Wolfgang Huste Polit- Blog

Kurdenfeindlich und antisemitisch. Bundesregierung beobachtet Graue Wölfe, ignoriert aber Verbindungen zur CDU. Von Nick Brauns

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Durch bundesweite Aufmärsche und Angriffe auf kurdische Vereine haben die türkischen Nationalisten der Grauen Wölfe in den vergangenen Wochen in Deutschland wieder auf sich aufmerksam gemacht. Auch die Bundesregierung sieht Anhaltspunkte dafür, daß die Grauen Wölfe gegen den Gedanken der Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben der Völker verstoßen. Zumindest steht es so in einer jetzt veröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion Ulla Jelpke zu »Türkischen Rechtsextremen in der Bundesrepublik«.

Dachverband der Grauen Wölfe in der Bundesrepublik ist die »Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland« (ADÜTDF) mit 7000 Mitgliedern in 100 Vereinen. Die Organisation propagiere einen übersteigerten Nationalismus, heißt es in der Einschätzung der Bundesregierung. Sie gehe von einer Überlegenheit des Türkentums aus und sei dezidiert kurdenfeindlich, obwohl sie in ihren öffentlichen Verlautbarungen auf solche Äußerungen verzichtete. Doch würden Kurden, die zu ihrer Identität stehen, undifferenziert als Terroristen und Verräter behandelt. Auch eine grundsätzliche antisemitische Prägung der Grauen Wölfe erkennt die Bundesregierung in den auf der Website der Türkischen Föderation veröffentlichten Äußerungen von Devlet Bahceli, dem Führer der im türkischen Parlament vertretenen Partei der Nationalen Bewegung (MHP). Die ADÜTDF organisiert regelmäßige Besuche ihrer deutschen Mitglieder am Grab des MHP-Gründers und Hitler-Verehrers Alparslan Türkes in Ankara. Daß die Grauen Wölfe inzwischen offenbar unter verstärkter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen, zeigt auch eine Tagung des Geheimdienstes am 21. November in Berlin, auf der es einen Vortrag zum Thema »Cyberspace im Wolfsgewand« geben wird.

Weniger interessant für die Bundesregierung scheinen die Verbindungen der türkischen Nationalisten zur CDU zu sein. In den letzten Jahren wurden insbesondere in Nordrhein-Westfalen mehrere Fälle bekannt, in denen Graue Wölfe in der Partei aktiv wurden. Eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung ermutigt sogar direkt zu einer solchen Kooperation in Einzelfällen »aus politstrategischen Gesichtspunkten«. Dennoch behauptet die Bundesregierung, über eine Kooperation von CDU-Gliederungen und türkischen Faschisten keine Kenntnisse zu besitzen. »Wer ständig die Extremismuskeule gegen Linke schwingt, sollte erst einmal vor der eigenen Haustür kehren«, erklärt Linke-Politikerin Jelpke hierzu. »Engagierte Antifaschisten dürfen vor türkischen Grauen Wölfen ebensowenig die Augen verschließen wie vor deutschen Neonazis.«

Quelle: www.jungewelt.de vom 07.11.11

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 08. November 2011 um 13:40 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Offener Brief zur Verhaftung des Menschenrechtsaktivisten Ragip Zarakolu in der Türkei

    Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Erdogan,

    Vergangene Woche wurde der international renommierte Verleger und
    Menschenrechtsaktivist Ragip Zarakolu von einem Istanbuler Gericht wegen
    angeblicher Unterstützung der Union der Geheimschaften Kurdistans (KCK)
    verhaftet. Herr Zarakolu sollte wenige Tage später in Potsdam über die türkische Diskussion zum Armeniergenozid referieren. Der Verdacht liegt nahe, dass dies mit seiner Verhaftung unterbunden werden sollte. Mitte November soll Herr Zarakolu auf einer Veranstaltung der Schriftstellervereinigung PEN in Köln zum Thema „Meinungsfreiheit in der Türkei?“ sprechen. Das Fragezeichen können sich die Veranstalter ganz offensichtlich sparen.

    Meinungsfreiheit, Freiheit der Presse, Freiheit der Organisation . all diese
    grundlegenden demokratischen Freiheiten, in deren Namen die die AKP bei ihrer Wahl an die Regierung im Jahr 2002 vollmundig eingetreten ist, werden heute in der Türkei mehr denn je mit Füßen getreten. 8000 Festnahmen und 4000 Verhaftungen prokurdischer Politiker und Aktivisten seit dem Frühjahr 2009, darunter 15 Bürgermeister und zahlreiche Kommunalabgeordnete, sprechen eine eindeutige Sprache. Heute sind in der Türkei mehr Journalisten und Schriftsteller inhaftiert als in jedem anderen Land der Erde. Abweichende Meinungen, Kritik an der AKP-Regierung und der hinter ihr stehenden Gülen-Cemaat wird verfolgt, Kritiker unter absurden konstruierten Vorwürfen eingesperrt. nter Ihrer Regierung wurde die Türkei erneut – wie unter der 12.September-Junta – in ein Land der Kerker verwandelt.

    Sie haben mehrfach erklärt, der Ort für eine Lösung der kurdischen Frage sei das Parlament. Doch mit den Verhaftungen wird eine solche Lösung weiterhin
    verhindert. Sechs von 36 gewählten prokurdischen Parlamentariern des Blocks für Arbeit, Demokratie und Freiheit werden weiterhin in Haft gehalten, einem von ihnen – dem von 78.000 Menschen in Diyarbakir gewählten Hatip Dicle – wurde gar das Mandat geraubt. Nun wurde auch die bekannte Verfassungsrechtlerin und Dozentin der Marmara-Universität Büsra Ersanli verhaftet. Wie Ihnen bekannt sein müsste, ist Professorin Ersanli Vertreterin der BDP im Verfassungsausschuss des Parlaments. Ganz offensichtlich soll hier eine demokratische Partizipation der BDP an der Ausarbeitung einer neuen Verfassung gehindert werden. Nun sind also auch türkischstämmige Intellektuelle wie Ragip Zarakolu und Büsra Ersanli zu Feinden des AKP-Staates erklärt worden, weil sie für die Geschwisterlichkeit und Gleichberechtigung des türkischen und des kurdischen Volkes eintreten.

    Sie haben zuletzt am Montag bei ihrer Rede in Rize den im Rahmen der
    KCK-Operationen Verhafteten vorgeworfen, einen „parallelen Staat“ in der Türkei zu schaffen. Sie täuschen sich: Politische Opposition und die Wahl von
    Bürgermeistern und Abgeordneten, die nicht der AKP angehören, bedeutet nicht Schaffung eines Parallelstaates, sondern schlicht die Ausübung demokratischer Rechte. Den parallelen Staat schaffen in Wirklichkeit Ihre AKP und die dahinter stehende Gülen-Cemaat.

    Sie haben offensichtlich nichts aus dem Schicksal der alten Militärs und
    Kemalisten gelernt, die mit einem ebenso totalitären Anspruch eines
    einheitlichen unteilbaren türkischen Staates gescheitert sind. Auch Ihre
    totalitären Machtträume werden an der Realität der Türkei scheitern, die eben
    nicht nur aus dem Türkentum besteht, sondern aus einer Vielfalt von Ethnien,
    Sprachen, Religionen, Kulturen und politischen Auffassungen. Sie sollten darin keine Gefahr, sondern einen Reichtum sehen.

    Stoppen Sie die Massenverhaftungen von prokurdischen Politikerinnen und
    Politikern und zivilgesellschaftlichen Akteuren! Geben Sie dem gesellschaftlichen Frieden eine Chance!

    Mit freundlichen Grüßen,

    Ulla Jelpke, MdB DIE LINKE

    —-
    Ulla Jelpke, MdB
    Innenpolitische Sprecherin
    Fraktion DIE LINKE.

    Platz der Republik 1
    11011 Berlin

    Kommentar: Wolfgang Huste – 08. November 2011 @ 17:03

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