Wolfgang Huste Polit- Blog

Bericht zur aktuellen pflegepolitischen Lage

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Am Sonntag, den 6. November 2011 einigten sich die Koalitionsspitzen von CDU, CSU und FDP auf den Rahmen einer „Pflegereform“. Was dabei herauskam, ist nicht nur der kleinste gemeinsame Nenner, sondern gänzlich untauglich für eine wirklich umfassende Pflegereform. Fakt ist, dass mit diesen Vereinbarungen einzig der schwarz-gelbe Koalitionsfrieden gewahrt werden sollte, und selbst das ist nicht mal vollends gelungen. Schwarz-Gelb hat einen völlig unzureichenden Fahrplan für eine Pflegereform entwickelt, welche sich dieses Namens nicht als würdig erweisen wird. Im Prinzip bleiben mehr Fragen offen, als tatsächlich Probleme angegangen werden. Parallel dazu wird in arroganter Art und Weise das Tor zur Privatisierung der Pflege aufgestoßen.

Die Beschlüsse umfassen im wesentlichen folgende Punkte:

1. Beitragserhöhung in der Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte ab 2013.

2. Einführung einer freiwilligen privaten Pflegezusatzversicherung, gefördert durch Steuerzuschüsse, angelehnt an das Prinzip der Riester-Rente.

3. Wiedereinsetzung des ehemaligen „Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs“, um Umsetzungsdetails bis 2013 zu erarbeiten.

Dass mit den Mehreinnahmen von rund 1 Mrd. Euro Leistungen für Menschen mit Demenz ausgebaut werden sollen, scheint auf den ersten Blick vernünftig zu sein. Wofür genau das Geld ausgegeben werden soll, bleibt jedoch ungeklärt. Seit zwei Jahren liegen der neue Pflegebegriff und ein geeignetes Umsetzungskonzept vor. Damit könnten nicht nur Menschen mit Demenz und eingeschränkter Alltagskompetenz endlich umfassend und angemessen von Leistungen der Pflegeversicherung profitieren, sondern auch Kinder bei Pflegebedarfen angemessen berücksichtigt werden. Schwarz-Gelb ist offenbar nicht fähig, die bereits vorliegenden Konzepte umzusetzen. Dafür spricht, dass die Bundesregierung augenscheinlich nicht bereit ist, entsprechend Geld in die Hand zu nehmen. Für eine realistische Umsetzung, die ohne Leitungskürzungen auskommt, wären mindestens 4 Mrd. Euro notwendig. Diese könnten auch erbracht werden, wenn endlich das unsinnige und ungerechte Nebeneinander von privater und sozialer Pflegeversicherung beendet würde und neben dem Erwerbseinkommen weitere Einkommensarten angemessen Berücksichtigung finden. Doch einer solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung verweigert sich die die christlich-liberale Koalition konsequent. Die Wiedereinsetzung des Beirats ist dabei nicht mehr als bloße Hinhaltetaktik und verschiebt die dringend benötigte Umsetzung des neuen Pflegebegriffs auf die nächste Wahlperiode.

Die freiwillige Zusatzvorsorge nach dem Riesterprinzip ist der Einstieg in die private kapitalgedeckte Vorsorge. Zwar ist die verpflichtende Pflegezusatzversicherung vorerst vom Tisch, aber die Wirkung bleibt die gleiche. Pflege wird privatisiert und damit abhängiger vom eigenen Geldbeutel. Die Grundlage der umlagefinanzierten sozialen Pflegeversicherung wird aufgebrochen, anstatt sie weiterzuentwickeln. Dass starke Schultern mehr tragen sollten, als schwache, ist für die Bundesregierung kein erhaltenswertes Prinzip. Jeder soll für sich und die zukünftige Pflege allein sparen, wenn auch fürs erste freiwillig. Befürchtet werden muss, dass der Riesterrentenbetrug fortgesetzt wird. Es droht ein weiteres Kapitel von milliardenschwerer Umverteilung von unten nach oben. Versicherten droht ein weiteres Mal, über den Tisch gezogen zu werden, zugunsten von Versicherungen und Banken, die nahezu kein Risiko tragen werden. Subventionierte kapitalgedeckte Vorsorge, ob nun auf freiwilliger Basis oder verpflichtend, ist für die Finanzierung der Pflege gänzlich ungeeignet und aufgrund der Risiken auch gefährlich.

Quelle: www.senger-schaefer.de

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 10. November 2011 um 10:30 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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