Wolfgang Huste Polit- Blog

»Aufschwung kommt bei den Jugendlichen nicht an« Linke Jugendverbände diskutieren am Samstag in Berlin über Mängel im Ausbildungssystem. Ein Gespräch mit Björn Schmidt. Interview: Mirko Knoche

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Björn Schmidt ist Vorsitzender der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

Gemeinsam mit anderen Jugendverbänden veranstaltet die SDAJ auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin eine Diskussionsrunde zum Thema »Bildung und Ausbildung im Abschwung?«. Warum ist eine solche Debatte notwendig?

Es gibt einen krassen Gegensatz zwischen den regierungsoffiziellen Bekanntmachungen und der tatsächlichen Lage arbeitender und lernender Jugendlicher in Deutschland. Allerorten wird zwar das Ende der Krise gefeiert – die Lebenssituation von Schülern, Auszubildenden und Studierenden ist aber dramatischer denn je. Das zeigt sich an Budgetkürzungen für Schulen und Hochschulen, an steigenden Bildungskosten für die Lernenden sowie an fehlenden Ausbildungsplätzen und Vollzeitjobs. Der vermeintliche Aufschwung kommt bei den Jugendlichen nicht an. Gleichzeitig spannen die Regierenden weiter milliardenschwere Rettungsschirme für die Finanzbranche auf.

Und worüber soll auf der Konferenz im einzelnen debattiert werden?

Teilnehmen werden je ein Vertreter der IG-Metall-Jugend, der Landesschülervertretung Nordrhein-Westfalen, des Studentenverbands SDS und der SDAJ. Wir wollen darstellen, welche konkrete Form die Angriffe auf Schüler, Azubis und Studenten annehmen. Wir wollen auch Rückschau halten, beispielsweise auf den Bildungsstreik im vergangenen Jahr, um Anknüpfungspunkte für zukünftige Aktionen zu finden. Es geht darum, Widerstand gegen das Abwälzen der Krisenkosten auf die Jugendlichen zu entwickeln.

Welches konkrete Ergebnis streben Sie mit der Diskussionsrunde an?

Ausgehend von den Auseinandersetzungen, die junge Gewerkschafter und die lernende Jugend führen, wollen wir Forderungen herausarbeiten, die allen Jugendlichen – nicht zuletzt auch den Arbeitslosen – gemeinsam sind. Es gilt also, die Kräfte im Kampf für Bildung und Ausbildung zu vereinen.

An welcher Stelle kann man solche übergreifenden Forderungen formulieren?

Seit Jahrzehnten setzt sich die Arbeiterjugend für ein Ausbildungsgesetz ein.
Wer nicht ausbildet, soll zahlen – und zwar deftig. Damit vertreten wir auch Schülerinteressen. Schließlich wollen viele nach ihrem Schulabschluß eine Lehre beginnen. Auch die konsequente Übernahme von Azubis in Vollzeitarbeitsverhältnisse ist überaus wichtig.

Bislang werden diese nach der Ausbildung meist erwerbslos und haben keine Chance auf ein geregeltes Arbeitsleben. Das gilt im gleichen Maß auch für die meisten Schüler.

Was tut die SDAJ, um gegen die Misere zu anzugehen?

Wir starten gerade eine Kampagne unter dem Motto »strike back«. Darunter verstehen wir Aktionen unserer Ortsgruppen gegen die Krisenprofiteure. Die Großkonzerne erhielten gestern noch staatliche Hilfen und sparen heute weiter an Ausbildungsvergütungen. Laut einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) liegen die Azubi-Gehälter im zweiten Lehrjahr durchschnittlich immer noch deutlich unter 500 Euro.

Allein wird die SDAJ nicht genug Druck erzeugen können. Wie will sie Massenwirkung erreichen?

Der Bildungsstreik hat gezeigt, daß spontane Proteste wichtig für die Mobilisierung sind. Wir müssen uns aber langfristig in allen Interessenvertretungen verankern, um noch näher an die Jugendlichen heranzukommen.

Am Samstag will die IG-Metall-Jugend ihre »Operation Übernahme« auswerten. Was ist Ihr persönlicher Eindruck von dieser Kampagne?

Bedeutsam ist, daß die Gewerkschaftsjugend betriebliche Aktionen organisiert hat. Nach ihren Angaben soll es insgesamt 250mal Proteste gegeben haben. Auch der offensive Charakter hat viel bewirkt. Mit der Forderung nach Übernahme wollte die IG-Metall-Jugend angreifen statt abwehren.

Erreicht hat die IGM-Jugend trotzdem nichts. Und der »heiße Herbst« war in der Tat nur »heiße Luft«. Warum kommt die Arbeiterbewegung nicht in Gang?

Auf mehreren Großdemonstrationen hat sich durchaus gezeigt, daß viel Unmut unter den Kollegen herrscht – beispielsweise gegen das sogenannte Sparpaket der Bundesregierung. Für eine kämpferischere Linie ist der Einfluß linker Kräfte in den Gewerkschaften aber zu schwach. Außerdem hat das Gerede vom Aufschwung in der BRD – im Gegensatz zur Krise im Rest der EU – geholfen, den Unmut zu kanalisieren.

Quelle: www.jungewelt.de vom 07.01.11

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 07. Januar 2011 um 13:03 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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