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Lobbyismus vor Gericht. Vor der Hamburger Pressekammer: Chef des »Instituts für die Zukunft der Arbeit« gegen Werner Rügemer. Von Thomas Barth

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In einem gut gefüllten Saal verhandelte die Pressekammer des Landgerichts Hamburg am Freitag die Zivilklage von Prof. Klaus Zimmermann gegen den Publizisten Werner Rügemer, der sein »Institut für die Zukunft der Arbeit« (IZA) als »unsichtbare Lobby« bezeichnet hatte. Die Klage gegen Werner Rügemer wurde größtenteils abgewiesen, in einem Punkt unterbreitete das Gericht den Streitparteien einen Kompromißvorschlag. Der IZA-Direktor Zimmermann wird durch die Bonner Kanzlei Redeker Sellner Dahs vertreten, deren Mandanten berühmte Namen tragen: Kohl, Schröder, Merkel. Klageanlaß: Rügemer hatte im Augustheft des Magazins Blätter für deutsche und internationale Politik den Artikel: »Die unterwanderte Demokratie. Der Marsch der Lobbyisten durch die Institutionen« publiziert. Darin wurde Zimmermann als »nicht unabhängig« und als Lobbyist bezeichnet, in dessen IZA von »freier Wissenschaft« keine Rede sein könne. Ziel des IZA sei es, die Auflösung von Standard-Arbeitsverhältnissen voranzutreiben. Zimmermann drohte, die »Blätter« gaben nach und löschten in Rügemers Artikel die Absätze über das IZA aus dem Netz. Aber Peter Kleinert von der Neuen Rheinischen Zeitung ließ sich nicht einschüchtern und publizierte den vollständigen Text. Darum stand der abwesende Kleinert neben dem Autor vor Gericht. Nach einem Protest von Rügemers Anwalt Eberhard Reinecke wurde im Vorfeld der von Zimmermanns Anwälten mit 120000 Euro angegebene Streitwert auf 80000 Euro reduziert.

In der Verhandlung ging es um drei Punkte: Die Bezeichnung des IZA als Lobbyisten; die Formulierung, von »freier Wissenschaft« könne nicht gesprochen werden; sowie die Aussage, die Finanzierung des IZA durch die Konzernstiftung sei einer breiten Öffentlichkeit nicht bekannt. Im letzten Punkt argumentierten die Kläger, die Öffentlichkeit könne dies doch auf der Website nachlesen – dies war die einzige Einlassung, der die Richterin folgen wollte. Fraglich ist, ob der »durchschnittliche Rezipient«, um dessen juristische Definition man sich immer wieder stritt, die Mühen einer Webrecherche auf sich nimmt.

Trotz wortreicher Beteuerungen des Klägeranwalts, das IZA sei doch keine klassische Lobbyorganisation, kam das Gericht auf eine »weite Definition« von Lobby zurück, die als sachlich begründet anzunehmen, beziehungsweise durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sei. Die »freie Forschung«, behauptete das IZA, sei gegeben, da es keine Vorgaben für die Ergebnisse seiner Studien bekäme. Rügemer hielt dagegen, dies habe er auch nicht behauptet, vielmehr sei die Auswahl der Forscher bereits so einseitig auf eine Arbeitgeberpositionen zugeneigte Klientel begrenzt, daß dadurch schon die Tendenz der Studien bestimmt würde. Prof. Zimmermann selbst stehe ohnehin für diese Positionen, da er auch als Vertreter der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bekannt sei, die selbst eine klassische Lobbygruppe sei. Dies fand bei der Richterin wenig Beachtung, ebenso die Ausführungen der Beklagten zur inneren Struktur des IZA: Laut Handelsregister sei es nicht als gemeinnützig, sondern als einfache GmbH verzeichnet.

Der IZA-Anwalt argumentierte, auf der Website könne man doch Studien mit vielerlei Ausrichtung finden. Er konnte aber keine konkrete Arbeit nennen, die nicht Arbeitgeberinteressen befördern könnte.

Als Kompromiß regte die Richterin an, an das Bestreiten der »freien Wissenschaft« die Erläuterung anzufügen, das IZA erhalte keine Ergebnisvorgaben von seinen Spendern. Beide Seiten behielten sich eine Entscheidung darüber bis Ende Juni vor. Die Aufteilung der Prozeßkosten bestimmte das Gericht auf zwei Drittel zu Lasten des IZA, weil von drei Punkten ja zwei fraglich und einer gegen die Beklagten entschieden wurde. In einer Pressemitteilung hatte Rügemer vor dem Prozeß erklärt: »Viele Journalisten, Redakteure und vor allem große Medien wie ARD, WDR, RTL machen vergleichbare Einstweilige Verfügungen und Unterlassungs-Verpflichtungserklärungen, die sich heute zahlreich gegen Medien richten, nicht öffentlich, sondern geben meistens in aller Stille eine Unterlassungserklärung ab«. In diesem Fall sei aber eine kritische Öffentlichkeit die einzige Möglichkeit, die wachsende Macht der Lobbyisten zu begrenzen oder wenigstens sichtbar zu machen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 10.05.14
Dieser Beitrag wurde am Samstag, 10. Mai 2014 um 12:18 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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