Eine Gesamtschule aus Göttingen hat den mit 100000 Euro dotierten Deutschen Schulpreis 2011 gewonnen. Als Moderatorin Sandra Maischberger am Freitag mittag um kurz nach zwölf in Berlin das Ergebnis des Wettbewerbs bekanntgab, brach im Foyer der Georg-Christenberg-Gesamtschule, wohin die Zeremonie live übertragen wurde, Jubel aus.
Der Deutsche Schulpreis wird seit 2006 von der Robert-Bosch-Stiftung und der Heidehof-Stiftung zusammen mit dem Magazin Stern und der ARD vergeben. Für die Bewertung zieht die Jury sechs Kriterien heran, unter anderem Leistung, Unterrichtsqualität und Schulleben. An der seit 1975 bestehenden Integrierten Gesamtschule (IGS) hat die Juroren nach eigenen Abgaben nahezu alles überzeugt, das Votum des 14köpfigen Gremiums fiel einstimmig aus.
So setzt die Göttinger IGS durchgängig auf Teamstrukturen mit größtmöglicher Eigenverantwortung. Im kleinsten Team, der bewußt heterogen zusammengesetzten Tischgruppe, übernehmen Schüler die Verantwortung für das eigene Lernen und Handeln, aber auch für das Weiterkommen der anderen. »Kinder lernen von Kindern und mit Kindern am besten«, sagte Schulleiter Wolfgang Vogelsaenger, der mit einer zehnköpfigen Delegation nach Berlin gereist war.
Viermal im Jahr trifft sich jede Tischgruppe mit den Lehrern und Eltern bei einem Kind zu Hause und stellt die aktuelle Arbeit vor. Bis zur 8. Klasse werden statt Noten sogenannte Lernentwicklungsberichte an die Schüler vergeben, kein Schüler bleibt sitzen.
Gleichzeitig zählt die IGS zu den leistungsstärksten fünf Prozent der Schulen mit gymnasialer Oberstufe in Niedersachsen. Bei den zentralen Abiturprüfungen schneiden die Schüler hervorragend ab. 2010 machte die beste Schulabsolventin des Bundeslandes mit einem Schnitt von 0,7 an der Göttinger Schule ihr Abitur, 25 Prozent der Schüler hatten bei ihrem Abschlußzeugnis eine Eins vor dem Komma.
Für Schulleiter Vogelsaenger ist die Auszeichnung »die Krönung der Schulgeschichte«. Andere IGS-Pädagogen, die die Übertragung in Göttingen verfolgten, reagierten ähnlich. »Wir freuen uns sehr und hoffen auf politischen Rückenwind«, sagte Kunstlehrer Jürgen Freeriks. Auch Kollegin Doro Töllmer sah in dem Votum ein »starkes politisches Signal«.
Als die Kameras zu Bundespräsident Christian Wulff schwenkten, mischten sich in das Jubelgeschrei vor der Leinwand in Göttingen laute Pfiffe und Buh-Rufe. Der CDU-Politiker war 2003 als Ministerpräsident in Niedersachsen mit dem Versprechen angetreten, den Gesamtschulen den Garaus zu machen. Die Landesregierung verbot die Neugründung von IGS und setzte dafür ganz auf das traditionelle dreigliedrige Schulsystem. Am Freitag kam Wulff nicht umhin, die IGS etwas schmallippig als erfolgreiche Schule zu bezeichnen. SPD, Grüne und Linke nutzten die Preisverleihung für Wahlkampfstatements. Der Landtagsabgeordnete der Linken, Patrick Humke, sah sich in der Ansicht bestätigt, »daß gemeinsamer Unterricht für alle funktioniert und daß er dem Selektionskonzept von CDU und FDP überlegen ist«.
Quelle: www.jungewelt.de vom 11.06.11
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