Wolfgang Huste Polit- Blog

Jugendoffizier vergrault. Eine Schulklasse in Frankfurt am Main konnte den Gastreferenten der Bundeswehr mit kritischen Fragen zum Rückzug bewegen. Von Gitta Düperthal

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Am schönsten sind Grillpartys, wenn es ein gemeinsames Erfolgserlebnis zu feiern gibt. So sieht es jedenfalls die Klasse 12/5 der beruflichen Fachoberschule, Zweig Wirtschaft und Verwaltung Gelnhausen. Am Mittwoch hatte Lehrer Gundolf Hambrock seine ehemaligen Schülerinnen und Schüler mal ganz privat in seinen wildwüchsigen Garten im Frankfurter Stadtteil Ginnheim eingeladen – nicht nur, um deren Abschluß nach zwei Jahren mit Bier oder Limo zu begießen: Den 17- bis 25jährigen war es kürzlich gelungen, mit ihren der Bundeswehr in Wetzlar zugemailten kritischen Fragen zur Vorbereitung einer Podiumsdiskussion den dortigen Ansprechpartner, Jugend­offizier Thomas Klein, zu vergraulen. Trotz hartnäckig wiederholter Einladung seitens der Schüler hatte dieser plötzlich keine Lust mehr verspürt, mit der Klasse über die Ziele der Bundeswehr zu diskutieren. Die Unlust hatte sich noch verstärkt, weil die Klasse zur Diskussion weitere Gäste eingeladen hatte: Den Irak-Kriegsveteranen und Deserteur der US-Armee, Chris Capps-Schubert von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Hanau sowie den ehemaligen Widerstandskämpfer gegen den Hitlerfaschismus, Lorenz Knorr, der sich nach dem Krieg gegen die Wiederbewaffnung engagiert hat.

»Für Ihre Veranstaltung habe ich seitens meiner Vorgesetzten keine Zustimmung und Genehmigung erhalten«, heißt es in der Absage, die die Schüler beim Gartenfest stolz junge Welt präsentierten. Eine weitere Zusammenarbeit sehe er »nach den Vorkommnissen beschädigt«. Und: »Kein ausgewogenes Podium«, befand der Jugendoffizier. Das telefonisch übermittelte Angebot, weiteres Personal hinzuzuziehen, habe ihn nicht umstimmen können, berichteten die Schüler. »Die DFG-VK als Gesprächspartner auf dem Podium, das paßte wohl nicht ins Werbeprogramm«, meinte einer. »Aber wir lassen uns doch nicht damit ködern, mal im Kampfanzug durchs Klassenzimmer laufen zu dürfen, wie sie das an Schulen durchexerzieren«.

Der Fragenkatalog, der am 10. März bei der Bundeswehr in Wetzlar eingegangen war, hat es in der Tat in sich. Zum Beispiel wollten die Schüler wissen, warum die Bundeswehr Mißstände in der Ausbildung zuläßt, zum Beispiel rohe Leber essen. Außerdem fragten sie, »warum die Bundeswehr in ihrem Aussehen der Wehrmacht ähnelt«.

»Aus der Traum vom netten angepaßten Schüler, der wissen will, ob man bei der der Bundeswehr den Führerschein machen kann«, amüsierte sich Matthias Horstkamp beim Grillen. »Sie führen Krieg, nicht um den Frieden zu sichern, sondern um die Wirtschaft anzukurbeln«, konstatierte Ines Nachtigal. »Ich habe keine Lust, mich anschreien zu lassen und auf Befehle zu hören«, so Alexander Schreiner. Sein Mitschüler Kai Knoll übte beim Garnieren seines Schnitzels mit Remoulade scharfe Kritik an der Werbung der Bundeswehr in den Kreiswehrersatzämtern: Dort zeige man rollende Panzer und lächelnde Kinder.

Auch die selektive Gastfreundlichkeit der Schulleitung war ein Gesprächsthema: »Jeder Handwerker wird mit einem Büffet empfangen«, so Alexander Schreiner. Als jedoch die Antifaschisten Capps-Schubert und Knorr kamen, habe sich die Schulleitung nicht einmal blicken lassen. Der stellvertretende Rektor Hartmut Bieber habe zudem untersagt, die junge Welt an der Schule auszulegen. Nur die Frankfurter Rundschau, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Gelnhäuser Neue Zeitung habe man dort abonniert.

Trotz Kooperationsabkommen der Kultusministerien mit der Bundeswehr sind Schulleitungen übrigens nicht verpflichtet, Jugendoffiziere einzuladen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 30.05.11

Dieser Beitrag wurde am Montag, 30. Mai 2011 um 12:12 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Wer den Unsinn glaubt, der hier geschrieben wird, dem ist eigentlich kaum noch zu helfen. Das Herr Hambrock überhaupt Politik unterrichten darf, spottet eigentlich jeder Beschreibung. Jeder, der ihn bei den vorherigen Veranstaltungen mit Jungendoffizieren der Bundeswehr erlebt hat, weiß genau, warum der Vertreter der Bundeswehr nicht erschienen ist. Von Diskussion kann überhaupt keine Rede. Zusammen mit Gästen, bei denen doch die Frage erlaubt sei wie die in Schulen eingeladen werden können, werden Jugendliche mit den haarstreubenden politischen Meinungen der zuvor genannten überfordert. Von Beutelsbacher Konsens hat der Mann noch nie etwas gehört. Über das Pro und Kontra dessen, was der Bundestag der Bundeswehr an Aufgaben auferlegt, lässt sich sicher streiten, ist aber kein Grund Organisationen in Schulen einzuladen, deren Verfassungskonformität sogar durch die Bundesregierung angezweifelt wird.
    Mir stellt sich da die Frage, ob die Schulleitung und die Schulaufsichtsbehörden hier ihrer Pflicht noch nachkommen. Weiß von denen überhaupt jemand wie dieser Mann unterrichtet!?
    Die selsbt ernannten Hüter des Friedens, die sich hier zu Wort melden, solte sich darüberhinaus doch selbst einmal die Frage stellen, welchen persönlichen Beitrag sie zum Wohl der Gesellschaft und zum Erhalt des Friedens erbracht haben. Bier trinken im Garten des links radikalen Lehrers!?
    Da kann einem Angst werden, wenn man an die Zukunft der Menschheit denkt. Zum Glück sterben die radikalen, ob links oder rechts, zunehmend aus. Es scheint also Hoffnung zu bestehen!

    Comment: Sebastian Schneider – 12. Mai 2013 @ 14:39

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