Wolfgang Huste Polit- Blog

Solidarität mit Widerstand gegen Großprojekt in Norditalien

Mittwoch, 29. Februar 2012 von Huste

Der Arbeitskreis »Stuttgart 21 ist überall« gehört zur »europäischen Vernetzung von Widerstandsgruppen gegen unnütze Großprojekte«. Am Wochenende war er mit einer fünfköpfigen Delegation im Susatal im Piemont in Norditalien und nahm an der mit über 75000 Protestierenden bisher größten »NO TAV«- Demonstration gegen den Bau einer Hochgeschwindigkeitstrasse Lyon–Turin teil. Am Mittwoch verbreitete der Stuttgarter AK eine Solidaritätserklärung:

Am vergangenen Montag, 27. Februar 2012, räumte die italienische Polizei in den frühen Morgenstunden die Mahnwache an der Baustelle Clarea der Protestbewegung NO TAV, die seit über 22 Jahren gegen eine Hochgeschwindigkeitsstrecke im Susatal in Norditalien Widerstand leistet. Durch das Susatal ist die Hochgeschwindigkeitsstrecke Lyon–Turin geplant. Sie ist Teil der Südalpen-Magistrale des TIN (Transeuropäisches Netz) und hat ein Investitionsvolumen von ca. 20 Milliarden Euro. Die bereits bestehende Strecke soll dabei nicht mehr genutzt werden und eine völlig neue Trasse entstehen. Zur Realisierung der Hochgeschwindigkeitsstrecke sollen Tunnel u.a. durch asbest- und uranhaltiges Gestein gebohrt werden und der Aushub im Tal verbleiben. Die Natur- und Kulturlandschaft des Susatals wäre damit unwiderbringlich zerstört. Zudem wird es bei diesem unnützen Großprojekt zu großflächigen Versiegelungen kommen.

Bei diesem Projekt wurden ebenfalls die Fahrgastzahlen und Streckenauslastungen künstlich in die Höhe getrieben und schöngerechnet. Die Bevölkerung wurde nie in die Entscheidungsprozesse eingebunden. Bei Demonstrationen gegen die Hochgeschwindigkeitsstrecke kam es bereits im Dezember 2005 in Venaus und im Juli 2011 an der Clarea und Chiomonte zu massiven Polizeieinsätzen mit viel Gewalt, Tränengas und sogar CS-Gas-Einsätzen gegen die Bevölkerung. Auch wird die Widerstandsbewegung von NO TAV mit einer Kriminalisierungskampagne überzogen, und erst im Januar 2012 wurden landesweit 32 NO-TAV-Aktivisten verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Die Presse wird auch hier als Instrument zur Einschüchterung und Abschreckung eingesetzt und die NO-TAV-Bewegung pauschal verunglimpft und denunziert. Erst vergangene Woche war in der Zeitung La Stampa zu lesen, daß die Bewegung im »Visier der Polizeibehörden steht, da sie zum Habitat für Neoterroristen geworden ist«. Auch sollen Wasserwerfer mit Reizmittelzusätzen zum Einsatz kommen gegen den »Black Block der anarcho-antagonistischen Szene, die zum Töten bereit sei«.

Wir verurteilen den Polizeieinsatz aufs schärfste und drücken den Aktivistinnen und Aktivisten von NO TAV unsere Solidarität aus. Unser besonderes Mitgefühl und Genesungswünsche gelten dem schwerverletzten Aktivisten Luca Abba, der bei einem Fluchtkletterversuch an eine Stromleitung gelangte und aufgrund seiner schweren Verbrennungen in ein künstliches Koma versetzt werden mußte.

Wie in Stuttgart dient auch dieses Projekt im Susatal nicht den Nutzern der Eisenbahn, sondern allein den Macht- und Kapitalinteressen einzelner aus der Finanz- und Bauwirtschaft. Die Interessen der dort lebenden Bevölkerung werden wie in Stuttgart auch bei diesem unnützen Großprojekt übergangen, und Alternativen wurden bewußt ignoriert. Die Baustelle wurde bereits zur »Nationalen Baustelle« erklärt, was zur Folge hat, daß sie offiziell militärisch gesichert und bewacht wird. (…).

Quelle: www.jungewelt.de vom 01.03.12

Böse Erinnerung Belgien: Ausstand bei VW-Zulieferer Meister Benelux vorerst beendet. Arbeiter von deutscher »Privatmiliz« angegriffen, Von Herwig Lerouge, Lüttich

Mittwoch, 29. Februar 2012 von Huste

Beim belgischen Autozulieferer Meister Benelux, der unter anderem für den deutschen VW-Konzern arbeitet, laufen seit dem gestrigen Mittwoch morgen wieder die Bänder. Ein unabhängiger Krisenmanager sollte dazu alle Befugnisse erhalten, um die Produktion in dem Werk nach einem mehrtägigen Streik wieder aufzunehmen. Darauf hatten sich die Unternehmensleitung und die Gewerkschaften am Dienstag abend geeinigt.

Eine Woche lang hatten zuvor die Beschäftigten des Werks in Sprimont nahe Lüttich der Unternehmensleitung einen harten Arbeitskampf geliefert, um gegen die geplante Verlagerung wichtiger Aufträge nach Tschechien zu protestieren. Als die Verhandlungen mit der von deutschen Managern geführten Direktion ergebnislos blieben, begannen die Streikenden, das Werk zu blockieren.

Am Sonntag nachmittag dann die Eskalation. Eine zwanzigköpfige Gruppe, die offenbar aus Deutschland stammte, attackierte Gewerkschaftsangaben zufolge die Streikposten. Die ganz in Schwarz gekleideten und mit Sturmhauben maskierten Männer waren mit Schlagstöcken, Baseballschlägern und Tränengas bewaffnet. Offensichtlich sollten sie im Auftrag der Geschäftsführung Anlagen vom Betriebsgelände abtransportieren. Dabei prügelten sie auf die Arbeiter ein und zerstörten Aufenthaltsräume und Computeranlagen. Zudem nahmen sie einigen der Streikenden deren Handys weg, damit sie keine Hilfe rufen konnten, und sperrten sie in einen Raum ein. Einigen der Gefangenen gelang es jedoch trotzdem, Unterstützer zu alarmieren. Rund 200 Gewerkschafter eilten ihren Kollegen zu Hilfe und setzten die Angreifer fest. Erst in der Nacht zum Montag konnte die Polizei diese vom Gelände und an die deutsche Grenze bringen.

Das Vorgehen der Beamten wird von den Gewerkschaften scharf kritisiert. Die Polizei sei zwar schnell vor Ort gewesen, habe die Angreifer jedoch nicht entwaffnet und festgenommen. Von einem Arbeiter, der geschlagen worden war und Anzeige erstatten wollte, verlangten die Beamten, selbst die Identität seines Angreifers herauszufinden. Die Anzeige wurde nur gegen »unbekannt« aufgenommen. Offenbar hatten die Polizisten darauf verzichtet, die Identität der Schläger festzustellen. »Die Leute, die uns angegriffen haben, wurden von der Polizei beschützt«, kritisierte deshalb der sozialistische Gewerkschafter Jean-Luc Noirfalise. Ihn empört auch, daß die Bande ohne weiteres das Land habe verlassen können.

Die wallonischen Gewerkschaften haben Klage gegen die Gewalttäter eingereicht. »Das Agieren privater Schlägertruppen ruft Erinnerungen an eine düstere Epoche in der euro­päischen Geschichte wach«, zog der Vorsitzende der sozialistischen Metallarbeitergewerkschaft in Lüttich, Francis Gomez, Parallelen zur Zeit der deutschen Besetzung Belgiens im Zweiten Weltkrieg. Auch Innenministerin Joëlle Milquet und Arbeitsministerin Monica De Coninck verurteilten den Angriff. Sie gehe von einem Verstoß gegen die »Grundprinzipien unseres Rechtsstaates« aus, sagte De Coninck. »Die Personen, die von verschiedenen Zeugen als ›Privatmiliz‹ beschrieben wurden, und die Gewalt, mit der sie offenbar aufgetreten sind, erinnern an eine längst vergangene Zeit.«

Die linke Partei der Arbeit Belgiens (PTB) forderte, das noch aus dem Jahr 1934 stammende Gesetz gegen Privatmilizen auf die Angreifer anzuwenden. Dieses sieht Haftstrafen von bis zu einem Jahr für die Gründung einer Organisation vor, deren Ziel es ist, Gewalt anzuwenden oder »Aktionen des Militärs und der Polizei zu ersetzen oder zu ergänzen«. Das Tragen von »für die öffentliche Sicherheit gefährlichen Gegenständen« bei einer öffentlichen Veranstaltung kann mit bis zu sechs Monaten Gefängnis bestraft werden. Zugleich warnte die PTB vor Reaktionen gegen »die Deutschen«. Diese seien zwar verständlich, aber gefährlich, da sie davon ablenken, daß der eigentliche Gegner die immer dreister über Grenzen hinweg agierende Kapitalistenklasse sei. Der Angriff vom Wochenende stehe im Zusammenhang mit dem Schüren eines gewerkschaftsfeindlichen Klimas in Belgien. Damit reagierten die Unternehmer auf den Ende Januar erfolgreich durchgeführten Generalstreik gegen das Kürzungspaket der Regierung (jW berichtete).

Quelle: www.jungewelt.de vom 01.03.12

Unterschätztes Risiko. Studie: Schwere Reaktorunfälle sind wahrscheinlicher als bisher angenommen, Von Claudia Wangerin

Mittwoch, 29. Februar 2012 von Huste

Die Wahrscheinlichkeit schwerer Reaktorunfälle wird durch die gängigen Risikoanalysen heruntergespielt. Zu diesem Ergebnis kam eine aktuelle Studie im Auftrag von Greenpeace, die von der Umweltschutzorganisation am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Das Beraterbüro »cervus nuclear consulting« hatte sich in der Studie mit den Mängeln in der sogenannten »Probabilistischen Risiko-Analyse« (PRA) befaßt, die unter anderem für die Ermittlung von Unfallwahrscheinlichkeiten verwendet wird.

Atomkraftwerke dürfen in Deutschland nur betrieben werden, weil das Risiko eines Kernschmelzunfalls als extrem gering eingestuft wird, betont Greenpeace-Experte Heinz Smital. Die »Deutsche Risikostudie Kernkraftwerke« (DRS) von 1979 ging von einem derartigen Ereignis in 10000 fiktiven Betriebsjahren aus. Umgerechnet auf inzwischen über 400 Reaktorblöcke weltweit könnte es demnach schon alle 25 Jahre dazu kommen. Es gebe zwar Nachrüstprogramme, mit denen die Sicherheit um den Faktor zehn erhöht werden sollte, sagt der Physiker Heinz Smital, verweist aber darauf, daß sich in knapp über 30 Jahren tatsächlich fünf Kernschmelzunfälle ereignet hätten. Angefangen beim Reaktorunglück von Three Mile Island bei Harrisburg 1979 über die Atomkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl 1986 bis zur Dreifach-Kernschmelze nach dem schweren Erdbeben im japanischen Fukushima 2011. Eine solche Häufung könne zwar auch zufällig vorkommen, so Smital: »Es kann theoretisch auch zehnmal hintereinander ein Sechser gewürfelt werden.« Das aber sei extrem unwahrscheinlich.

Die tatsächliche Häufigkeit schwerer Unfälle könne durch die gängigen Wahrscheinlichkeitsanalysen nicht errechnet werden, da entscheidende Unfallpfade darin nicht abgebildet würden. Zu den nicht oder zu wenig berücksichtigten Faktoren gehören laut Dr. Helmut Hirsch von »cervus nuclear consulting« eine »schlechte Sicherheitskultur«, zu deutsch: »wenn geschlampt wird«, sowie unvorhergesehene Einwirkungen von außen oder Probleme an der Schnittstelle von Anlagen- und Bautechnik oder das Zusammenwirken verschiedener Umstände. Mehrfachausfälle von Sicherheitssystemen und Alterungsvorgänge in Atomkraftwerken sowie komplexes menschliches Fehlverhalten würden in der PRA nur unvollständig berücksichtigt. Mathematisch sei es zudem unmöglich, Terror- und Sabotagehandlungen in eine PRA zu einzubeziehen.

Fünf Beispiele von Störfällen in westlichen Reaktoren listet die Greenpeace-Studie auf, um die systematische Unterschätzung des atomaren Risikos zu belegen, darunter zwei in Deutschland: Die Wasserstoffexplosion im Kernkraftwerk Brunsbüttel 2001 und die durch nachlässig montierte Dübel ausgelöste Störung im Frischdampfsystem in Biblis 2006. Im gleichen Jahr hatte es im schwedischen AKW Forsmark einen Kurzschluß durch menschliches Fehlverhalten gegeben.

In Davis Besse im US-Bundesstaat Ohio war 2002 eine Borsäurekorrosion am Reaktordruckbehälterdeckel entdeckt worden – ein klassisches Beispiel für die Risiken des Zusammenspiels von Materialschwächen und über längere Zeit nachlässig durchgeführten Kontrollen. Im französischen AKW Cruas hatten schließlich 2009 Wasserpflanzen die Einlaufbauwerke verstopft, nachdem starke Regenfälle den Wasserstand der Rhone angehoben hatten. Dadurch fiel zeitweise die Kühlwasserversorgung in Block 4 aus, in den Blöcken 2 und 3 kam es zu Teil­ausfällen – ein klassisches Beispiel für unvorhergesehene Einwirkungen von außen.

Die Durchführung von Risikostu­dien sei zwar grundsätzlich sinnvoll, so das Fazit der von Greenpeace beauftragten Wissenschaftler. Es sei aber unzulässig, unter Berufung auf probabilistische Risiko-Analysen Unfälle in Kernkraftwerken praktisch auszuschließen. Greenpeace fordert daher einen schnelleren Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland, und zwar bis 2015. Auch im Ausland müsse die Bundesregierung auf ein Ende der Atomkraft dringen, betont die Organisation.

Quelle: www.jungewelt.de vom 01.03.12

Cannabisanbau statt Oliven

Mittwoch, 29. Februar 2012 von Huste

Barcelona (dpa) – Der Anbau von Cannabis anstelle von Oliven soll
ein Dorf im Nordosten Spaniens aus der Krise führen. Die
900-Seelen-Gemeinde Rasquera in der Provinz Tarragona will einer
privaten Initiative aus Barcelona Felder verpachten, damit dort
Cannabis für den Eigenbedarf angebaut wird. Aus der Hanf-Pflanze
können die Drogen Marihuana und Haschisch hergestellt werden.

Bürgermeister Bernat Pellissa geht nach Medienberichten vom
Mittwoch davon aus, dass das Vorhaben legal sei. Der Cannabis-Anbau
im privaten Rahmen für den Eigenbedarf sei nicht verboten, betonte
der Gemeindevorsteher, der der Republikanischen Linken Kataloniens
(ERC) angehört. Das Dorf erhoffe sich davon die Schaffung neuer
Arbeitsplätze und einen Abbau seines Schuldenbergs von 1,3 Millionen
Euro.

Quelle: DPA vom 29.02.12

Ökologie plus Rechtsextremismus

Mittwoch, 29. Februar 2012 von Huste

Berlin. Eine Studie der grünen Böll-Stiftung zeigt, wie Neonazis ökologische Themen besetzen, um ihre rassistische Ideologie zu verbreiten. Die im März erscheinende Broschüre »Braune Ökologen« analysiert. wie Rechtsextremisten vor allem aus der NPD, aber auch bekannte Personen wie der 2003 verstorbene Baldur Springmann, Mitbegründer der Grünen, rechtes Gedankengut mit ökologischen Themen verbunden haben und dabei erfolgreich sind. Im Internet ist der Text bereits abrufbar: www.boell.de.

Quelle: www.jungewelt.de vom 29.02.12

Antifaschist in Berlin verurteilt. Widerstand gegen Neonazis erneut kriminalisiert. Von Kerem Schamberger

Mittwoch, 29. Februar 2012 von Huste

Für einen Stoß in die Luft mit einer Fahnenstange ist ein Antifaschist am Dienstag vom Amtsgericht Berlin zu einer Geldstrafe von 250 Euro verurteilt worden. Tekin A. soll versucht haben, damit einen in einem Lautsprecherwagen sitzenden Neonazi zu stoßen.

Im Mai 2011 hatten Antifaschisten einen Neonaziaufmarsch durch die Berliner Bezirke Kreuzberg und Neukölln erfolgreich blockiert: Der Aufzug mußte abgebrochen werden. Zuvor hatten Rechte jedoch am Boden sitzende Gegendemonstranten und Menschen angegriffen, die sie für Migranten hielten. Mehrere Personen mußten danach ärztlich behandelt werden. Die Polizei war nur sehr zögerlich eingeschritten.

Als die Neonazis bereits auf dem Rückzug waren, hatten mehrere hundert Gegendemonstranten deren Lautsprecherwagen umzingelt und am Weiterfahren gehindert. Dabei soll es zu der Attacke mit der Fahnenstange gekommen sein. Der Kläger Joseph H., der seit August 2011 eine Haftstrafe wegen Körperverletzung verbüßt, gab vor Gericht an, er sei nicht getroffen worden. Auch der Zeuge Uwe D., Fahrer des Lautsprecherwagens und früher Mitglied der 2009 verbotenen sogenannten Kameradschaft »Frontbann 24«, konnte sich an keine Bedrohung durch die Stange erinnern. Er gab in seiner Aussage gegenüber der Polizei zudem an, ein »Müsli-Fresser« mit lockigem Haar habe zugestoßen. Der Angeklagte jedoch hat kurze schwarze Haare. Trotz dieses und anderer Widersprüche in den Zeugenaussagen sah die Richterin die Schuld des Angeklagten als erwiesen an. Die 250 Euro Strafe soll er einem gemeinnützigen Verein spenden.

Der Verurteilte begründete in einer politischen Erklärung sein Motiv, gegen rechte Aufmärsche zu demonstrieren. In Deutschland, wo in der Zeit des Faschismus Millionen von Menschen ermordet worden seien, sei es die Pflicht eines jeden Demokraten, Neonazis entgegenzutreten. Alle faschistischen Organisationen wie zum Beispiel die NPD gehörten verboten. Zur Sache selbst äußerte er sich nicht. Zur Unterstützung des Angeklagten waren mehr als 30 Antifaschisten zur Verhandlung erschienen. Dies führte dazu, daß sechs Neonazis, die dem Prozeß beobachten wollten, keinen Platz mehr fanden.

Quelle: www.jungwelt.de vom 29.02.12

Alarm an Airports. Von Mirko Knoche und Johannes Schulten

Mittwoch, 29. Februar 2012 von Huste

Der Arbeitskampf am Frankfurter Flughafen eskaliert. Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) hat die Fluglotsen am Airport für den heutigen Mittwoch morgen von fünf bis elf Uhr zu einem Solidaritätsstreik mit den Beschäftigten auf dem Vorfeld aufgerufen. Der Betreiber Fraport und die Lufthansa wollten das am gestrigen Dienstag mit einem Eilantrag beim Frankfurter Arbeitsgericht verhindern. Die Verhandlung begann um 18 Uhr (nach jW-Redaktionsschluß). Die Unternehmen argumentieren, die Schäden für die Fluglinien und die Passagiere seien zu hoch.

Fraport hatte mit Streikbrechern bislang rund 80 Prozent der geplanten Flüge abwickeln können. Weil dadurch der Erfolg das Vorfeldausstands erheblich gefährdet worden sei, dürfe die Gewerkschaft die scharfe Waffe des Fluglotsenstreiks benutzen, entgegnete der Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler gegenüber junge Welt. So habe Fraport für den Streikbruch Leute eingesetzt, die für Vorfeldarbeiten gar nicht angestellt seien. Darauf antworte die GdF nun mit Arbeitsniederlegungen im benachbarten Frankfurter Tower, so Däubler. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft hingegen fordert sogar eine Dienstverpflichtung der Lotsen durch die Bundesregierung. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) lehnte das mit Verweis auf die Tarifautonomie gestern aber ab.

Währenddessen hat die klare Verurteilung des Vorfeldstreiks durch ver.di-Betriebsratsmitglieder und deren Beteiligung an der Organisation des Streikbruchs zu Unmutsbekundungen innerhalb der Dienstleistungsgewerkschaft geführt. So hat der Tarifausschuß von ver.di Südhessen den Vorfeldbeschäftigten in Frankfurt seine Solidarität bekundet. Von Funktionärsseite habe es für die Erklärung dagegen Schelte gegeben, berichteten die Südhessen.

Die Vorfeldbeschäftigten legen die Arbeit mit kurzen Unterbrechungen bereits seit zwei Wochen nieder. Sie fordern eine Angleichung ihrer Gehälter an das Niveau in München und Berlin innerhalb der nächsten vier Jahre. Einen entsprechenden Schlichterspruch des Hamburger Exbürgermeisters Ole von Beust (CDU) will Fraport nicht annehmen.

Auf Flugausfälle könnten sich auch die Berliner Flughäfen einstellen. »Es wird wahrscheinlich zu kurzfristigen Arbeitsniederlegungen kommen«, kündigte ver.di am Dienstag an. Ein Datum nannte die Gewerkschaft jedoch nicht. In den seit Ende des vergangenen Jahres laufenden Tarifverhandlungen mit dem Bodendienstleister GlobeGround Berlin hatte das Unternehmen am Samstag auf ein Ultimatum von ver.di reagiert und erstmals ein Angebot vorgelegt. Dessen Kernpunkte bezeichnet Verhandlungsführer Jens Gröger als »unzumutbar«. Die Gewerkschaft fordert unter anderem Lohnerhöhungen von vier Prozent für die knapp 1500 GlobeGround-Beschäftigten an den Standorten Tegel und Schönefeld. Das Unternehmen will dagegen die komplette Tarifstruktur verhandeln. GlobeGround fordert etwa eine Streichung der zusätzlich zum Urlaub bestehenden zehn Schichtausgleichstage. Dafür sei man bereit, die Einstiegsgehälter der unteren Lohngruppen um 18 Prozent anzuheben, hieß es in einer Mitteilung. Ver.di wollte diese Zahlen jedoch nicht bestätigen. Zwar habe das Unternehmen vorgeschlagen, die Einstiegsgehälter von aktuell 1449 auf 1500 Euro anzuheben. Gleichzeitig verlange es die Senkung der höchsten Lohnstufe von 2300 auf 1850 Euro, erläuterte Gröger. Der Gewerkschafter wies ausdrücklich darauf hin, daß die Verhandlungen noch nicht gescheitert seien. Mit einem verbesserten Angebot sei der Warnstreik »noch zu verhindern«, noch immer bestehe »Hoffnung«.

Quelle: www.jungewelt.de vom 29.02.11

Plädoyer zugunsten eines anderen Gesundheitssystems. Von Wolfgang Huste

Dienstag, 28. Februar 2012 von Huste

Das Gesundheitssystem in der BRD muss radikal (!) und schnellstens (!) zugunsten der Majorität geändert werden.

Eine Zwei- bzw. Dreiklassenmedizin darf es nicht mehr geben. Das bestehende Gesundheitssystem ist insgesamt betrachtet asozial (= antigesellschaftlich), bevorzugt primär die „BesserverdienerInnen“.

Aus meiner Sicht ist eine Kombination aus dem Schweizer Modell (Bürgerversicherung, in der auch UnternehmerInnen, BeamtInnen, Angestellte, PolitikerInnen und FreiberuflerInnen einzahlen) und dem niederländischen Modell (dort erhalten die Ärzte staatlicherseits ein Grundgehalt und, wenn sie gewisse Auflagen erfüllen,  eine entsprechende Zuzahlung) ein guter Lösungsansatz. Ein solches „Mischmodell“ würde ich noch wie folgt spezifizieren und ergänzen: Ärzte, die durch ein neutrales (!) Bewertungs- und Kontrollsystem nachweisbar (!) gute bis sehr gute Patientenbeurteilungen erhalten und ebenfalls nachweisbar (!) die Patienten schnell gesund machen, möglichst mit einem geringen Arzneimitteleinsatz, erhalten aus der Bürgerversicherung (= Solidarkasse) eine entsprechend definierte Sonderzahlung. Demnach wird das jetzige Gesundheitssystem komplett umgekehrt. Als Grundprinzip gilt dann:

Je schneller ein Patient gesundet, desto mehr Geld bekommt der entsprechende Arzt aus der Solidarkasse ausgezahlt. Selbstverständlich sollte man bei chronisch Kranken, bei Langzeitpatienten, anders verfahren.  Aus meiner Sicht dürfte es keine Privatärzte geben, und zwar aus ökonomischen und sozialen Gründen. Begründung am Beispiel des Zahnarztes: Der Patient ist für den Arzt primär  „Kunde“, mit dem Geld verdient wird (gilt selbstverständlich auch für Allgemeinmediziner, für Apotheker). Nicht seine Gesundheit, nicht der Mensch „als solcher“, steht im Kapitalismus primär im Vordergrund, sondern die Möglichkeit, mit ihm „Geschäfte“ abwickeln zu können. So kann es sein, dass dieser oder jener Zahnarzt bei einer Überkronung eines Zahnes ein bisschen Karies bewusst „übersieht“. Nach etwa vier Jahren bildet sich dann Sekundärkaries unter der Krone.

Die wahre, eigentliche Ursache für die Entstehung der erneut auftetenden Karies ist  nach diesem relativ langen Zeitraum weder für den Patienten, noch für die jeweilige Kasse nicht mehr nachweisbar und auch nicht mehr nachvollziehbar. Darüber hinaus ist in diesem Zeitraum die Garantieleistung für die Überkronung abgelaufen- und der Zahnarzt kann erneut beim Patienten bzw. der Kasse „abkassieren“. Oder er fertigt eine Röntgenaufnahme bei einem überkronten Zahn an, um festzustellen, ob Karies vorliegt, oder eine Wurzelentzündung. Das wiederum grenzt an Betrug, denn: Durch Metall kann man keine medizinisch auswertbare Röntgenaufnahme herstellen, die darüber Auskunft geben kann, ob Karies oder ein anderer Zahnschaden vorliegt. Das ist allein schon aus physikalischen Gründen eine Unmöglichkeit. Oder der Zahn wird vor einer Überkronung sehr weit abgeschliffen, weiter, als es medizinisch nötig ist, inklusive einer bewussten (!) Wurzelzerstörung. Da der tote Zahn nicht mehr entsprechend innerviert wird, dauert es in der Regel nur wenige Jahre, bis er von seiner Substanz her spröde wird und zumindest partiell bricht. Dann ist wiederum eine neue Behandlung, eine neue Krone, fällig. Oder der Patient geht davon aus, dass seine teure Krone in Deutschland hergestellt wurde, weil es der Zahnarzt ihm so mitteilte. In Wirklichkeit stammt diese aber aus China und weist eine schlechtere Qualität auf (dafür ist sie für den Zahnarzt billiger- und er macht da einen „Surplus“-Profit). Es gibt noch einige Dutzend weitere „Tricks“, wie Geld gierige Zahnärzte für sich „künstliche“ Einnahmequellen schaffen.
Analog hierzu gibt es auch entsprechende Beispiele bei Allgemeinmedizinern. Deshalb plädiere ich dafür, dass Ärzte vom Staat, von der Allgemeinheit, bezahlt werden- also ein festes „Grundgehalt“ bekommen. Können die Ärzte mittels eines ausgeklügelten, genau definierten Punktesystems nachweisen, dass sie die Patienten bestens versorgen, möglichst schnell gesund machen (bei chronisch Kranken, bei Langzeitpatienten, wird man anders verfahren müssen), erhalten sie eine entsprechende Zuzahlung. Die entsprechende Kontrolle der Ärzte erfolgt durch demokratisch gewählte, legitimierte und neutrale Gremien.
Kein Arzt hat dann mehr die Motivation, entsprechende Betrügereien – auf Kosten der Bürgerversicherung, also auf Kosten der Allgemeinheit und der Patienten – durchzuführen.
Das Gesundheitssystem könnte auch dezentral, genauer: kommunal, organisiert werden (wie es im alten China üblich war). Innerhalb dieses Systems erhalten die Kommunen eine höhere staatliche Umlage zugunsten der allgemeinen Gesundheitsversorgung als jetzt (also einen größeren Steueranteil von Seiten der Länder oder der Bundesebene), um das Grundgehalt der Ärzte einer Kommune zahlen zu können. Ärzte, die sich im ländlichen Raum niederlassen, erhalten nach dem von mir skizzierten Punktesystem eine bessere Bezahlung, quasi als Anreiz. Darüber hinaus  müssen Ärzte in dem von mir favorisierten System nachweisen, dass sie in einem bestimmten zeitlichen Turnus staatlich organisierte Fortbildungsveranstaltungen besuchen. Ein weiterer positiver Effekt innerhalb des von mir favorisierten Modells: Eine Lobby der Pharmaindustrie wäre damit weitestgehend obsolet und der allgemeine Arzneimittelverbrauch würde insgesamt deutlich geringer ausfallen. Auch hätten die Ärzte mehr Zeit für ihre Patienten, da das Prinzip „Zeit ist Geld!“ keinen Sinn mehr macht.

Polizei ermittelt wegen der Nazi-Parolen beim FCK

Montag, 27. Februar 2012 von Huste

Die Polizei ermittelt wegen antisemitischer und rassistischer Vorfälle beim Training des Bundesligisten 1. FC Kaiserslautern am Sonntag. Der israelische Stürmer Itay Shechter war mit antisemitischen Sprüchen beleidigt worden. Zwei Stadionbesucher empfingen die FCK-Profis zudem mit dem Hitlergruß.

Ein Polizeisprecher sagte, möglicherweise sei der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Der Verein hatte Ordnungsbehörden und Polizei zuvor gebeten, „den Vorfällen mit aller Schärfe nachzugehen und sie strafrechtlich auszuwerten“. Der FCK forderte die am Sonntag anwesenden rund 300 Fans auf, bei der Aufklärung der Vorfälle mit Zeugenaussagen zu helfen.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) verurteilte den Vorfall aufs Schärfste: „Dafür schäme ich mich“, sagte FCK-Fan Beck am Montag in Mainz. „Rassismus hat beim FCK weder eine Zukunft noch eine Gegenwart“, sagte der Lauterer Klubchef Stefan Kuntz. Ähnlich äußerte sich Trainer Marco Kurz: „Solche Szenen sind beängstigend und in höchstem Maße zu verurteilen. Von so etwas distanzieren wir uns ganz, ganz kräftig.“
Antisemitische Beleidigungen

Nach dem desolaten 0:4 (0:3) der abstiegsbedrohten Pfälzer am Samstag im rheinland-pfälzischen Derby beim FSV Mainz 05 wurde die Regenerationseinheit der Profis am Sonntag von rechtsradikalen Gesten und antisemitischen Beleidigungen gegen Shechter überschattet. Eine Gruppe von knapp zehn Personen, die laut FCK-Pressesprecher Christian Gruber seit Jahren Stadionverbot hat und einer alten Hooliganszene angehört, sei dafür verantwortlich gewesen.

Berichte, die Polizei hätte am Sonntag nicht eingegriffen, um einer Eskalation vorzubeugen, wies ein Polizeisprecher zurück. „Von uns waren zwei mit der Fanszene vertraute Beamte im Stadion. Sie waren etwa 100 Meter entfernt, als am anderen Ende des Stadions ein Tohuwabohu entstand.“ Da sie die Urheber aber nicht lokalisieren konnten, hätten die Beamten nicht gleich vor Ort eingreifen können. Gruber hatte mitgeteilt, die Polizei habe aus „deeskalierenden Gründen“ auf eine Entfernung der Personen vom Stadiongelände verzichtet.
Aussprache mit den Fans

Nach dem Training trafen sich die seit 13 Spielen erfolglosen Profis und 200 Fans im Stadion zu einer Diskussion. „Die Aussprache war heftigst – sehr emotional. Die Spieler haben aber auch die Meinung und Gefühle, die Ängste der Fans wahrgenommen“, sagte Kuntz der „Rheinpfalz“: „Als Fazit möchte ich das Positive sehen – nicht das nicht zu entschuldigende Auftreten von Radikalen.“

Als Reaktion auf die Leistung in Mainz haben die FCK-Verantwortlichen den Profis bis auf weiteres ein Interviewverbot erteilt. Freie Trainingstage wurden gestrichen. Auch wurden die Spieler aufgefordert, sich abends aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen.

Quelle: SWR vom 27.02.12, http://www.swr.de/nachrichten/rp/-/id=1682/nid=1682/did=9349978/1xbcxpr/index.html

Griechenland-Paket: Historisch beispiellose soziale Verelendung. Persönliche Erklärung von Andrej Hunko, Fraktion DIE LINKE, nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum Antrag des Bundesministeriums der Finanzen zur Bewilligung von „Finanzhilfen:

Montag, 27. Februar 2012 von Huste

Griechenland-Paket: Historisch beispiellose soziale Verelendung.
Persönliche Erklärung von Andrej Hunko, Fraktion DIE LINKE, nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum Antrag des Bundesministeriums der Finanzen zur Bewilligung von „Finanzhilfen: zugunsten der Hellenischen Republik“.

Die Bundesregierung fordert die Zustimmung des Bundestages zum so genannten zweiten „Rettungspaket“ für Griechenland. Es beinhaltet die Gewährung von Finanzhilfen der EFSF an Griechenland in Form von Darlehen von bis zu 189,4 Mrd. Euro (130 Mrd. Euro neue Hilfen, 24,4 Mrd. Euro nicht ausgeschöpfte Gelder aus dem ersten Griechenland-Paket und eine Absicherung der Europäischen Zentralbank in Höhe von 35 Mrd. Euro). Deutschland übernimmt die Haftung für bis zu 38 Mrd. Euro als Sicherheit für die EFSF. Ich habe aus den folgenden Gründen gegen diese Maßnahme gestimmt:

1. Die „Finanzhilfen zugunsten der Hellenischen Republik“ sind in Wirklichkeit ein weiteres Bankenrettungspaket. Ziel ist die Rettung der Gläubiger und nicht der griechischen Bevölkerung. Das Geld der Steuerzahler/innen wird durch diese Maßnahmen ein weiteres Mal von Unten nach Oben umverteilt werden.

2. Das „Rettungspaket“ wird die Krise nicht lösen, sondern verschärfen. Schon die bisherigen Maßnahmen haben deutlich gezeigt, dass die europäische Krisenpolitik unter Führung der deutschen Bundesregierung auf dem Holzweg ist. Anstatt Auswege aus der Krise zu bieten, treibt diese falsche Politik die griechische Wirtschaft immer weiter in eine Abwärtsspirale.

3. Die neuen Maßnahmen sind ein offener Angriff auf die Demokratie. Die EU und allen voran die Merkel-Regierung diktieren eine fatale Politik und umgehen dabei grundlegende demokratische Verfahrensweisen. Der Verlust von Souveränitätsrechten, die Einrichtung eines Sperrkontos zur Schuldenbedienung und das Verbot von Tarifverhandlungen sind Ausdruck dieses Angriffs.

4. Für die griechische Bevölkerung bedeuten die mit den Finanzhilfen für die Banken verknüpften Bedingungen eine historisch beispiellose soziale Verelendung. In Zeiten wirtschaftlicher Rezession wird eine nie dagewesene Kürzungspolitik im Sozialbereich kombiniert mit massiven Lohnkürzungen, Entlassungen und Privatisierungen.

5. Verantwortlich für die Krise ist nicht die griechische Bevölkerung, sondern die neoliberale Wirtschaftspolitik, die faktische Enteignung großer Teile der Bevölkerung in Europa und die wiederholte „Rettung“ von Gläubigern. Anstatt die Profiteure der Krise sowohl in Griechenland als auch in Deutschland zur Kasse zu bitten, werden die Krisenlasten der Bevölkerung in Griechenland, Deutschland und ganz Europa aufgeladen.

Andrej Hunko, 27.02.2012

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Andrej Hunko

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