er steht vor der ersten Gabelung. Wir werden ihn aufmerksam beobachten.

Interview: Markus Bernhardt

Informationen: dortmundgegenrechts.wordpress.com

Quelle: www.jungewelt.de vom 27.07.12

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 27. Juli 2012 um 11:55 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Einige Amtsträger müssen sich doch mal fragen lassen, was sie für eine Gesinnung haben. Wer Mord und Totschlag von seiten des Rechten Spektrums verharmlost und noch mit einer Genehmigung für deren Hetzdemo ein Spielfeld gibt, soll sich wirkkich fragen lassen was er unter Demokratie versteht. Denn eine Nazi- Partei, die nach dem Grundgesetz eigentlich überhaupt nicht existieren dürfte, hat auf der Strasse nichts zu suchen. Und sich zu entblöden, die NSU hätte nichts mit der NPD zu tun, Nazi ist Nazi. Es wird sich ja auch erdreistet alle Linken, Antifaschisten und sonstige Gruppierungen, die gegen Nazi´s auf die Strasse gehen, in einem Topf zu werfen. Warum nicht bei den Nazis?
    Gefahr für die Demokratie ging und geht immer noch von Rechts aus, noch nie von Links.

    Comment: Dietmar Zieger – 27. Juli 2012 @ 14:17

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