Wolfgang Huste Polit- Blog

»Unser Camp ist richtig herausgeputzt«. Stadt Frankfurt am Main droht mit Räumung von Occupy-Lager – angeblich wegen mangelnder Hygiene. Ein Gespräch mit Jule S. Interview: Gitta Düperthal. Jule S. ist Aktivistin von Occupy Frankfurt/M.

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Der Frankfurter Ordnungsdezernent Markus Frank, CDU, hat beschlossen, das Occupy-Camp der Kapitalismuskritiker vor der Europäischen Zentralbank, EZB, in der Mainmetropole am kommenden Dienstag zu räumen. Als Grund hat er mangelnde Hygiene angegeben …
Wir finden das höchst unglaubwürdig. Denn nicht nur das Frankfurter Occupy-Camp soll am 31. Juli geräumt werden, sondern auch die Camps der Bewegung in Düsseldorf und Kiel – alles unter dem Deckmantel vermeintlicher Hygienemängel. Bei Verhandlungen zwischen Occupy und dem Ordnungsdezernenten in den vergangenen Wochen hatte Frank noch zugesagt, daß das Camp bleiben kann. Plötzlich droht er zu räumen.

Wir halten das für einen Wortbruch und sagen: Er lügt. Wir gehen davon aus, daß es sich bei den geplanten Räumungen der Occupy-Camps um eine konzertierte bundesweite Aktion handelt. Ziel ist es, die Städte frei von sozialen und politischen Protesten zu halten. Hygienemängel sind nur vorgeschoben. Auch das New Yorker Camp wurde seinerzeit unter diesem Vorwand geräumt.

Außerdem haben wir an der Sauberkeit gearbeitet. Unser Camp ist richtig herausgeputzt. Der Müll ist längst beseitigt, obgleich die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH uns dafür horrende Kosten von 10500 Euro berechnet hat. Wir finden es skandalös, daß eine politische Versammlung wie Occupy Spendengelder dafür aufwenden muß. Bei einer Vergnügungsveranstaltung im Frankfurter Nordend, wo Bürger sich wöchentlich zum Feiern treffen, übernimmt die Stadt ganz selbstverständlich die Entsorgung des Mülls. Die Ordnungshüter sollten lieber die Banken räumen, deren Finanzgebaren zum Himmel stinkt und die Verarmung großer Teile der Bevölkerung zur Folge hat.

Eine regelrechte Schmutzkampagne hat Bild gestartet. Was hat das Blatt geschrieben?
Bild hat beispielsweise getitelt »Ekel-Alarm: Ratten besetzen Occupy-Camp« oder »Rumänen übernehmen das Camp«. Hinter der Parallelität des Sprachduktus in beiden Schlagzeilen steckt aus unserer Sicht Rassismus: mal die Ratten, mal die Rumänen.

Außerdem sind die Ratten nicht von der Occupy-Bewegung geschaffen, auch an anderer Stelle der Stadt gibt es dieses Problem. Die Kampagne lag offensichtlich im Interesse des Ordnungsdezernenten. Als Bild obendrein das Thema Müll aufgeblasen hat, haben wir ihnen Säcke mit Müll vor die Redaktionstür gestellt – und dort ein Transparent aufgehängt: »Müll zur Müllpresse«.

Wendet sich die Bevölkerung nach dem Feldzug von Bild und der Frankfurter CDU von Occupy ab?
Wir hoffen nicht, daß sich die Menschen vom Schmierenjournalismus beeinflussen lassen. Touristen und Anwohner, die uns besuchen, verstehen gar nicht, wovon der Ordnungsdezernent spricht. Wer kommt, sieht ein buntes aufgeräumtes Camp. Viele machen kopfschüttelnd Fotos davon.

Im Zeltlager gibt es Obdachlose und soziale Probleme. Konnten sich die politischen Aktivisten weniger dem Widerstand gegen das Finanzkapital widmen, weil sie Sozialarbeit leisten mußten?
Es fahren eben nicht alle Ferrari. Die Obdachlosen, die zu uns ins Camp kommen, zeigen die gesellschaftlichen Probleme auf. Sie sind bei uns, weil sie sich hier wohlfühlen können, wir grenzen niemanden aus. Uns sind Banker und Obdachlose willkommen, sie können mitmachen und sich politisch engagieren. Natürlich gibt es Probleme mit Leuten, die Alkohol trinken und ihre Aggressionen nicht im Griff haben. Viele gehen an diesem System seelisch kaputt, in dem es nur um Leistung, Konkurrenz und Profit geht.

Wie werden die Aktivisten auf den Affront des Ordnungsdezernenten reagieren?
Wir werden am Samstag für die Versammlungsfreiheit und gegen die Diktatur der Finanzindustrie demonstrieren. Sie mögen das Camp räumen können – aber unsere Idee können sie nicht beseitigen. Es wird weiterhin öffentliche Plätze geben, und dort werden wir uns auch versammeln.

* Samstag, 28. Juli, 12 Uhr, Rathenauplatz, Frankfurt am Main. Demonstration der Occupy-Bewegung

Quelle: www.jungewelt.de vom 26.07.12

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 25. Juli 2012 um 23:12 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Occupy-Camps vor Räumung
    Frankfurt am Main. Die Betreiber des Occupy-Camps in Frankfurt am Main wollen sich notfalls auch juristisch gegen eine Räumung wehren. »Ich bin bereit, bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen«, sagte am Mittwoch der Anmelder des Camps vor der Europäischen Zentralbank. Die Aktivisten sehen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt und halten die von der Stadt angeführten Gründe der Räumung für »fadenscheinig«. Die Stadt Frankfurt hatte angekündigt, das seit Oktober 2011 bestehende Camp am 31. Juli räumen zu wollen. Begründet wurde das unter anderem mit mangelnder Hygiene. Eine Bekämpfung von Ratten sei wegen der Zelte dort nicht möglich. Die Campbewohner vermuten hinter der geplanten Räumung hingegen eine konzertierte Aktion mehrerer Städte, da zeitgleich auch den Camps in Kiel, Düsseldorf und Münster das Aus drohe.

    (dapd/jW)

    Quelle: http://www.jungewelt.de vom 26.07.12

    Comment: Wolfgang – 25. Juli 2012 @ 23:15

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