Wieder ist in Afghanistan ein Soldat der Bundeswehr getötet worden. Fünf weitere deutsche Soldaten wurden bei dem Angriff südlich von Kundus in der Provinz Baghlan verletzt, zwei von ihnen schwer. Das teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam am Donnerstag mit. Damit wurden innerhalb von knapp zehn Tagen vier deutsche Soldaten am Hindukusch getötet und ein Dutzend weitere verletzt. »Die Häufung der Anschläge sorgt uns«, erklärte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière auf dem Evangelischen Kirchentag in Dresden. Ansonsten gab der CDU-Politiker Durchhalteparolen aus. »Wir werden in unserem Engagement nicht nachlassen.« Und als Tageslosung: »Vor Gewalt darf man nicht weichen.«
Den vertraulichen Berichten des Bundesverteidigungsministeriums zufolge gibt es mittlerweile täglich etwa 100 Angriffe auf die NATO-geführten Truppen in Afghanistan, die meisten davon im schwer umkämpften Südosten und Osten des Landes. Das geht aus den wöchtlichen Berichten »Unterrichtung des Parlaments« des vergangenen Monats hervor, die junge Welt vorliegen.
Der jüngste Angriff mit einem selbstgebauten Sprengsatz auf einen mit sechs Bundeswehrsoldaten besetzten Schützenpanzer »Marder« erfolgte Militärangaben zufolge am Donnerstag um 9.54 Uhr Ortszeit (7.24 Uhr MESZ). Die Soldaten der Panzerbrigade 21 »Lipperland« gehörten zu einer Einheit, die im Rahmen des »Partnering«-Programms mit afghanischen Kräften im Einsatz war. Am Donnerstag morgen sollten sie an einer Verbindungsstraße nach Sprengfallen suchen, um die Straße »für eigene Bewegungen zu öffnen«.
Die Verletzten wurden von der US-Armee mit Rettungshubschraubern geborgen und in die Bundeswehrfeldlager Kundus und Masar-i-Scharif gebracht. Am vergangenen Samstag waren in Talokan, der Hauptstadt der Provinz Tachar im Nordosten Afghanistans, zwei Bundeswehrsoldaten getötet und sechs weitere verletzt worden. Unter den Verletzten war auch der Kommandeur des Regionalkommandos Nord der NATO-Truppe ISAF, General Markus Kneip. Am Mittwoch zuvor war ein Bundeswehrsoldat bei einem Sprengstoffanschlag in der Provinz Kundus ums Leben gekommen. Die Bundeswehr will am heutigen Freitag in Hannover in einer öffentlichen Zeremonie von den am 25. und 28. Mai Getöteten Abschied nehmen.
Im April und Mai hatte die NATO die bisher größten eigenen Verluste. Nach Angaben der Internetseite icasualties.org starben in den beiden Monaten 110 NATO-Soldaten – 51 im April und 59 im Mai – und damit mehr als jemals zuvor in den beiden Monaten seit Kriegsbeginn vor knapp zehn Jahren. Im April und Mai vergangenen Jahres waren insgesamt 85 NATO-Soldaten getötet worden, im gesamten Jahr 711.
Die den Afghanistan-Krieg unterstützenden Parteien im Bundestag reagierten routiniert auf die Todesnachricht vom Donnerstag. Die Fraktionschefs der Grünen, Renate Künast und Jürgen Trittin, erklärten den Angehörigen des Getöteten: »In diesen Tagen bekommen wir besonders schmerzlich vor Augen geführt, mit welchem hohen Einsatz sich unsere Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan engagieren.« Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ernst-Reinhard Beck, verurteilte den »heimtückischen Anschlag«. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle und die wehrpolitische Sprecherin der Liberalen, Elke Hoff, erklärten, es müsse nun »alles Menschenmögliche« getan werden, um den Schutz der Soldaten vor Sprengfallen zu verstärken.
An der afghanisch-pakistanischen Grenze demonstrierten die Aufständischen ihre Fähigkeit zu großangelegten Operationen. Berichten zufolge haben 500 schwerbewaffnete Taliban-Kämpfer einen Kontrollposten gestürmt. Bei stundenlangen Gefechten wurden mindestens 34 Menschen getötet.
Quelle: www.jungwelt.de vom 03.06.11
« Gegen Kriminalisierung von Antifaschismus – Käßmann kritisiert deutsche Waffenindustrie »
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