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Frauen als Gebärmaschine. Am Samstag veranstalten Abtreibungsgegner wieder einen »Marsch für das Leben« durch Berlins Mitte. Bündnis feministischer und antifaschistischer Gruppen plant Proteste. Von Anna Bock

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Der Schweigemarsch am morgigen Samstag, bei dem christliche Abtreibungsgegner große weiße Holzkreuze mit sich führen, wird vom »Bundesverband Lebensrecht« (BVL) bereits zum siebten Mal in der Hauptstadt veranstaltet. Seit 2008 wird er jedes Jahr durchgeführt. Bis zu 1000 Abtreibungsgegner reisen dafür aus ganz Deutschland an. Sie fordern ein generelles Verbot von Abtreibungen, die sie als »vorgeburtliche Kindstötung« bezeichnen. Gerahmt wird der »Trauermarsch« von einer Auftaktkundgebung vor dem Bundeskanzleramt und einem Abschlußgottesdienst in der St.-Hedwigs-Kathedrale. An beiden Orten sind Gegenkundgebungen angemeldet.

Der Ort des ökumenischen Abschlußgottesdiensts, die Bischofskirche St. Hedwig am Bebelplatz, steht symbolisch für die innige Verbindung zwischen Abtreibungsgegnern aller Couleur und der katholischen Kirche. Das wichtigste katholische Gotteshaus Berlins kann bei solchen Anlässen auch von Protestanten genutzt werden. Die Reaktionäre lassen hier um der Sache willen offenbar ihre religiösen Differenzen beiseite. Papst Benedikt XVI. kommt zwar erst eine halbe Woche später nach Berlin, inhaltlich ist er aber voll auf der Linie der Abtreibungsgegner: Verhütung ist verboten, Schwangerschaftsabbruch und Homosexualität gelten als Sünde. Daher wird auch die von antifaschistischen und feministischen Gruppen gekürte Gegenpäpstin »Rosa die Erste« an den Protesten gegen die »Lebensschützer« teilnehmen.

Nachdem beim »Marsch für das Leben« im vergangenen Jahr fast 50 Kreuze von feministischen und antifaschistischen Protestierern in die Spree geworfen worden waren, bevorzugen die Fundamentalisten morgen eine Strecke, die nicht über Wasser führt. Johannes Witten, Sprecher des Bündnisses »What the fuck«, das auch gegen den Papst-Besuch am 22. September mobilisiert, konstatiert, daß die Abtreibungsgegner bestrebt sind, »Nähe zur Bundespolitik« herzustellen. »Deshalb werben sie aktuell auch Grußworte von Mitgliedern des Bundestages ein«. Der Vorsitzende des BVL, Martin Lohmann, bezeichnete Schwangerschaftsabbrüche in einer Pressemitteilung als »böse«. Das Motto des Marsches lautet »Ja zum Leben – für ein Europa ohne Abtreibung und Euthanasie!«. Als Euthanasie bezeichnen »Lebensrechtler« neben Abtreibungen wegen diagnostizierter Behinderungen auch die aktive Sterbehilfe.

Trotz der kruden Wortwahl erfährt der Marsch prominente Unterstützung: 2010 hatten unter anderem der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder, der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) Grußworte gesandt, die auf der Auftaktkundgebung verlesen wurden. Auch bekannte Neonazis hatten sich im vergangenen Jahr unter die Marschierer gemischt. Die Veranstalter des 1000-Kreuze-Marsches hielten es jedoch nicht für nötig, sich von den Rechten zu distanzieren. Ihre Nähe zu deren Gedankengut bewiesen 2010 viele Teilnehmer, denn die Wochenzeitung Junge Freiheit, die nach dem Gottesdienst verteilt wurde, fand reichlich Abnehmer. Die Junge Freiheit gilt als Sprachrohr der neuen Rechten.

Johannes Witten von »What the fuck« verweist auf die Ähnlichkeit der Argumentation von »Lebensschützern« und Rechten. Die Organisatoren des Marsches leugnen dennoch seit Jahren, »daß sie mit ihrer nationalistischen Argumentation vom angeblichen Aussterben des deutschen Volkes genau das Gleiche sagen wie die Neonazis«. Das Gegenbündnis will auch in diesem Jahr Zeichen setzen: »Dieses Mal werden die Kreuze einfach bunt werden.« Die Protestler wollen einmal mehr die Streichung des Paragraphen 218 fordern, der Schwangerschaftsabbrüche weiter unter Strafe stellt, und sich gegen die »Degradierung von Frauen zu Gebärmaschinen« wenden.

no218nofundis.wordpress.com

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Quelle: www.jungewelt.de vom 16.09.11

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 16. September 2011 um 13:00 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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