Wolfgang Huste Polit- Blog

Arme Kinder in der Warteschleife. Humanistische Union mahnt Kommunen und Länder, Hartz IV-Gesetze zügig umzusetzen

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Pressemitteilung der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union,
vereinigt mit Gustav Heinemann-Initiative
Berlin, 30. März 2011

Anlässlich der Veröffentlichung der neuen Hartz IV-Gesetze im
Bundesgesetzblatt fordert die Humanistische Union die Kommunen auf, ihren
sozial- und bildungspolitischen Verpflichtungen nachzukommen und eine
rasche Umsetzung der neue Teilhaberechte zu gewährleisten. Die
Bürgerrechtsorganisation schlägt die Einrichtung kommunaler Bildungsbüros
vor, in denen die Leistungen für Kinder und Jugendliche aus einer Hand
vermittelt werden. Daneben bekräftigt die HU ihre grundsätzliche Kritik
an Sinn und Verfassungskonformität der neuen Regelsätze und von Teilen
des Bildungspakets.

Die armen Kinder und die Familien, die von der Grundsicherung (Hartz IV)
leben, warten darauf, dass das vor über vier Wochen beschlossene und von
Bundestag und Bundesrat hochgepriesene Bildungspaket bei ihnen ankommt.
Weder die Ministerpräsidenten der Länder noch die Verantwortlichen in
Städten und Gemeinden zeigen große Eile, die neuen Ansprüche der
schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen aus Hartz IV-Familien auf
Nachhilfe, Mittagessen oder Vereinsbeiträge zu erfüllen.
Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union/GHI fordert daher die
Kommunen nachdrücklich auf, ihre gesetzlich neu verankerte Verantwortung
für die Kinder von Langzeitarbeitslosen und Geringverdienern zügig zu
übernehmen. „Die Städte und Gemeinden setzen sich sonst dem Verdacht aus,
die Umsetzung bewusst zu verschleppen, um damit an den ärmsten Kindern
und Jugendlichen Geld zu sparen und ihnen Teilhabegrundrechte
vorzuenthalten“, erklärt Jutta Roitsch-Wittkowsky, das für Bildungs- und
Sozialpolitik zuständige Vorstandsmitglied der Humanistischen Union (HU).
Bisher fehle jede Klarheit, wer vor Ort für Gutscheine und weitere
Dienstleistungen zuständig ist. Die HU fordert die Einrichtung eines
kommunalen Bildungsbüros, das die sozialen, kulturellen und
bildungspolitischen Leistungen für die Kinder und Jugendlichen bündelt
und organisiert. „Es ist unzumutbar, die Eltern von Amt zu Amt zu
schicken, um überhaupt Teilhabegrundrechte für ihre Kinder zu bekommen“,
so Roitsch-Wittkowsky.

Ihre bisherige Untätigkeit könnten die politisch Verantwortlichen nicht
damit entschuldigen, dass die entsprechenden Gesetze erst am 25. März vom
Bundespräsidenten unterschrieben und am 29. März im Bundesgesetzblatt
verkündet worden sind. In seinem wegweisenden Urteil vom 9. Februar 2010
hatte das Bundesverfassungsgericht den Bundesgesetzgeber aufgefordert,
bis zum 31. Dezember 2010 die Bedarfssätze für die Hartz IV-Empfänger in
einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren neu zu regeln. Den
schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen hatte das Gericht ein
eigenständiges Grundrecht auf Bildung und soziokulturelle Teilhabe
zuerkannt. Der Gesetzgeber gewährt diese Teilhabegrundrechte jetzt jedoch
nur auf Antrag und Bezugsschein, zuständig dafür sind nicht mehr die
Jobcenter, sondern die Kommunen. Die HU befürchtet als Folge eine
verwirrende Bürokratie, die Eltern abschreckt, die Rechte ihrer Kinder
wahrzunehmen. So sind in einer Stadt wie Frankfurt a.M. rund 25.000
Kinder anspruchsberechtigt, bisher wurden aber lediglich 30 Anträge
gestellt. Die HU appellierte daher an die Sozial- und Wohlfahrtsverbände,
in den Kommunen und Ländern Druck zu machen und ihren Einfluss zu nutzen,
um unbürokratische Lösungen zu erzielen.

Unabhängig von den praktischen Fragen der Umsetzung hält die HU an ihren
grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche
Neuregelung fest. Sie beziehen sich vor allem auf die Umgehung des
Elternrechts und die Gewährung der Teilhabegrundrechte nur auf
Bezugsschein. Auch die Einigung im Vermittlungsausschuss enthält
verfassungsrechtlich Bedenkliches: Schulsozialarbeit und Mittagessen in
Horten fallen nicht in die Zuständigkeit des Bundes, der aber bis 2013
die Kosten übernehmen soll. Das Verfassungsgerichts hatte ferner
eindeutig dem Bund die Verantwortung für eine gesetzliche Neuregelung
zugeschrieben. Ob die jetzt beschlossene Zersplitterung der Verantwortung
zumindest für Teile des so genannten Bildungspakets damit vereinbar ist,
darf bezweifelt werden. Und letztlich sind die Bedenken an der Methodik,
die Arbeitsministerin Ursula von der Leyen zur Berechnung der Hartz IV-
Sätze herangezogen hat, nicht ausgeräumt. Sie sind im Gegenteil im Gesetz
selbst verankert: Bis zum 1. Juli 2013 soll die Ministerin „unter
Mitwirkung des Statistischen Bundesamtes sowie von Sachverständigen“ dem
Bundestag einen Bericht vorlegen „über die Weiterentwicklung der für die
Ermittlung von Regelbedarfen anzuwendenden Methodik“, heißt es im
Paragraph 10 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen.

Für Rückfragen steht Ihnen der Geschäftsführer der Humanistischen Union,
Sven Lüders unter Tel. 030 204 502 56 zur Verfügung.

Humanistische Union e.V.
– Bundesgeschäftsstelle –
Greifswalder Straße 4
10405 Berlin
Tel: 030 – 204 502 56
Fax: 030 – 204 502 57

Anmerkung von Wolfgang Huste: Die Humanistische Union ist die größte und älteste Bürgerrechtsorganisation in Deutschland.

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 31. März 2011 um 17:37 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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