Wolfgang Huste Polit- Blog

Alles nach Plan. Vermögenskluft wächst weiter. Von Rainer Balcerowiok

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Überraschungen enthielt er nicht, der Verteilungsbericht des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Er reiht sich ein in die Vielzahl offizieller und halboffieller Studien, die Jahr für Jahr belegen, daß sich die Einkommens- und Vermögensschere in Deutschland immer rasanter öffnet. Während die Realeinkünfte abhängig Beschäftigter und der Anteil der Löhne am Volkseinkommen in den vergangenen zehn Jahren drastisch gesunken sind, steigen quasi spiegelbildlich die Unternehmensgewinne und der Anteil der Vermögenseinkünfte. Während 27 Prozent aller Deutschen keinerlei Vermögen besitzen oder gar verschuldet sind, besitzt allein das reichste Prozent fast ein Viertel des Nettovermögens, welches bei rund 6,6 Billionen Euro liegt. Von der vielbeschworenen »Kapitalvernichtung« durch die Finanzkrise 2008/2009 ist dabei wenig zu spüren. Im Gegenteil. Nach einer Delle ging es wieder steil nach oben, und aktuell liegen beispielsweise die privaten Geldvermögen deutlich über dem Stand des Vorkrisenjahres 2007.

Diese im europäischen und OECD-Vergleich einmalige Einkommens- und Vermögensentwicklung war und ist politisch gewollt. Seit dem Amtsantritt der ersten »rot-grünen« Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder wurden die steuerlichen Rahmenbedingungen radikal umgekrempelt, um eine größere Vermögensspreizung zu schaffen. Parallel dazu wurde durch die umfangreiche Förderung von Niedriglohnsektoren und prekärer Beschäftigung der Druck auf das Vergütungsniveau regulärer Arbeitsverhältnisse erhöht.

Jahrelang ließen sich die Gewerkschaften, die diese Entwicklung jetzt lauthals beklagen, von wenigen Ausnahmen abgesehen in die Kapitalstrategie zur »Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit« einbinden. Nahezu widerstandslos wurden Privatisierungen in Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge und die Erosion der Tarifbindung hingenommen. Zwar gelang es einer Art konzertierten Aktion aus Regierung, Unternehmen und Gewerkschaften, weitere soziale Verwerfungen im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise mit dem Einsatz erheblicher finanzieller Mittel zur Arbeitsplatzsicherung zu verhindern, doch die längst tickende Zeitbombe »Wettbewerbsfähigkeit« wurde damit nicht entschärft. Denn die Volkswirtschaften jener Länder, die sich jetzt im Würgegriff der Finanzspekulanten befinden, wurden durch die dort realisierten Reallohnsteigerungen zwangsläufig immer »unproduktiver«.

Die Mischung aus binnenwirtschaftlicher Austeritätspolitik und Fixierung auf immer wahnwitzigere Exportüberschüsse könnte dem deutschen Kapital jedenfalls gehörig um die Ohren fliegen und auch die gescheffelten Vermögen gefährden. Deutschland wird, ob es will oder nicht, für die teilweise von ihm verursachten ökonomischen Verwüstungen in der Euro-Zone aufkommen müssen. Doch die Zeche sollen natürlich erneut diejenigen zahlen, die bei der Vermögensverteilung schon jetzt auf der Schattenseite stehen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 25.11.11

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 24. November 2011 um 14:09 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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