Wolfgang Huste Polit- Blog

Arm stirbt früh. Von Ralf Wurzbacher

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Mit Niedriglöhnen stirbt es sich früher in Deutschland. Nach Auskunft der Bundesregierung ist die Lebenserwartung von Menschen mit geringen Einkünften binnen eines Jahrzehnts wider den allgemeinen Trend um zwei Jahre zurückgegangen. Lag diese zum Jahrtausendwechsel noch bei im Schnitt 77,5 Jahren, waren es 2010 nur mehr 75,5 Jahre. Dies geht aus der Antwort auf eine große Anfrage des rentenpolitischen Sprechers der Bundestagfraktion Die Linke, Matthias Birkwald, hervor. Das von der Regierung präsentierte Zahlenwerk bietet zudem neuen Argumentationsstoff gegen die Rente mit 67, deren schrittweise Umsetzung am 1. Januar 2012 losgeht. Demnach hat die Zahl der über 60jährigen in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis nur minimal zugelegt.

Die Situation Älterer auf dem Arbeitsmarkt sei »weiterhin niederschmetternd schlecht«, resümierte Birkwald in einer schriftlichen Stellungnahme vom Montag. Gerade einmal 9,3 Prozent aller 64jährigen und nur 5,5 Prozent der 64jährigen Frauen seien zum Stichtag 31. März 2011 einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen. Von allen 60- bis 64jährigen standen zu diesem Zeitpunkt 26,4 Prozent irgendwie in Lohn und Brot, im Vorjahr waren es lediglich 1,5 Prozent weniger. Vollzeit arbeiteten davon nur 18,7 Prozent. Ein kräftiger Beschäftigungsschub im Alter, der aus Sicht der Regierung unter anderem ein höheres Renteneintrittsalter rechtfertigen soll, ist also weiterhin nicht in Sicht. »Die Rente mit 67 ist nach wie vor nichts anderes als ein gigantisches Rentenkürzungsprogramm, das Geringverdiener und Menschen, die körperlich schwer arbeiten müssen, besonders hart trifft«, beklagte der Linke-Politiker.

Tatsächlich haben Betroffene im Alter künftig nicht nur weniger zum Dasein, sie leben auch kürzer. Besonders ausgeprägt ist der Zusammenhang von materieller Armut und frühem Tod in Ostdeutschland. Hier ist die Lebenserwartung ehemals prekär Beschäftigter, also solcher, die bei mindestens 35 Versicherungsjahren weniger als drei Viertel des Durchschnittseinkommens bezogen, in der zurückliegenden Dekade von 77,9 auf 74,1 Jahre gesunken – ein Minus von 3,8 Jahren. Bezogen auf alle sogenannten langjährig Versicherten beträgt die Lebenserwartung knapp über 80 Jahre. Laut Statistischem Bundesamt können die heute 65jährigen Männer im Mittel mit rund 17 und Frauen mit über 20 weiteren Lebensjahren rechnen. Männer mit hohem Einkommen leben heute rund anderthalb Jahre länger als 2001. Damit greift zumindest für die hierzulande stetig wachsende Zahl der Geringverdiener auch die Formel nicht, wonach eine längere Rentenbezugsdauer einen späteren Renteneintritt unumgänglich mache.

Mit »Erschrecken« hat der Sozial­verband VdK Deutschland auf die Veröffentlichung reagiert. »Schlechte Arbeitsbedingungen und Niedriglohn machen krank, verursachen Altersarmut und lassen Menschen früher sterben«, äußerte sich deren Präsidentin Ulrike Mascher gestern in einer Medienmitteilung. Auch sie fordert die politisch Verantwortlichen auf, die Rente mit 67 zu stoppen. Wer künftig nicht solange arbeiten könne, müsse für zwei Jahre vorzeitigen Rentenbeginn Abschläge von 7,2 Prozent in Kauf nehmen, rechnete die Verbandschefin vor und warnte vor einem steigenden Risiko für Altersarmut. Birkwald hat für den kommenden Donnerstag einen Antrag seiner Fraktion im Bundestag angekündigt, der auf eine Rücknahme der Rente mit 67 »ohne Wenn und Aber« zielt.

Quelle: www.jungewelt.de vom 13.12.11

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 13. Dezember 2011 um 12:33 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Man möchte doch fast glauben das die Verantwortlichen
    dieses Elends nicht wirklich traurig sind,falls wir wieder
    früher sterben,nicht wahr?
    Damit ließe sich so manches ihrer von ihnen verursachten
    Probleme lösen.

    Comment: carola Hammelmann – 13. Dezember 2011 @ 12:45

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