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Illustrer Gast der NPD. Karl-Heinz-Hoffmann wurde als Drahtzieher des Terroranschlags auf das Münchner Oktoberfest 1980 verdächtigt. Am Samstag spricht er darüber in Leipzig. Von Claudia Wangerin

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Gleich zwei Demonstrationen soll es am Samstag in Leipzig gegen einen Vortrag des früheren Wehrsportgruppenchefs Karl-Heinz Hoffmann geben. Die Veranstaltung des 74jährigen, der nach dem Münchner Oktoberfest-Attentat 1980 als Hintermann verdächtigt wurde, soll ab 17 Uhr im Leipziger NPD-Zentrum in der Odermannstraße stattfinden. Der Referent selbst lehnt die Bezeichnung »Neonazi« ab und droht mitunter sogar, dies als Beleidigung anzuzeigen. Er würde auch vor einem anderen Publikum auftreten, erhält aber vor allem Einladungen aus dem rechtsextremen Spektrum. Während dieses wohl erheblich vom alten Mythos der Wehrsportgruppe Hoffmann angezogen wird, sehen antifaschistische Initiativen in der Veranstaltung am Samstag eine »widerliche Provokation«, so die Sprecherin der Kampagne »Fence Off«, die eine der Gegendemonstrationen organisiert. Die Neonaziszene stelle damit »ihre Begeisterung für den Nationalsozialismus, den Rechtsterrorismus und das Töten von Menschen zur Schau.«

Hoffmann selbst beteuert nicht nur seine Unschuld am Bombenanschlag auf das Oktoberfest, bei dem am 26. September 1980 insgesamt 13 Menschen starben, und verurteilt ihn, sondern widerspricht auch der staatsoffiziellen Einzeltätertheorie. Der mutmaßliche Attentäter Gundolf Köhler kam bei dem Anschlag selbst ums Leben und hatte vor 1980 zumindest an einzelnen Übungen der Wehrsportgruppe (WSG) teilgenommen. Hoffmann beschreibt die Bekanntschaft als flüchtig. Den Akten meint er entnehmen zu können, daß Köhler bis heute zu Unrecht als Attentäter gilt, weil ein persönliches Motiv nicht erkennbar sei. Die Leiche des mutmaßlichen Bombenlegers wurde seinerzeit so verstümmelt aufgefunden, daß er nur anhand eines mitgeführten Ausweises identifiziert werden konnte. Der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Straß hatte zunächst linke Kreise beschuldigt.

In einem Interview, das in diesem Herbst kurz nach dem 31. Jahrestag des Attentats im NPD-Zentralorgan Deutsche Stimme erschien, verwies Hoffmann auf »Spuren, die in den eigenen Apparat des Establishments hineindeuten«. Dies wird auch von vielen seiner politischen Gegner nicht bestritten, sondern führt seit Jahrzehnten immer wieder zu Appellen für ein neues Ermittlungsverfahren. Als Angehörige von Todesopfern die Asservate mit neuen kriminaltechnischen Methoden untersuchen lassen wollten, wurde ihrem Anwalt mitgeteilt, das gesamte Spurenmaterial sei 1997 vernichtet worden.

Zum Zeitpunkt des Anschlags vor 31 Jahren war die WSG seit acht Monaten verboten. Hoffmann durfte laut Verbotsverfügung keinen Einfluß mehr auf die bisherigen Mitglieder ausüben – folglich wollte er für deren Tun auch keine Verantwortung mehr übernehmen: Man habe ihm »die Kontrolle über diesen Personenkreis bei Strafandrohung versagt«, erklärte er in einem Spiegel-Gespräch Ende 1980. Deshalb könnte man ihm später nicht vorhalten, »wenn in diesem Personenkreis irgendwas Strafbares gefunden wird.« Heute gibt er sich dagegen überzeugt, daß niemand aus diesem Kreis etwas mit dem Anschlag zu tun gehabt hätte. Über 400 Personen sollen es zuletzt gewesen sein – vor allem junge Männer; darunter auch V-Leute des Verfassungsschutzes. Einer von ihnen soll nach dem Attentat durch prahlerische Selbstbezichtigungen aufgefallen sein.

Soweit es Hoffmann selbst durch Aufzeichnung seiner Vorträge dokumentiert, rät er heute von der Neugründung solcher Wehrsportgruppen ab, weil daraus »viel Unglück« erwachsen sei. So Hoffmann bei einem Vortrag im Herbst 2010 in Westsachsen, nach dem vier Zuhörer festgenommen wurden, weil sie am Telefon über »C4«-Sprengstoff geredet haben sollen – laut Hoffmann eine Falle des Verfassungsschutzes. Im besagten Deutsche-Stimme-Interview sagte der Ex-WSG-Chef, er habe sein Buch »Die Oktoberfest-Legende« vor allem deshalb nicht früher veröffentlicht, weil er »noch ein bißchen am Leben bleiben« wollte.

Separat zur Kampagne »Fence Off« will am Samstag der Verein Erich-Zeigner-Haus e.V. mit Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) gegen den Vortrag demonstrieren.

Quelle: www.jungewelt.de vom 25.11.11I

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 25. November 2011 um 17:27 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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