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Der Fall Kamal K. Prozeßauftakt: Zwei Männer mit rechtsextremer Vergangenheit töteten jungen Iraker. Der Staatsanwalt sieht kein fremdenfeindliches Motiv. Von Claudia Wangerin

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Er hatte einen dunklen Teint und wurde von zwei Männern, die er offenbar nicht kannte, auf einer Grünfläche am Leipziger Hauptbahnhof in einen Streit verwickelt. Dieser endete für Kamal K. tödlich. An Verletzungen durch einen Messerstich in den Bauch starb der 19jährige Iraker in der Nacht zum 24. Oktober 2010. Einer der mutmaßlichen Täter, die sich ab Freitag vor dem Leipziger Landgericht verantworten müssen, trägt laut Staatsanwaltschaft Tätowierungen, die auf eine Affinität zur rechten Szene schließen lassen. Der andere war jahrelang Mitglied in der neonazistischen Kameradschaft Aachener Land. Fremdenfeindlichkeit taucht in der Anklageschrift gegen Daniel K. (28) und Marcus E. (32) allerdings nicht als mögliches Tatmotiv auf. Auch ist keiner von ihnen wegen Mordes angeklagt: Sie sollen Streit mit Kamal K. gesucht, ihn mit Reizgas besprüht und geschlagen haben. Als das Opfer schon am Boden lag, soll Marcus E. ihm das Messer in den Bauch gerammt haben. Angeklagt ist er wegen gefährlicher Körperverletzung und Totschlags; Daniel K. wegen gefährlicher Körperverletzung.

Beide Männer waren unmittelbar nach der Tat vorläufig festgenommen worden. Während Daniel K. im Dezember 2010 aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, befindet sich der Angeklagte Marcus E. seit Oktober in Gewahrsam. Daniel K. hatte eingeräumt, den jungen Iraker geschlagen zu haben. Er sei zur Tatzeit alkoholisiert gewesen. Marcus E. schweigt bisher zu den Vorwürfen.

Freunde und Angehörige von Kamal K. sowie linke Gruppen in Leipzig werfen der Justiz vor, einen rassistischen Mord zu verharmlosen. 500 Demonstranten zogen deshalb am Pfingstmontag vom Stadtteil Connewitz aus zum Hauptbahnhof, in unmittelbare Nähe zum Tatort, um »ein klares politisches Signal« zu setzen, wie die Sprecherin des Leipziger Initiativkreises Antirassismus, Miriam Schleicher, mitteilte. »Wir kritisieren insbesondere, daß der rassistische Hintergrund der beiden Täter bei den Ermittlungen keine Rolle spielt.« So sei der »Fall Kamal« nicht in die offizielle Statistik rechter Tötungsverbrechen aufgenommen worden, obwohl es sich bei beiden Tätern nachweislich um Neonazis handele. Der zuständige Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz wollte sich am Dienstag gegenüber junge Welt nicht dazu äußern. Frühere Medienberichte zitieren ihn mit den Worten, für die Einordnung als politisch motivierte Tat »reicht uns die Vergangenheit der Täter nicht«. Es seien keine rassistischen Sprüche gefallen. Auch sei es zu dunkel gewesen, um das Opfer genau zu erkennen. »Außerdem hat er perfekt Deutsch gesprochen«, sagte Schulz im Dezember der taz.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) antwortete im Februar auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Die Linke), im Jahr 2010 seien in Sachsen »keine Tötungsdelikte aus rassistischen, fremdenfeindlichen, rechtsorientierten und/oder antisemitischen Gründen« bekanntgeworden.

Für die Gerichtsverhandlung gegen die Angeklagten Marcus E. und Daniel K. sind fünf Prozeßtage angesetzt. Das Urteil soll am 8. Juli verkündet werden. Totschlag gilt als Affekthandlung und wird mit fünf bis fünfzehn Jahren Haft bestraft; auf Mord dagegen steht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Antrag auf vorzeitige Haftentlassung kann frühestens nach fünfzehn Jahren gestellt werden. Zur Erinnerung: Ein Mörder ist nach Paragraph 211 des Strafgesetzbuchs, »wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.«

Quelle: www.jungewelt.de vom 15.06.11

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 15. Juni 2011 um 16:59 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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