Wolfgang Huste Polit- Blog

Hoher Ekelfaktor. FDP baut sich um. Von Rainer Balcerowiak

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Das schöne an der »repräsentativen« bzw. Parteiendemokratie ist, daß sie bisweilen als das kenntlich wird, was sie ist: eine Mischung aus Transmissionsriemen zur Durchsetzung von Kapitalinteressen und würdelosem Postengerangel auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten. Wer zur politischen Klasse gehört, aber von letzterem die Nase voll hat, verabschiedet sich irgendwann in die etwas stilleren, aber deutlich lukrativeren Ecken der Macht, wie z.B. Friedrich Merz, Roland Koch (beide CDU) oder auch zuletzt der FDP-»Hoffnungsträger« Andreas Pinkwart.

Letztgenannter dürfte genau gewußt haben, was er sich unbedingt ersparen wollte. Binnen knapp zwei Jahren entpuppte sich seine mit sensationellen 14,6 Prozent in die Bundesregierung katapultierte Partei der »Leistungsträger« als planloser Haufen von Karrieristen und Politdarstellern. Statt Schwert und Schild aller Raffkes der Republik zu werden, verkam die FDP mit ihrem Steuersenkungsmantra inmitten einer heftigen Finanzmarkt- und Haushaltskrise zur Lachnummer. Ihr selbstverliebter Vormann Guido Westerwelle litt – berauscht von seiner neuen Wichtigkeit – an wachsendem Realitätsverlust. Jede Landtagswahl wurde seitdem zur Zitterpartie, und in bundesweiten Umfragen stabilisieren sich die Liberalen derzeit bei vier Prozent.

Unter normalen Vorzeichen müßte eine derartige Entwicklung zu einer politischen Grundsatzdebatte führen. Doch eine solche macht nicht nur, aber besonders bei der FDP überhaupt keinen Sinn, da sie ihre Existenz ohnehin nur ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen Fähigkeit zur Durchsetzung bestimmter Klientelinteressen – von der Hotel- bis zur Pharmabranche, vom Zahnarzt bis zum AKW-Betreiber – verdankt.

Jetzt, wo dieses Kartenhaus zusammengefallen ist, geht es nur noch um Posten. Herausgehobene Ämter haben offensichtlich nichts mit Qualifikation und Erfahrung zu tun, sondern werden zur Manövriermasse einer Politikerkaste, die ihre Pfründe mit Zähnen und Klauen verteidigt. Wer Federn lassen muß, wie die gescheiterte Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger, wird natürlich abgefunden, z.B. mit einem Staatsministerposten im Auswärtigen Amt. Dort sitzt mit Cornelia Pieper bereits eine Altlast, der man die große Rochade mit einem attraktiven Botschafterposten schmackhaft machen könnte. Wer wie Rainer Brüderle als Wirtschaftsminister und Parteivize untragbar geworden ist, bekommt dafür die Fraktionsführung. Sein altes Ressort übernimmt dann der neue Parteichef Philipp Rösler, der das bisher von ihm geleitete Gesundheitsministerium per Erbfolge an seinen Staatssekretär Daniel Bahr übergibt. Das ganze nennt sich dann »personelle und politische Erneuerung«.

Natürlich agieren die anderen großen politischen Parteien – wenn überhaupt – nur unwesentlich appetitlicher. Aber die unbekümmerte Skrupellosigkeit dieser halbseidenen Marodeure läßt auf deren schnelles Verschwinden im politischen Orkus hoffen.

Quelle: www.jungeweltd.e vom 11.05.11

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 11. Mai 2011 um 14:26 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Pressemitteilung von MdB Alexander Ulrich:

    Pressemitteilung 11. Mai 2011

    Neuanfang gescheitert: FDP bleibt Klientelpartei

    Zur Personalpolitik der FDP erklärt der rheinlandpfälzische Bundestagsabgeordnete der LINKEN, Alexander Ulrich:

    „Der politische Neuanfang der FDP ist gescheitert. Die FDP tritt erneut den Beweis an, dass sie eine reine Klientelpartei für die Durchsetzung eng begrenzter Interessen ist. Dies gilt in beeindruckender Weise auch für ihre Personalpolitik. Gehandelt werden Parteipositionen wie auf einem Basar: Wer am meisten bietet, wird genommen. Anderen wird der Abschied mit Zusagen versüßt. Die Neubesetzung von Partei- und Fraktionspositionen geschieht in engster Runde und die Parteibasis spielt dabei keine Rolle.

    Guido Westerwelle steht offenbar unter Artenschutz. Politisch kann das Festhalten an seiner Person nicht erklärt werden. Mit Rainer Brüderle wurde ein Fraktionsvorsitzender bestimmt, der vor wenigen Wochen mit seiner Partei bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz grandios gescheitert und dort nicht mehr erwünscht ist. Homburger wird für das Stühlerücken in der Bundestagsfraktion mit Parteiämtern entschädigt. Um alle Interessen im Personalkarussell bedienen zu können, werden Ministerposten gleich mit verschachert.

    Dies bestätigt den Eindruck, den die Wählerinnen und Wähler seit geraumer Zeit von der FDP haben: Zuerst werden die verdienten Parteifunktionäre versorgt, der Rest ist Nebensache. Dass der politische Neuanfang der FDP gescheitert ist, dokumentiert deren Festhalten an der Atomenergie. Während selbst die CDU die Zeichen der Zeit erkannt hat, vertritt die FDP weiterhin die Klientelinteressen der Atomlobbyisten ohne Rücksicht auf die Übergroße Mehrheit der Bevölkerung. Das Thema soziale Gerechtigkeit und damit die eigentlichen Sorgen und Nöte der Menschen in diesem Land geht an der FDP spurlos vorbei. Sie bedient ausschließlich Minderheiten, die sich auf Kosten der Allgemeinheit an den Schalthebeln der Macht und der Umverteilung von Unten nach Oben halten wollen.

    In diesen Tagen wird erneut deutlich, dass der FDP jede Kompetenz für eine Regierungsbeteiligung fehlt.“

    Kommentar: Wolfgang Huste – 11. Mai 2011 @ 15:04

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