Wolfgang Huste Polit- Blog

Arme Kinder in der Warteschleife. Humanistische Union mahnt Kommunen und Länder, Hartz IV-Gesetze zügig umzusetzen

Donnerstag, 31. März 2011 von Huste

Pressemitteilung der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union,
vereinigt mit Gustav Heinemann-Initiative
Berlin, 30. März 2011

Anlässlich der Veröffentlichung der neuen Hartz IV-Gesetze im
Bundesgesetzblatt fordert die Humanistische Union die Kommunen auf, ihren
sozial- und bildungspolitischen Verpflichtungen nachzukommen und eine
rasche Umsetzung der neue Teilhaberechte zu gewährleisten. Die
Bürgerrechtsorganisation schlägt die Einrichtung kommunaler Bildungsbüros
vor, in denen die Leistungen für Kinder und Jugendliche aus einer Hand
vermittelt werden. Daneben bekräftigt die HU ihre grundsätzliche Kritik
an Sinn und Verfassungskonformität der neuen Regelsätze und von Teilen
des Bildungspakets.

Die armen Kinder und die Familien, die von der Grundsicherung (Hartz IV)
leben, warten darauf, dass das vor über vier Wochen beschlossene und von
Bundestag und Bundesrat hochgepriesene Bildungspaket bei ihnen ankommt.
Weder die Ministerpräsidenten der Länder noch die Verantwortlichen in
Städten und Gemeinden zeigen große Eile, die neuen Ansprüche der
schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen aus Hartz IV-Familien auf
Nachhilfe, Mittagessen oder Vereinsbeiträge zu erfüllen.
Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union/GHI fordert daher die
Kommunen nachdrücklich auf, ihre gesetzlich neu verankerte Verantwortung
für die Kinder von Langzeitarbeitslosen und Geringverdienern zügig zu
übernehmen. „Die Städte und Gemeinden setzen sich sonst dem Verdacht aus,
die Umsetzung bewusst zu verschleppen, um damit an den ärmsten Kindern
und Jugendlichen Geld zu sparen und ihnen Teilhabegrundrechte
vorzuenthalten“, erklärt Jutta Roitsch-Wittkowsky, das für Bildungs- und
Sozialpolitik zuständige Vorstandsmitglied der Humanistischen Union (HU).
Bisher fehle jede Klarheit, wer vor Ort für Gutscheine und weitere
Dienstleistungen zuständig ist. Die HU fordert die Einrichtung eines
kommunalen Bildungsbüros, das die sozialen, kulturellen und
bildungspolitischen Leistungen für die Kinder und Jugendlichen bündelt
und organisiert. „Es ist unzumutbar, die Eltern von Amt zu Amt zu
schicken, um überhaupt Teilhabegrundrechte für ihre Kinder zu bekommen“,
so Roitsch-Wittkowsky.

Ihre bisherige Untätigkeit könnten die politisch Verantwortlichen nicht
damit entschuldigen, dass die entsprechenden Gesetze erst am 25. März vom
Bundespräsidenten unterschrieben und am 29. März im Bundesgesetzblatt
verkündet worden sind. In seinem wegweisenden Urteil vom 9. Februar 2010
hatte das Bundesverfassungsgericht den Bundesgesetzgeber aufgefordert,
bis zum 31. Dezember 2010 die Bedarfssätze für die Hartz IV-Empfänger in
einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren neu zu regeln. Den
schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen hatte das Gericht ein
eigenständiges Grundrecht auf Bildung und soziokulturelle Teilhabe
zuerkannt. Der Gesetzgeber gewährt diese Teilhabegrundrechte jetzt jedoch
nur auf Antrag und Bezugsschein, zuständig dafür sind nicht mehr die
Jobcenter, sondern die Kommunen. Die HU befürchtet als Folge eine
verwirrende Bürokratie, die Eltern abschreckt, die Rechte ihrer Kinder
wahrzunehmen. So sind in einer Stadt wie Frankfurt a.M. rund 25.000
Kinder anspruchsberechtigt, bisher wurden aber lediglich 30 Anträge
gestellt. Die HU appellierte daher an die Sozial- und Wohlfahrtsverbände,
in den Kommunen und Ländern Druck zu machen und ihren Einfluss zu nutzen,
um unbürokratische Lösungen zu erzielen.

Unabhängig von den praktischen Fragen der Umsetzung hält die HU an ihren
grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche
Neuregelung fest. Sie beziehen sich vor allem auf die Umgehung des
Elternrechts und die Gewährung der Teilhabegrundrechte nur auf
Bezugsschein. Auch die Einigung im Vermittlungsausschuss enthält
verfassungsrechtlich Bedenkliches: Schulsozialarbeit und Mittagessen in
Horten fallen nicht in die Zuständigkeit des Bundes, der aber bis 2013
die Kosten übernehmen soll. Das Verfassungsgerichts hatte ferner
eindeutig dem Bund die Verantwortung für eine gesetzliche Neuregelung
zugeschrieben. Ob die jetzt beschlossene Zersplitterung der Verantwortung
zumindest für Teile des so genannten Bildungspakets damit vereinbar ist,
darf bezweifelt werden. Und letztlich sind die Bedenken an der Methodik,
die Arbeitsministerin Ursula von der Leyen zur Berechnung der Hartz IV-
Sätze herangezogen hat, nicht ausgeräumt. Sie sind im Gegenteil im Gesetz
selbst verankert: Bis zum 1. Juli 2013 soll die Ministerin „unter
Mitwirkung des Statistischen Bundesamtes sowie von Sachverständigen“ dem
Bundestag einen Bericht vorlegen „über die Weiterentwicklung der für die
Ermittlung von Regelbedarfen anzuwendenden Methodik“, heißt es im
Paragraph 10 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen.

Für Rückfragen steht Ihnen der Geschäftsführer der Humanistischen Union,
Sven Lüders unter Tel. 030 204 502 56 zur Verfügung.

Humanistische Union e.V.
– Bundesgeschäftsstelle –
Greifswalder Straße 4
10405 Berlin
Tel: 030 – 204 502 56
Fax: 030 – 204 502 57

Anmerkung von Wolfgang Huste: Die Humanistische Union ist die größte und älteste Bürgerrechtsorganisation in Deutschland.

Attac-Aktive gründen Verein „Gemeingut in BürgerInnenhand“. Neue Stimme für Daseinsvorsorge und gegen Privatisierung

Donnerstag, 31. März 2011 von Huste

Aktivistinnen und Aktivisten des globalisierungskritischen Netzwerkes
Attac haben den Verein „Gemeingut in BürgerInnenhand“ (GiB) gegründet,
der sich bundesweit für die Daseinsvorsorge stark machen wird. Ziel des
Vereins ist es, bereits gegen Privatisierung aktive Gruppen miteinander
zu vernetzen und ihre Position durch gemeinsame bundesweite Kampagnen zu
stärken. „Mit der Gründung von GiB erhalten die Akteure gegen
Privatisierung einen gemeinsamen Rahmen, über den sie ihre Kräfte
bündeln können“, sagte Laura Valentukeviciute, aktiv bei der
Attac-Arbeitsgruppe Privatisierung und Gründungsmitglied von GiB.
„Zugleich können sie nun gemeinsam ihre Stimme für die Gemeingüter
erheben und so der mächtigen Lobby der Privatisierungs-Nutznießer besser
die Stirn bieten.“

Öffentliche Güter und Dienste seien in Deutschland Jahrzehnte lang
heruntergewirtschaftet, ökonomisiert und nahezu flächendeckend
privatisiert worden. „Doch immer mehr Menschen wird klar: Die
Privatisierung von Wasser, Bildung, Mobilität oder Gesundheit war und
ist ein Fehler“, sagte Carl Waßmuth von Attac, ebenfalls Mitbegründer
von GiB. „Für die Bürgerinnen und Bürger verschlechtern sich fast immer
Versorgung und Preise, demokratische Kontrolle geht verloren.“ Auf
entsprechend große Skepis stoßen Privatisierungsvorhaben in der
Bevölkerung. In einer im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes seit 2007
jährlich durchgeführten Forsa-Umfrage stieg der Anteil der Menschen, die
keine weiteren Privatisierungen oder deren Rückabwicklung wünschen, von
69 Prozent (2007) auf zuletzt 79 Prozent (2010).

Carl Waßmuth: „Gemeingüter hingegen dienen allen: Sie ermöglichen ein
Wirtschaften ohne Wachstumszwang, erfüllen viele soziale Funktionen und
verhindern ein noch stärkeres Aufklaffen der Arm-Reich-Schere.
Gemeingüter sind sie ein Garant für gesamtgesellschaftliche Stabilität.“

Die Gründung von „Gemeingut in BürgerInnenhand“ initiiert hatten die
Attac-AG Privatisierung sowie die Attac-Kampagne „PPP-Irrweg“ im Jahr
2010. Seither haben die Gründungsmitglieder die erforderliche Struktur
für den Verein ausgearbeitet und etabliert, eine Anschubförderung durch
die Bewegungsstiftung eingeworben und die Gemeinnützigkeit beantragt.
Einen ersten großen Erfolg verbuchte GiB noch vor seiner offiziellen
Gründung mit der Kampagne „Wollt ihr wissen“ zum Wasser-Volksentscheid
in Berlin im Februar dieses Jahres.

Im Internet:
www.gemeingut.org
www.wollt-ihr-wissen.de
www.attac-netzwerk.de/ag-privatisierung

Für Rückfragen und Interviews:

* Carl Waßmuth, Attac-AG Privatisierung und GiB, Tel. (0179) 772 4334
* Laura Valentukeviciute, Attac-AG Privatisierung und GiB, Tel. (0176)
2332 0373

»Ich würde künftig Lebensmittel aus Japan meiden«. Neue EU-Richtlinie erhöht Grenzwerte für radioaktiv belastete Lebensmittel aus dem Katastrophengebiet von Fukushima. Ein Gespräch mit Christina Hacker. Interview: Claudia Wangerin

Donnerstag, 31. März 2011 von Huste

Christina Hacker ist Mitarbeiterin des Umweltinstituts München

Die Lage im havarierten Atomkraftwerk im japanischen Fukushima wird von Tag zu Tag schlimmer – und die EU erhöht die Grenzwerte für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln aus diesem Katastrophengebiet. Ohne Ihre Organisation und ohne Foodwatch hätte die Öffentlichkeit von diesem Skandal wohl nichts erfahren – wie sind Sie denn darauf gekommen?
Das Gerücht ging schon am Wochenende um. Daraufhin haben wir recherchiert, von zahlreichen EU-Abgeordnetenbüros bekamen wir aber keine Auskunft. Offensichtlich ist die Eilverordnung 297/2011 auch an großen Teilen des Europäischen Parlaments vorbeigegangen. Auf den Seiten der EU im Internet muß man schon gezielt danach suchen. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hat ebensowenig die Öffentlichkeit informiert. Statt dessen erzählte sie tagelang von »verstärkten Kontrollmaßnahmen« und »speziellen Schutzstandards«.

Sie fordern ein Importverbot für Lebensmittel aus Japan. Wäre das überhaupt nötig, wenn man die Erhöhung der Grenzwerte wieder zurücknähme und die Lebensmittel bei der Einfuhr sorgfältig kontrollierte?
Das absurde ist: Wir haben jetzt zwei verschiedene Grenzwertregelungen. In Südbayern haben wir das Problem, daß Pilze und Wildschweine noch durch den Niederschlag nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl radioaktiv hoch belastet sind. Für Cäsium 134 und Cäsium 137 gelten immer noch Höchstwerte von 600 Becquerel pro Kilogramm. Ein Großteil des Fleischs von bayerischen Wildschweinen darf deshalb nicht in den Lebensmittelhandel.

Für japanische Waren gilt aber eine Notstandsregelung, die ebenfalls nach der Tschernobyl-Katastrophe 1987 erlassen wurde. Demnach können im Fall eines »nuklearen Notstands« die Höchstgrenzen für die radioaktive Belastung angehoben werden, um einer Nahrungsmittelknappheit vorzubeugen. Aufgrund dieser Regelung darf jetzt zum Beispiel Fischöl aus bestimmten Präfekturen in Japan bis zu 20 Mal so stark belastet sein. Daß die Regelung jetzt in Kraft gesetzt wurde, ist absurd, da es in Europa weder einen nuklearen Notstand noch eine Nahrungsmittelknappheit gibt.

Was vermuten Sie, warum?
Womöglich wird befürchtet, daß sich die Reaktorkatastrophe nicht auf Japan beschränken, sondern auch Teile Chinas betreffen wird. Die Kernschmelze ist bei weitem nicht unter Kontrolle; und aus China beziehen wir deutlich mehr Lebensmittel. Insofern könnte die Eilverordnung ein Vorgriff auf eine Dramatisierung der Situation sein. Wenn das tatsächlich eintritt, muß die Lage neu bewertet werden.

Welcher Personenkreis ist durch die erhöhten Grenzwerte besonders gefährdet?
Zunächst natürlich Kinder, Schwangere, stillende Frauen. Gerade bei Kindern und Ungeborenen teilen sich die Zellen sehr schnell. Dementsprechend kann durch Radioaktivität auch schneller Krebs entstehen. Allerdings gibt es auch keinen Schwellenwert, von dem man wirklich sagen kann: Drunter ist es ungefährlich. Es kommt auch bei Erwachsenen auf die individuelle Verfassung an.

Empfehlen Sie Menschen in unseren Breiten, Jodtabletten zu nehmen, damit im Ernstfall kein radioaktives Jod aufgenommen wird?
Nein. Das macht wirklich nur dann Sinn, wenn eine radioaktive Wolke in nennenswerter Konzentration direkt auf uns zukommt. Momentan macht es überhaupt keinen Sinn.

Was empfehlen Sie zur Zeit Verbrauchern, die ein Faible für asiatisches Essen oder Fisch haben?
Was momentan in den Regalen steht, dürfte noch unbedenklich sein. Aber ich persönlich würde künftig Lebensmittel aus Japan meiden.

Und wie sieht es mit Fisch aus, der zur Zeit im Handel ist?
In Deutschland beziehen wir relativ wenig Fisch aus dem Pazifik. Überwiegend kommt er aus dem Nordatlantik. Darauf würde ich beim Einkauf sicherheitshalber schauen. Aber auch Sushi muß nicht unbedingt bedenklich sein, das ist ja nur ein Gericht nach japanischem Rezept. Wer auf das Essen in japanischen Restaurants nicht verzichten will, kann dort nachfragen, woher die Zutaten kommen. Aber letztlich muß jeder selbst wissen, wie er das handhabt.

Quelle: www.jungewelt.de vom 31.03.11

Systemfrage und Ökologie gehören zusammen. Erklärung der AKL zum Wahlausgang am 27. März 2011 Ko-Kreis

Donnerstag, 31. März 2011 von Huste

Zu Recht werden die Wahlen vom vergangenen Sonntag von verschiedenster Seite als „Volksabstimmung gegen Atomkraftwerke“ gewertet. In einer Situation, in der die Katastrophe in Japan alle anderen Probleme und Themen überlagerte, war dieses Thema für die meisten Wählerinnen und Wähler wahlentscheidend. Und trotz ihrer unglaubwürdigen politischen Praxis profitierten hiervon die Grünen, denn diese gelten im Bewusstsein der Mehrheit der Bevölkerung auch weiterhin als Anti-Atom-Partei. Dieses Image hat sich über Jahrzehnte entwickelt. Wenn es der LINKEN in dieser Ausnahmesituation gelingt, mehr Stimmen als bei den letzten Landtagswahlen zu erreichen, dann ist das alles andere als ein Desaster. Der verfehlte Einzug in die Landtage von Mainz und Stuttgart ist enttäuschend, aber an der erfolgreichen Entwicklung der Partei ändert er nichts. Zum Desaster würden die Wahlen erst dann, wenn wir uns daraus selbst einen Strick drehen, indem wir hektisch nach einer strategischen Umorientierung suchen. Denn linke Politik ist mehr als das Schielen nach Wahlerfolgen. DIE LINKE ist angetreten, um dieses Land sozialer und friedlicher zu machen. Aus diesem Ziel leiten sich unsere Forderungen ab – nicht daher, mit welchen Forderungen sich die besten Wahlergebnisse erzielen lassen.

Indem wir konsequent die Eigentumsfrage stellen und damit die Perspektive einer sozialistischen Gesellschaftsordnung öffnen, haben wir im Gegensatz zu den anderen Parteien zudem auch in der ökologischen Frage mehr anzubieten als einen „Green New Deal“, bei dem der Profitgier der Konzerne auch bei der Umstellung auf erneuerbare Energien kein Einhalt geboten wird und sich so die Ausbeutung von Mensch und Natur unter neuen Vorzeichen fortsetzt. Wir haben damit auch langfristig eine grundlegende Alternative zum Kapitalismus mit seinen zunehmenden krisenhaften Erscheinungen – vom Clash auf den Finanzmärkten über den Krieg in Libyen bis hin zu der Atomkatastrophe in Japan. Nur wenn die Eigentumsverhältnisse grundlegend verändert werden, lässt sich auch die ökologische Frage sozial und nachhaltig lösen. Es wäre aber naiv zu glauben, dass sich dies von heute auf morgen im Bewusstsein der Menschen verankern lässt. Um das zu erreichen ist es nicht notwendig, dass DIE LINKE sich „breiter aufstellt“, sondern dass sie eine antikapitalistische Politik macht, indem sie dieses Alleinstellungsmerkmal von ihr noch offensiver als bisher in die Debatten einbringt. Auch gilt es, die Grünen aufgrund ihrer unglaubwürdigen Politik scharf anzugreifen, und klare inhaltliche Mindestbedingungen für Regierungsbeteiligung zu fordern, anstatt sich vorrangig als mögliche Mehrheitsbeschafferin von Rot-Grün zu präsentieren. Aktuell gilt es vor diesem Hintergrund die Enteignung der Atomstromkonzerne zu fordern.

Unsere Konsequenz aus den Wahlen lautet somit: Weiterkämpfen! Jetzt erst recht! Dieses Land wird nur dann sozialer und friedlicher, wenn es gelingt, gesellschaftlichen Widerstand zu stärken und zu Protesten gegen soziale Ungerechtigkeit und Kriege zu mobilisieren, die auch von SPD und Grünen beschlossen und unterstützt werden. Damit DIE LINKE diese Herausforderung angehen kann, hat für uns der weitere Parteiaufbau oberste Priorität – nicht nur in BaWü und RLP, sondern bundesweit. Wir werden weiterhin dafür eintreten, DIE LINKE zu einer aktiven und noch größeren Mitgliederpartei zu machen. Dazu müssen wir in erster Linie diejenigen für uns gewinnen, denen die herrschende Politik mit Hartz IV, Leiharbeit oder Gesundheitsreform ins Gesicht schlägt und die sich resigniert zurückgezogen haben. Dann kann aus solch einer passiven Haltung aktiver Widerstand werden. Mit der sozialen Frage und der Friedensfrage setzen wir hierfür angesichts der bestehenden Klassengegensätze im kapitalistischen System die richtigen Themen. Diese Fragen sind untrennbar mit der ökologischen Frage verknüpft. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wird die Entzauberung der neuen rot-grünen Regierungen nicht lange auf sich warten lassen. Für DIE LINKE gilt es hier, gerade die Grünen in Regierungsbeteiligung als neoliberale Partei zu entlarven.

Was uns schadet ist, wenn wir in unseren Kernthemen unglaubwürdig werden: wenn die Forderung nach einem Mindestlohn in Höhe von 10 Euro auch aus der Partei infrage gestellt wird, wenn nicht in aller Konsequenz am Nein zur Rente erst ab 67 festgehalten wird, wenn die Ablehnung von Militäreinsätzen auf den Prüfstand gestellt oder in Regierungsbeteiligungen der öffentliche Dienst zusammengestrichen wird. Dagegen werden wir innerparteilich auch weiterhin streiten. Wir rufen alle dazu auf, sich mit uns in diesem Sinne in die Partei einzubringen.

EU setzt Strahlengrenzwerte nach oben. Kommentar von Wolfgang Huste

Mittwoch, 30. März 2011 von Huste

Nun hat „man“ auf der EU – Ebene beschlossen, die Grenzwerte bei Nahrungsmitteln, was deren Belastung mit radioaktiver Strahlung angeht, nach oben heraufzusetzen. So einfach ist für „die da oben“ das Problem zu lösen (es sei denn, wir BürgerInnen schweigen dazu brav, statt gegen eine solch hirnrissige Verordnung in ganz Europa zu protestieren!). Werte nach oben setzen, Problem gelöst? Wenn es nicht so bitter ernst wäre, dann könnte man das als „schwarzen Humor“ von einigen EU – Beamten bezeichnen. Sorgt man sich in Brüssel um die Profitraten der Nahrungsmittelindustrie mehr als um die Gesundheit der Menschen, der Umwelt? Anscheinend ist das der Fall. Sicherlich wird die europäische Linke in Zusammenarbeit mit den nordischen Grünen mit kritischen Fragen und Eingaben nachhaken und Öffentlichkeit schaffen. Sicherlich ist es interessant zu erfahren, welche Nahrungsmittel – nicht nur in Deutschland – mittlerweile höhere Strahlenwerte als vor dem japanischen Super – GAU aufweisen. Wir BürgerInnen haben das Recht auf eine umfassende Information! Insbesondere die Meeresfische werden nun entsprechend hoch belastet sein. Nun können zum Beispiel Heilkräuter und Heilpilze aus dem asiatischen Raum kaum noch ohne gesundheitliche Gefahren konsumiert werden. Der biologische Landbau hat durch diesen erneuten Super – GAU einen schweren Rückschlag erlitten, denn es gibt bald keine „unbelasteten“ Nahrungsmittel mehr. Nun können die Jäger – zum Beispiel in Niederbayern – die dort lebenden Wildschweine schießen, aber nicht mehr essen, weil sie radioaktiv verseucht sind, ebenso die Pilze im Walde (verstrahlte Waldpilze aus der Tschechei und aus Polen dürfen aber bei uns auf den Märkten verkauft werden). Radioaktive Teilchen machen weder vor Ländergrenzen, noch vor Nahrungsmitteln halt. Es ist höchste Zeit, dass wir diesen Irrsinn, den massiven Angriff auf die Gesundheit und das Leben der Menschen, weltweit stoppen! AKWs, Großbanken, Rüstungskonzerne und Pharmakonzerne müssen schnellstens verstaatlicht oder vergesellschaftet werden, damit die Gesundheit und Unversehrtheit der Menschen und unserer Umwelt im Mittelpunkt aller Betrachtungen steht, statt eine abstrakte Profitrate zugunsten von Energie- und Rüstungsoligopolen und privaten Konzernen, deren Gewinne privatisiert und deren Verluste und Gefahren sozialisiert werden (dann sollten wir diese Oligopole/Konzerne/Banken gleich in die öffentliche Hand legen, zumal die SteuerzahlerInnen die Zeche selbst zu zahlen haben- falls wir uns dagegen nicht energisch wehren!). Energie, gesunde Nahrung und eine bezahlbare Gesundheitsvorsorge dürfen nicht zu Waren degradiert werden.
Zugang zur Energie und eine gute medizinische Versorgung, ebenso gesunde Nahrung, gehören zu den Grundbedürfnissen aller Menschen. Diese Grundbedürfnisse müssen auch für all diejenigen bezahlbar bleiben, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Dafür lasst uns gemeinsam streiten- überall und täglich!

Integration eine soziale Frage

Mittwoch, 30. März 2011 von Huste

Die migrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, Sevim Dagdelen, nahm in einer Presseerklärung zu der Islamkonferenz beim Bundesinnenminister, die am Dienstag stattfand, Stellung:

Integration ist eine soziale und keine religiöse Frage. Es geht um die soziale und politische Teilhabe der hier lebenden Menschen, unabhängig von ihrer sozialen, kulturellen oder religiösen Herkunft. Religion darf nicht mit Integration gleichgesetzt werden. Die meisten Muslime in Deutschland sind säkularisiert. Besonders diskriminierend ist es, wenn der Bundesinnenminister aus einer Islamkonferenz eine Sicherheitskonferenz macht. Die Islamkonferenz ist ein Nebenschauplatz. Statt sich für gleiche Rechte und soziale Teilhabe einzusetzen, wird lieber ein »Dialog der Religionen« geführt. Integration wird aber sichergestellt durch Arbeit, Bildung, Ausbildung und die Stärkung des Miteinanders. Da ist die Einführung islamischen Religionsunterrichts eher desintegrativ. Wichtiger wären die Abschaffung des ausgrenzenden dreigliedrigen Schulsystems und die Einführung eines Ethikunterrichts für alle Kinder, damit Kinder nicht getrennt, sondern zusammengeführt werden. Religion sollte Privatsache bleiben.

Durch die Islamkonferenz wird der Generalverdacht insbesondere gegenüber muslimischen Migrantinnen und Migranten weiter institutionalisiert. Indem der neue Innenminister die Islamkonferenz zu einer Sicherheits- und Extremismusdebatte degradiert, werden Vorurteile gegenüber Muslimen mehr noch als zuvor bekräftigt. Gesellschaftlicher Dialog und eine emanzipatorische Integrationspolitik sehen anders aus.

Quelle: www.jungewelt.de vom 30.03.11

NATO eindeutig Kriegspartei

Dienstag, 29. März 2011 von Huste

Wolfgang Gehrcke, außenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Bundestag, erklärt anläßlich der internationalen Libyen-Konferenz am heutigen Dienstag in London:

Die NATO führt wieder Krieg. In Libyen ist die NATO eindeutig zur Kriegspartei auf Seiten der Ghaddafi-Gegner geworden. Nicht einmal die zu kritisierende Resolution 1973 des Weltsicherheitsrates wird eingehalten. Es geht schon lange nicht mehr, wenn es jemals darum gegangen sein sollte, um den »Schutz der Zivilbevölkerung«.

Der militärische Vormarsch der Aufständischen wird durch die NATO abgesichert. Das Waffenembargo für Libyen gilt nur, soweit es sich um Waffen für die Ghaddafi-Truppen handelt. Ansonsten wird der Bürgerkrieg durch einseitige Waffenlieferungen angeheizt. Das Embargo des Ölhandels wird gegen Ghaddafi eingesetzt, während der Ölhandel mit den Ghaddafi-Gegnern vorbereitet wird. Der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen ist Partei in einem Bürgerkrieg geworden, das hat seine Chancen zur Vermittlung auf den Nullpunkt gebracht. Nach Jugoslawien und Afghanistan führt die NATO erneut Krieg, diesmal unter der Leitung von Frankreich und Großbritannien.

Mit dem Libyen-Krieg hat sich eine neue Achse in der NATO formiert; USA, Frankreich und Großbritannien – Deutschland steht daneben. Das beunruhigt die Machtpolitiker in CDU und FDP, noch mehr allerdings bei SPD und Grünen. Der Libyen-Konflikt wird zur innenpolitischen Keule. Für Die Linke geht es nicht um innenpolitischen Terraingewinn, für Die Linke in Deutschland und in Europa geht es um deutliche Grenzziehungen zur Beteiligung an Kriegen.

Über die Opfer des Krieges wird wenig gesprochen. In Libyen gibt es eine hohe Opferzahl unter der Zivilbevölkerung. Opfer sind Zehntausende Flüchtlinge, deren Schicksal ungewiß ist. Geopfert wurde auch die Arabische Liga, die kaum mehr handlungsfähig ist. Und geopfert wurden Autorität, Moral und Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 29.03.11

Uranwaffen gegen Libyen. Von Karin Leukefeld

Dienstag, 29. März 2011 von Huste

Die »Internationale Kampagne zum Verbot von Uranwaffen« warnt vor dem Einsatz von Bomben und Munition mit abgereichertem Uran, den sogenannten DU-Waffen, in Libyen. Sowohl das von der US-Marine eingesetzte Kampfflugzeug AV 8B Harrier als auch die von der US-Luftwaffe eingesetzten Kampfjets A-10 Thunderbolt trügen Raketen mit DU-Sprengköpfen. In den ersten 24 Stunden hätten allein US-amerikanische B-2-Maschinen 45 Bomben abgeworfen, von denen jede 2000 Pfund schwer gewesen sei, heißt es in einem Beitrag der britischen Antikriegsgruppe »Stop the War Coalition«. Sowohl diese Bomben als auch die von Kriegsschiffen abgefeuerten Cruise-Missile-Raketen seien mit DU-ummantelten Sprengköpfen ausgerüstet.

»Depleted Uranium« ist ein Abfallprodukt der Urananreicherung und wird von Militärs als panzer- und bunkerbrechende Waffe eingesetzt. Trifft die Rakete, zerstört sie das Ziel und setzt eine brennende Dunstwolke frei, die sowohl giftig als auch radioaktiv ist. Nicht nur Ziel und Umgebung der Luftschläge werden verseucht – auch die Libyer, die jubelnd auf den zerstörten Panzern posieren, sind radioaktiver Verseuchung ausgesetzt.

Ungeachtet dessen setzen die Aufständischen dank anhaltender massiver Luftangriffe der westlichen Kriegsallianz ihren Siegeszug weiter fort. Nach der Wiedereinnahme der Küstensstädte Adschabija und Brega zogen die bewaffneten Gruppen am Montag ungehindert über den Ölhafen Ras Lanuf und den Küstenort Bin Jawad weiter westlich nach Sirte, dem Geburtsort von Staatschef Muammar Al-Ghaddafi. Nach Angriffen am Sonntag flog das westliche Militärbündnis, das inzwischen unter NATO-Kommando steht, auch am frühen Montag morgen eine Serie von Angriffen auf Sirte. Auch die Hauptstadt Tripolis wurde gestern nach Luftangriffen von heftigen Detonationen erschüttert, wie dort stationierte Korrespondenten berichteten. Die amtliche libysche Nachrichtenagentur Jana berichtete von Luftangriffen auf Wohnviertel der Stadt Sebha, 750 Kilometer südlich von Tripolis. In Sebha befinden sich zahlreiche Militäranlagen. Wieviele Menschen bisher bei den Luftangriffen getötet wurden, ist unklar. Libysche Stellen können oder wollen keine konkreten Zahlen nennen, das westliche Kriegsbündnis gibt an, Zivilisten zu schützen, nicht zu töten.

Rußland kritisierte erneut die internationalen Luftangriffe als »unerlaubte Militärintervention«. Die Unterstützung der Rebellen sei ein Verstoß gegen die UN-Resolution, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Montag laut Itar-Tass in Moskau. Es herrsche »praktisch Bürgerkrieg« in dem nordafrikanischen Land, der UN-Beschluß sage nicht, »daß eine ausländische Koalition hier Partei ergreifen soll«, so Lawrow. Ein ranghoher US-Beamter behauptete, die NATO stimme sich bei ihrem Militäreinsatz nicht mit den Aufständischen ab.

Nach Frankreich hat nun auch das Emirat Katar den selbsternannten Nationalen Übergangsrat der Opposition aus Bengasi als einzigen legitimen Repräsentanten Libyens anerkannt. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, das Land habe den Oppositionellen zugesagt, Öllieferungen für sie abzuwickeln. Eine Bestätigung der Katarischen Ölgesellschaft gibt es nicht.

Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan sagte gegenüber dem britischen Guardian, die Türkei sei bereit, zwischen den Parteien in Libyen zu vermitteln.

Quelle: www.jungewelt.de vom 29.03.11

Strahlenexperte hält Japans AKW-Rettungsversuche für hilflos – Japaner kehren in Gefahrenzone zurück

Dienstag, 29. März 2011 von Huste

Das von einer Kernschmelze bedrohte japanische Atomkraftwerk in Fukushima ist nach Einschätzung des Strahlenbiologen Edmund Lengfelder nicht mehr zu retten. Lengfelder sagte am Montag im Deutschlandfunk, die Darstellung der japanischen Regierung, wonach es in Reaktor 2 des beschädigten Atomkraftwerks Fukushima-Daiichi lediglich eine partielle und vorübergehende Kernschmelze gebe, sei „verharmlosend“ (…).“

Nach Ansicht des Leiters des Münchener Otto Hug Strahleninstituts ist die befürchtete Kernschmelze schon seit Längerem eingetreten. Bei einer Kernschmelze erhitzen sich die Brennstäbe sehr stark, schmelzen schließlich und tropfen auf den Boden, wobei stark radioaktives Material frei wird. „Das kann man aus der Freisetzung der entsprechenden Radionuklide ableiten. Und nachdem eine Kühlung nicht mehr möglich ist und die Brennstäbe und möglicherweise auch das Inventar im Druckgefäß vor sich hin reagiert, ist einfach die Kernschmelze zwangsläufig da, und sie wird auch noch lange Zeit andauern.“

Eindeutige Beweise für eine vollständige Kernschmelze gebe es bislang aber nicht, sagt hingegen Horst May, Sprecher der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Köln. «Es gibt bis jetzt keinen eindeutigen Hinweis, aber eine teilweise Kernschmelze würde uns nicht überraschen», sagte er am Montag in einem dpa-Gespräch.

Das Bemühen der japanischen Regierung, die defekten Reaktoren mit Wasser zu kühlen, sei laut Edmund Lengfelder ein „hilfloses Unterfangen“ und der Versuch, „zu bremsen, wo es nach meiner Meinung nicht zu bremsen geht“. Lengfelder hält es für notwendig, die Schutzzone um die Reaktoren herum auf einen Umkreis von mindestens 50 Kilometer auszudehnen. Es komme jetzt darauf an, eine weitere Strahlenbelastung für die Bevölkerung durch Evakuierungen zu vermeiden.

Die Kernschmelze wird nach Einschätzung Lengfelders „irgendwann selbst zum Erliegen kommen, dann, wenn das geschmolzene Metall der Brennstäbe und der Hüllen, wenn das dann durch Verteilung auf eine größere Fläche mit dem Sand, mit dem Erdmaterial des Untergrundes, mit dem Beton des Reaktorgebäudes verschmolzen ist zu einer riesigen Masse und dann ganz langsam im Lauf – langsam bedeutet aber im Laufe von zig Jahren – abkühlt“. Derweil müssten die Reaktoren oben abgedeckt werden durch einen Sarkophag oder durch Sand, damit die gasförmige Freisetzung von Radioaktivität gestoppt werde, sagte der Professor, der sich viele Jahre intensiv mit den Folgen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl befasst hat.

Lengfelder bescheinigte der Sowjetunion im Katastrophenfall von Tschernobyl 1986 ein vergleichsweise konsequenteres Krisenmanagement. So sei damals viel schneller weiträumig evakuiert worden, in einem allerdings auch viel schwächer bewohnten Gebiet. Das japanische Krisenmanagement wertete der Strahlenexperte als „wirklich nicht für gut und nicht vertrauenswürdig“.

Trotz der weiter kritischen Lage am havarierten Atommeiler Fukushima kehren zahlreiche Anwohner in die Gefahrenzone zurück. Vor allem älteren Menschen sorgten sich um ihre Häuser und wollen nicht länger in Notfallunterkünften bleiben, berichtete der japanische Nachrichtensender NHK am Montag in Fukushima.

Die Behörden in Japan hatten die Bewohner im Umkreis von 20 Kilometern um das Kraftwerk Fukushima Eins aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. Den Menschen in einer Zone von 20 bis 30 Kilometern wurde zudem empfohlen, in ihren Häusern zu bleiben, um radioaktive Verstrahlung zu vermeiden. Letzte Woche riet die Regierung dann den Bewohnern der äußeren Zone, das Gebiet freiwillig zu räumen. Als Grund gaben die Behörden an, dass die Versorgung der Menschen immer schwieriger werde.

Die Regierung warnte nun am Montag die Menschen aus der 20-Kilometer-Zone um das AKW-Warck, sie sollten vorerst nicht nach Hause zurückkehren. Das Gesundheitsrisiko sei viel zu groß.

Doch viele der Flüchtlinge, vor allem aus dem Gebiet etwa 20 bis 30 Kilometer vom Kraftwerk entfernt, kehren trotz der Warnungen zurück, berichtete NHK. Die Menschen seien erschöpft vom Leben in den Notlagern. Sie wollten wieder nach Hause, sagte die Provinzregierung von Fukushima. Man werde die Zentralregierung in Tokio bitten, die Lieferung von Hilfsgütern in die Evakuierungszone aus diesem Grund zu verstärken.

Laut Medienangaben lebten ursprünglich etwa 140 000 Menschen im Umkreis von 20 bis 30 Kilometern um Fukushima Eins. Es blieb unklar, wie viele davon noch in dieser Zone ausharren.

Der AKW-Betreiber Tepco und die Behörden bekommen die Strahlung im AKW Fukushima nicht in den Griff. Jeden Tag werden neue, stark erhöhte Werte gemessen.

Quelle : dapd/dpa vom 28.03.11

Neonazimorde fehlen in den Statistiken des LKA«. Antwort der NRW-Landesregierung auf Anfrage der Linksfraktion: Gefahr von rechts verharmlost. Ein Gespräch mit Anna Conrads. Interview: Markus Bernhardt

Montag, 28. März 2011 von Huste

Anna Conrads ist innen- und rechtspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Landtag von NRW.

Sie hatten eine Große Anfrage an die nordrhein-westfälische Landesregierung gestellt, in der Sie um Auskunft über die neofaschistischen Aktivitäten und Strukturen in Nordrhein-Westfalen gebeten haben. Sind Sie mit der Antwort zufrieden?

Nein, überhaupt nicht! Schaut man sich die Antwort genauer an, könnte man fast meinen, Neonazis spielten in NRW keine Rolle. Was mich aber wirklich entsetzt, ist, daß die durch Neofaschisten in NRW ermordeten Personen sich nicht in den Statistiken des Landeskriminalamtes (LKA) wiederfinden. So fehlt in der Statistik etwa der im März 2005 in Dortmund vom Neofaschisten Sven Kahlin erstochene Punk Thomas Schulz.

Es fehlen weitere Mordopfer …
Und zwar die drei Polizeibeamten, die im Jahr 2000 vom Dortmunder Neonazi Michael Berger ermordet wurden. Noch immer gibt es Indizien dafür, daß Berger im Dienst des Verfassungsschutzes stand und als V-Mann tätig war. Hierbei handelt es sich übrigens keineswegs um linke Verschwörungstheorien. Vielmehr hatte selbst der CDU-Bundestagsabgeordnete Erich G. Fritz schon vor Jahren eine Anfrage dazu gestellt, die jedoch nicht beantwortet wurde, da die Aktivitäten des Verfassungsschutzes ja im Verborgenen stattfinden und die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Geheimhaltung verpflichtet sind.

Die Landesregierung behauptet außerdem, daß es in Dortmund etwa 30 »Autonome Nationalisten« gebe. Halten Sie diese Zahl für realistisch?

Keineswegs! Ich habe mich in der Vergangenheit regelmäßig an antifaschistischen Protesten in Dortmund beteiligt und jeder, der sich auch nur oberflächlich mit der Situation in der Stadt befaßt, weiß, daß die Anzahl der »Autonomen Nationalisten« dort um ein Vielfaches höher ist. Schließlich ist Dortmund ein Schwerpunkt für die militanten Neonazis. Übrigens genauso wie die Region Aachen, wo es ebenfalls regelmäßig zu brutalen Übergriffen auf Antifaschisten, Migranten und andere Menschen kommt, die nicht in das Weltbild der Rechten passen.

Die »Autonomen Nationalisten« in Dortmund veröffentlichen seit geraumer Zeit Steckbriefe politischer Gegner im Internet. Außerdem kam es in der Vergangenheit regelmäßig zu Angriffen auf Privatwohnungen, Parteibüros und linke Buchläden. Wie bewertet die Landesregierung diese Attacken?

Gar nicht. Fälschlicherweise behauptet die Regierung von SPD und Grünen sogar, daß Anschläge auf Privatwohnungen von der Polizei stets als politisch motivierte rechte Straftaten registriert worden seien. Dies stimmt jedoch in Dortmund beispielsweise keineswegs. Dort wurden von der Polizei nicht einmal Anschläge als neofaschistische Straftaten aufgenommen, bei denen explizit rechte Symbole und Parolen an Privatwohnungen gesprüht wurden und es darüber hinaus zu Zerstörungen kam. Auch wurden im Gegensatz zu den Behauptungen der Regierung nur wenige Nazigegner, deren private Daten und Fotos Nazis ins Internet gestellt hatten, von der Polizei informiert und gewarnt.

Was wäre Ihrer Meinung nach zu tun, damit die Neofaschisten in NRW zurückgedrängt werden?

Als erstes – das hat die Antwort der Landesregierung noch einmal verdeutlicht – muß das Problem von den Verantwortlichen in Politik, Polizei und Justiz erst einmal wahr- und ernstgenommen werden. Da die Regierung offenbar kein Problem mit neofaschistischen Gewalttätern in NRW sieht, wundert mich auch nicht, warum sie meiner Forderung, Beratungsstellen für Opfer rassistischer und neofaschistischer Gewalt einzurichten, erst kürzlich eine schroffe Absage erteilt hat. Es kann jedoch kein Zustand sein, daß Nazigegner, die massiven Bedrohungen und Angriffen ausgesetzt sind, sich an Opferberatungsstellen in Thüringen wenden müssen. Eben das ist jedoch bereits der Fall gewesen.

www.jungewelt.de vom 28.03.11

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