Wolfgang Huste Polit- Blog

»Rassistische Hetze«. Flüchtlingsorganisationen prangern Kampagne gegen Roma an, Von Reimar Paul

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Migrantenorganisationen kritisieren eine neuerliche Welle »rassistischer Hetze« gegen Flüchtlinge. Die Kampagne werde maßgeblich von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und seinem niedersächsischen Amtskollegen Uwe Schünemann (CDU) getragen, heißt es in einer gestern veröffentlichten Erklärung. Leidtragende seien vor allem Roma aus Serbien und Mazedonien.

Friedrich hatte in der Bild-Zeitung angekündigt, die Asylverfahren beschleunigen und die Visumpflicht für Serben und Mazedonier rasch wieder einführen zu wollen. Damit reagierte er auf die wachsende Zahl von Asylbewerbern aus diesen beiden Ländern. Friedrich sprach von Asylmißbrauch, weil die Betroffenen wüßten, daß sie kaum Chancen auf Anerkennung in Deutschland hätten. »Da liegt die Vermutung nahe, daß sie eher aus wirtschaftlichen Gründen kommen und nicht, weil sie Schutz vor Verfolgung suchen.«

Auch Schünemann warf Asylbewerbern aus Serbien und Mazedonien Mißbrauch des Asylrechts vor. Bei dieser Gruppe gebe es einen »100prozentigen Mißbrauch des Asylrechts und von Sozialleistungen«, da die Anerkennungsquote null betrage, sagte der CDU-Politiker der Bild am Sonntag: »Viele sagen bei der Aufnahme ganz offen, daß sie nach Deutschland kommen, weil sie gehört haben, daß es hier jetzt mehr Geld gibt.«

Schünemann meinte wahrheitswidrig, die Aufnahmelager in ganz Deutschland seien bereits jetzt überfüllt. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, daß die Asylverfahren bei offensichtlichem Mißbrauch innerhalb von 30 Tagen gerichtsfest abgeschlossen würden.

Offensichtlicher Mißbrauch? Ende August stellte die EU-Kommission in ihrem dritten Bericht zur Visa-Liberalisierung erneut fest, daß die Roma in allen Balkanstaaten einer umfassenden Diskriminierung ausgesetzt sind, die sie an der Ausübung grundlegender Rechte wie beispielsweise dem Zugang zu Bildung und Ausbildung, Gesundheitsversorgung und Arbeitsmarkt hindert.

Nach Aussagen der serbischen Regierung leben etwa 60 Prozent der geschätzten 450 000 Roma in Serbien in unsicheren und unhygienischen Lebensverhältnissen. 30 Prozent haben keinen Zugang zu Trinkwasser, 70 Prozent keinen Zugang zur Kanalisation. Die Europäische Kommis­sion gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) hielt in ihrem jüngsten Länderbericht zu Serbien fest, daß die Mehrheit aller Roma von Gelegenheitsjobs wie beispielsweise dem Sammeln von Altmetall lebt und daß kaum Roma in staatlichen Betrieben beschäftigt sind.

Auch in Mazedonien sind Roma nach Angaben der Flüchtlingsorganisationen einer »allumfassenden Diskriminierung« ausgesetzt. Sie lebten oft in abgeschiedenen Siedlungen, wo sie keinen oder nur beschränkten Zugang zu grundlegenden Diensten hätten. 70 Prozent aller Roma in Mazedonien seien arbeitslos.

Es sei demnach »abfällig, wenn Asylanträge von Roma von vornherein als unbegründet bewertet werden«, heißt es in der Erklärung weiter. Laut Handbuch des UN-Flüchtlingswerks könne Diskriminierung durchaus als Fluchtgrund gewertet werden. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn sie dazu führe, daß eine Person nur begrenzt in der Lage sei, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. »Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien dürfen nicht vom Recht auf Asyl ausgeschlossen werden. Sie haben ein Recht auf eine Einzelfallprüfung, innerhalb derer die rassistische Diskriminierung in ihren Heimatländern in angemessener Weise zu berücksichtigen ist.«

Auch Grünen-Chefin Claudia Roth übte gestern Kritik an Friedrich und Schünemann. »Während die Europäische Union als Raum des Friedens, der Demokratie und des Rechts mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird, ist der deutsche Innenminister damit beschäftigt, neue Mauern hochzuziehen«, sagte sie. Das Schicksal von Roma in Serbien und Mazedonien gehe aber alle an.

Quelle: www.jungewelt.de vom 16.10.12

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 16. Oktober 2012 um 00:14 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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