Wolfgang Huste Polit- Blog

Bewegungen sind nicht immer „automatisch“ fortschrittlich und lassen sich auch nicht „von oben“ initiieren! Von Wolfgang Huste

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Es gibt nicht „die“ Gelbwestenbewegung. Diese Bewegung ist keinesfalls homogen aufgestellt. Da mischen Rechtsradikale, Linke (Sozialisten, Antifaschisten, Gewerkschafter, Antikapitalisten, Speditionen, Lastkraftwagenfahrer usw.) genauso mit wie unpolitisch agierende Hooligans, die Geschäfte plündern, Autos und Häuser anzünden. Vielleicht wird diese Bewegung eines Tages auf breitere Füße gestellt, auch ideologisch, was die politischen Forderungen angehen.

Wenn sich diese Forderungen eindeutig(!) nicht nur gegen einzelne Politiker richten, gegen eine konkrete marktradikale Partei, sondern bewußt(!) gegen die Gesellschaftsformation Kapitalismus „als solche“, wenn man da eher eine sozialistische, radikaldemokratische Gesellschaft fordert, in der Menschen, das Soziale und die Umwelt im Mittelpunkt stehen, statt Banken und Konzerne, statt Investoren und deren Interessen, dann wäre das in der Tat eine sehr fortschrittliche Bewegung.
Andererseits werden auch durch thematisch „begrenzte“ Bewegungen viele Menschen erstmalig (nachhaltig?) politisiert- auch das ist schon ein Fortschritt.

Was die supranationale Schülerbewegung angeht, die sich primär auf die Klimapolitik der marktradikalen Parteien konzentriert, da kann ich sagen: Ende der 60er bis Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts war die „rote Schülerbewegung“ in Westeuropa thematisch deutlichst breiter, auch viel politischer, radikaler, antikapitalistischer, aufgestellt.
Der Inhalt des „Rote kleine Schülerbuch“, das bis heute noch aufgelegt wird, zeigt das deutlich auf. Auch hier werden sich viele SchülerInnen erstmalig politisieren, eventuell die Thematik, ihre inhaltlichen Forderungen, erweitern.

„Aufstehen“ war/ist dagegen eine klassische Kopfgeburt, „von oben“ organisiert, wie ich es in meinem gestrigen Vortrag auch darlegte. Eine Kopfgeburt von Wohlmeinenden, die zum Scheitern schon im Nacendistadium verurteilt war und eher spaltet als zusammenführt. Ich bin mir sehr sicher, dass Genossin Sahra Wagenknecht nicht den Aufsatz von Rosa Luxemburg (sind nur 94 Seiten) mit der Überschrift „Massenstreik, Partei und Gewerkschaft“, erschienen 1906 in Hamburg, gelesen hat. In diesem Aufsatz hat Rosa Luxemburg an zahlreichen Beispielen dargelegt, dass man Bewegungen keinesfalls „initiieren, planen, anordnen“ kann, dass Bewegungen, auch der Massenstreik, aus sich selbst heraus entstehen, und zwar dann, wenn ein bestimmter Anlass, ein bestimmter sozialer oder ökonomischer Zustand, der die gesamte Gesellschaft betrifft, der die Massen ergreift, zu einem unerträglichen Leidensdruck für viele wird. Erst, wenn ein entsprechender gesellschaftlicher „Nährboden“ vorhanden ist, wenn der Leidensdruck unerträglich wird, kommt es zu größeren Aufständen, zu Massenbewegungen, die auch die Mittelschicht ergreifen, auch Studenten, Schüler, Handwerker, kleine Beamte, Angestellte, die Landbevölkerung, also nicht nur die Industriearbeiter. Von einer solchen gesellschaftlichen Situation sind wir zumindest in Deutschland noch meilenweit entfernt. Und das ist vielleicht gut so, denn die meisten Revolutionen sind mit Blutvergießen und großem Leid verbunden!

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 21. März 2019 um 15:57 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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