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Systemwechsel nötig. Von Rainer Balcerowiak

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Die arg strapazierte Floskel vom »breiten Bündnis«, welches eine Demonstration gestaltet, hatte am Sonnabend in Berlin ihre Berechtigung. Angeführt von 70 Traktoren zogen über 20000 Menschen vom Hauptbahnhof zum Brandenburger Tor, um unter dem Motto »Wir haben es satt« gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung und der EU zu protestieren. Neben großen Organisationen wie dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Greenpeace beteiligten sich auch zahllose lokale Initiativen gegen Massentierhaltung, Umweltgruppen, Ökoanbauverbände sowie entwicklungspolitische und Arbeitsloseninitiativen. Die Ränder des Spektrums wurden von esoterisch angehauchten Veganern auf der einen und der MLPD (Marxistisch- Leninistische Partei Deutschland) auf der anderen Seite markiert. Anlaß der Demonstration war die von der Bundesregierung ausgerichtete internationale Landwirtschaftskonferenz, die am Sonnabend im Rahmen der »Grünen Woche« eröffnet wurde und an der über 40 Agrarminister teilnehmen.

Als Konsequenz aus dem Dioxinund anderen Lebensmittelskandalen forderten Redner auf der Abschlußkundgebung die Abkehr von Agrarfabriken und die verstärkte Förderung bäuerlicher und ökologischer Landwirtschaft. Der BUND-Vorsitzende, Hubert Weiger, verlangte einen »Systemwechsel «. Die aktuellen Dioxinfunde in Futtermitteln seien nur die Spitze des Eisberg, und keineswegs das Werk einzelner Krimineller. Die AbLBundesvorsitzende, Maria Heubuch, bezeichnete Massentierhaltung und Gentechnik als »gefährliche Sackgasse für die Bauern und ein erhöhtes Risiko für die Verbraucher«. Agrarfabriken gehörten verboten und nicht weiter mit Steuergeldern subventioniert. Der Träger des alternativen Nobelpreises und Vorsitzende der internationalen Umweltorganisation Friends of the Earth, Nnimmo Bassey aus Nigeria, schilderte die verheerenden Auswirkungen der europäischen Agrarpolitik auf die armen Länder Afrikas. Durch hochsubventionierte Exporte und die Nutzung riesiger Agrarflächen für den Futtermittelanbau würden den einheimischen Landwirten die Lebensgrundlage entzogen und die Ernährungssituation verschärft.

Zu Wort kamen aber auch lokale Aktivisten wie Norbert Juretzko von der Bürgerinitiative gegen den Bau eines gigantischen Hühnerschlachthofes in Wietze (Südniedersachsen). 26000 Tiere sollen dort künftig verarbeitet werden – pro Stunde. Mehrere Gutachten gehen mittlerweile von irreparablen Umweltschäden aus, die eine derartige Anlage verursachen würde. Auf der Agrarministerkonferenz wurden einige dieser Themen zumindestens erörtert. In einem gemeinsamen Kommunique forderten die Teilnehmer internationale Maßnahmen gegen die Preisspekulationen auf dem Lebensmittelmarkt. Das Thema müsse auf die Tagesordnung des nächsten Treffens der führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) gesetzt werden. In dem Papier bekennen sich die Landwirtschaftsminister zudem zu nachhaltiger und regionaler Erzeugung von Lebensmitteln. EU-Kommissar Dacian Ciolos begrüßte die Initiative, warnte aber vor zu großen Erwartungen. »Konkrete Maßnahmen kurzfristiger Natur« werde es sicher nicht geben, so Ciolos. Das war auch den Demonstranten bewußt, die einmütig bekundeten: »Wir kommen wieder.«

Quelle: www.jungewelt.de vom 24.01.11

Dieser Beitrag wurde am Montag, 24. Januar 2011 um 12:10 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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