Wolfgang Huste Polit- Blog

Vernebelter Blick. Bilanz politisch motivierter Gewalt. Von Ulla Jelpke

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Die jährliche Statistik über Politisch motivierte Kriminalität (PMK), die Bundesinnenminister Hans Peter Friedrich (CSU) gestern wieder vorgestellt hat, ist selbst ein Politikum. Das kann kaum überraschen. Kommunen haben kein Interesse an einer adäquaten Erfassung des faschistischen Gewaltspektrums in ihren Gemeindegrenzen; Landeskriminalämter und auch die Bundesregierung sind permanent bemüht, das Ausmaß der rechten Gewalt niedriger erscheinen zu lassen, als es ist.

Erst vor wenigen Wochen war wieder so ein Fall: Jemand hat einem anderen ein Hakenkreuz in die Frisur rasiert, damit der damit auf ein Volksfest geht – ein klarer Fall der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen und der Beihilfe dazu. Auch die Polizei hat keinen Zweifel daran, daß die Täter von der Rechtswidrigkeit ihres Tuns wußten. Aber: Die Tat wird der »sonstigen Kriminalität« zugeordnet.

Trotz solcher Manipulationen muß selbst Friedrich einräumen: Keine politische Richtung verübt so viele Straftaten und zugleich so brutale Gewaltattacken wie die Nazis. Aber weil ihm dieser Befund nicht paßt, beginnt er sogleich damit, ihn zu relativieren: Zum einen verharmlost er die Nazigewalt, in dem er die Zahl jener Menschen, die seit 1990 wegen »undeutschen« Aussehens, Verhaltens oder Denkens von Nazis ermordet worden sind, auf 60 herunterrechnet. Medien und zivilgesellschaftliche Initiativen gehen seit langem von 150 Opfern aus. Zum anderen behauptet er, trotz dieser nicht nur von dem Nazimördertrio »NSU« gezeichneten Blutspur, es sei der islamistische Terrorismus, »von dem nach wie vor die größte Gefährdung ausgeht«.

Friedrich zeigt damit, wie sein notorischer Unwille, den Islam als Teil der bundesrepublikanischen Gesellschaft zu akzeptieren, ihm selbst die Sicht auf die Wirklichkeit vernebelt. Der Katholik Friedrich kann sich die Konkurrenzreligion Islam nur als das Andere, Böse, vorstellen. Dadurch erklärt sich dann wohl auch, daß sein Ministerium, zu rassistischen und muslimfeindlichen Angriffen auf Moscheen befragt, eine extrem lückenhafte Auflistung vorlegt und etliche Angriffe »übersieht«. Die Volksverhetzer von Pro NRW werden dergleichen goutieren.

Ansonsten läßt der Minister keinen statistischen Trick aus, um »Linksextremisten« als die schlimmeren Schläger darzustellen. Vor allem auf die Polizei hätten sie es abgesehen, klagt er und fordert eine Initiative zur Ächtung von Gewalt. Es käme vielleicht auf einen Versuch an: Die Partei Die Linke könnte sich einer solchen Initiative anschließen. Wenn sie auch die Polizei erfaßt, die bekanntlich immer häufiger Pfefferspray gegen friedliche Demonstranten einsetzt, besonders gern auch bei passiven Sitzblockaden, und damit die Verletztenzahlen bei Antifaschisten in die Höhe treibt. Nur zählt die halt keiner, genausowenig wie diejenigen von Wasserwerfern und Schlagstöcken Getroffenen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 12.05.12

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 12. Mai 2012 um 18:24 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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