Wolfgang Huste Polit- Blog

Marsch in neue Kriege. Von Peter Wolter

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Auch in Pakistan, im Jemen, in Somalia oder im Sudan werden möglicherweise deutsche Soldaten eingesetzt. Er rechne damit, daß seine Regierung mit entsprechenden Wünschen konfrontiert wird, sagte Bundesverteidigungsminister Lothar de Maizière (CDU) in einem Interview für die Freitagausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. »Wie wir das beantworten, hängt dann von der Art der Anfrage und unserer Abwägung ab.«

In dieselbe Kerbe hieb der Minister am Freitag morgen im Bundestag in seiner Regierungserklärung zur Bundeswehrreform. Es müsse selbstverständlich sein, daß Deutschland in der UNO, der NATO oder der Europäischen Union (EU) die internationale Verantwortung übernimmt, »die wir uns zutrauen, die man uns zutraut und die man von uns erwartet«. Das sei mehr, »als es bisher in Deutschland bekannt ist oder wohl auch akzeptiert ist«.

Um dieser »Verantwortung« gerecht werden zu können, soll die Struktur der Streitkräfte so gestrafft werden, daß 10000 statt wie bisher 7000 Soldaten gleichzeitig in Auslandseinsätze geschickt werden können. Zugleich wird aber der Gesamtumfang der Bundeswehr nach de Maizières Plänen von jetzt 220000 auf 185000 verringert. Davon sollen 170000 Berufs- oder Zeitsoldaten sein, der Rest freiwillig Wehrdienstleistende. Im Verteidigungsministerium sollen von den heute 3500 Stellen 1500 wegfallen.

»Opposition fand bei der Debatte um die Bundeswehrreform nicht statt«, kommentierte Stern online. In der Tat: Der Minister wurde nach seiner Rede nicht nur aus der Regierungskoalition, sondern auch von SPD und Grünen mit Lob überschüttet. Peer Steinbrück, eventueller Kanzlerkandidat der SPD, klatschte sich die Hände fast wund, und auch der Verteidigungsexperte seiner Fraktion, Rainer Arnold, unterstützte die Reform. Die Personalkürzungen seien zwar »auf Kante genäht, das wissen alle. Aber wir können da mitgehen.«

Jürgen Trittin, Fraktionschef der Grünen, war ebenfalls zufrieden, auch wenn er sich einen etwas stärkeren Personalabbau gewünscht hätte. Er warnte davor, das internationale Engagement der Bundeswehr auf »die Sicherung von Rohstoffquellen« zu reduzieren – es gehe vor allem darum, weltweit für »Rechtsstaatlichkeit« zu sorgen. Er verwies als Beispiel auf den drohenden Krieg im Sudan: »Deutschland muß dieser internationalen Verantwortung gerecht werden.«

Grundlegende Kritik kam lediglich aus der Linkspartei. »Da wird einem angst und bange«, erklärte ihr verteidigungspolitischer Sprecher, Paul Schäfer. Wenn der Minister sage, er wolle eine Bundeswehr zur Sicherung der außenpolitischen Handlungsfähigkeit des Landes, dann sei das nichts weiter als »ein Blankoscheck für Interventionismus. Und dafür gilt: Ohne uns! »Die Linke will nicht, daß Bundeswehrsoldaten für Wirtschaftskriege in Marsch gesetzt werden.«

In Sachen Bundeswehr müsse sich die Regierung auf den Artikel 87a des Grundgesetzes zurückbesinnen, forderte Schäfer. Die Aussage, »der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf«, fordere eindeutig eine defensive Politik. Das wiederum bedeute, daß der Umfang der Streitkräfte auf 125000 Soldatinnen und Soldaten reduziert werden könne, »um die Aufgaben der Landesverteidigung wahrzunehmen«. Schäfer machte allerdings keine Aussage dazu, wer überhaupt Deutschland bedroht.

Quelle: www.jungewelt.de vom 28.05.11

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 28. Mai 2011 um 15:51 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Marktkriege. Gastkommentar: Die Aufgaben der Bundeswehr. Von Sevim Dagdelen

    Nach den Vorstellungen von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) stellen die in den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien ausformulierten Sicherheitsinteressen einen Meilenstein der Bundeswehrreform dar. In dem Papier mit dem Titel »Nationale Interessen wahren – Internationale Verantwortung übernehmen – Sicherheit gemeinsam gestalten« wird klar benannt, wohin die Reise gehen soll: »Deutschland ist bereit, als Ausdruck nationalen Selbstbehauptungswillens und staatlicher Souveränität zur Wahrung seiner Sicherheit das gesamte Spektrum nationaler Handlungsinstrumente einzusetzen. Dies beinhaltet auch den Einsatz von Streitkräften.« Und es ist in der Tat eine schwindelerregende Geschwindigkeit, mit der solche Meilensteine des deutschen »Selbstbehauptungswillens« gesetzt werden – angefangen mit den Bomben auf Belgrad 1999 unter »Rot-Grün« . Die bittere Ironie der Geschichte besteht darin, daß deutsche Kriegseinsätze, Aufrüstung, und die wachsende Dominanz militärischer Wertvorstellungen und Interessen im gesellschaftlichen Leben unter einer fortgesetzten »Betonung des deutschen Friedenswillens und der Friedensabsichten« der jeweiligen Bundesregierungen möglich wurden.

    Vor einem Jahr noch mußte Bundespräsident Horst Köhler (CDU) vorgeblich wegen seiner Wirtschaftskriegsrhetorik zurücktreten. Mittlerweile droht das Verteidigungsministerium offen, die »Erschließung, Sicherung von und den Zugang zu Bodenschätzen, Vertriebswegen und Märkten« weltweit mit deutschen Streitkräften neu ordnen zu wollen. Wer an dieser Aufgabe nicht mittun will, fliegt raus und wird als Störenfried gebrandmarkt.

    Mehrere Jahre gesellschaftlicher Umerziehung waren für die Rehabilitation deutscher Machtpolitik notwendig. Die Bereitschaft, militärische Auslandseinsätze als Friedensbeitrag zu verklären, bildet dabei den Gradmesser. Mittlerweile gilt für die Parteienlandschaft der Grundsatz, wer nicht bereit ist für Krieg, der soll auch nicht mitregieren dürfen.

    Die neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien, mit denen das Militär zum ganz normalen Instrument der außenpolitischen Interessendurchsetzung erklärt wird, sind ebenso verfassungswidrig wie die außenpolitische Doktrin sämtlicher als »regierungsfähig« geltender Parteien. Denn auch, wenn die Praxis der Entsendung deutscher Streitkräfte seit dem Ende des Systemkonflikts längst dem im Grundgesetz festgeschriebenen Verteidigungsauftrag Hohn spricht, bestimmt nach wie vor Artikel 87a Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 115a als einzigen Zweck der Streitkräfte: die Verteidigung Deutschlands gegen einen militärischen Angriff. Davon jedoch kann heute keine Rede mehr sein. Mit de Maizières Richtlinien weniger denn je.

    Sevim Dagdelen ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuß des Bundestages und Sprecherin für Internationale Beziehungen der Fraktion Die Linke

    Quelle: http://www.jungewelt.de vomn 28.05.11

    Comment: Wolfgang Huste – 28. Mai 2011 @ 15:56

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