Wolfgang Huste Polit- Blog

Datenklau? Alles legal. Bundesregierung weiß doch eine Menge über US-Schnüffelei, sieht aber Rechtsgrundlage. EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vor Europäischem Gerichtshof. Von Arnold Schölzel

Tags:

Vom umfassenden Datenklau durch »befreundete« Geheimdienste wußte die Bundesregierung nach den Enthüllungen von Edward Snowden zunächst nichts. Als er nachlegte, wußte sie ein bißchen. Nun teilte sie mit, daß es eine »sehr lange zurückreichende Zusammenarbeit« zwischen der National Security Agency (NSA) und dem deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) gibt. Aber, so Regierungssprecher Steffen Seibert bereits am Montag: Alles verläuft »ganz streng nach Recht und Gesetz«. Diese Zusammenarbeit sei unter anderem nötig, um Bürger vor Terroranschlägen zu schützen. Und weiter: Für die Arbeit dieser Dienste gelte, »daß jeder Eingriff in die Privatsphäre, auch in die Datenselbstbestimmung, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehorchen muß«. Es müsse »nach Recht und Gesetz« vorgegangen werden.

Am Dienstag gab es einige Hinweise darauf, worin die von Seibert behauptete Rechtsgrundlage bestehen könnte: vor allem im NATO-Vertrag. Der frühere Sonderberichterstatter des Europarates zum CIA-Entführungs- und Folterprogramm nach dem 11. September 2001, der Schweizer Dick Marty, verwies in einem Interview des Deutschlandfunks darauf, daß sich die USA Anfang Oktober 2001 auf Artikel fünf des NATO-Vertrages beriefen, der alle Mitglieder des Paktes zur Hilfe verpflichtet, wenn eines von ihnen militärisch angegriffen wird. Auf einer NATO-Geheimsitzung sei das Operative in ein »ganz enges Gremium« delegiert worden. Als Beispiel für die Konsequenzen nannte Marty den Fall des im Dezember 2003 von der CIA nach Afghanistan entführten und gefolterten deutschen Staatsbürgers Khaled el Masri. Die Bundesregierung habe dem Untersuchungsausschuß des Bundestages dazu einen Bericht geliefert, aber 80 Prozent des Inhalts zum Staatsgeheimnis erklärt. Diesen Teil durften selbst die Mitglieder des Ausschusses nicht lesen. Marty schloß daraus, daß die Bundesregierung sehr gut informiert war und ist.

Ebenfalls am Montag nutzte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) einen Beitrag, den sie für die Frankfurter Allgemeine Zeitung verfaßt hatte, um die anlaßlose Vorratsdatenspeicherung in Europa als »Irrweg« zu kritisieren. Sie erinnerte daran, daß der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) nach dem 11. September 2001 ein »Grundrecht auf Sicherheit« proklamierte, das in der Verfassung Vorrang habe. Gäbe es das tatsächlich, so die FDP-Politikerin, »würden die Freiheitsgrundrechte des Grundgesetzes ins Leere laufen und auch der Kernbereich privater Lebensgestaltung schutzlos werden«. Sie fügte hinzu: Vor nicht einmal einem Monat stellte »die grün-rote Landesregierung von Baden-Württemberg auf der Justizministerkonferenz einen Antrag auf Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung«. Mit Ausnahme von Niedersachsen hätten ihn alle »rot-grünen« Landesregierungen mitgetragen.

Telekommunikationsunternehmen in der EU sind seit einigen Jahren verpflichtet, Verbindungsdaten ihrer Kunden zwei Jahre lang aufzubewahren. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg begann am Dienstag seine Verhandlungen über die Verhältnismäßigkeit dieser Regelung. Im konkreten Fall geht es um Klagen aus Irland und Österreich. In der Bundesrepublik gibt es derzeit wegen Uneinigkeit in der Koalition keine gesetzliche Vorgabe. Das Bundesverfassungsgericht hatte die deutsche Regelung 2010 gekippt.

Quelle. www.jungewelt.de vom 10.07.13
Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 10. Juli 2013 um 11:15 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

«  –  »

Keine Kommentare

No comments yet.

Sorry, the comment form is closed at this time.

Kategorien

über mich

antifaschismus

Linke Links

NGO Links

Ökologie

Print Links

Archive

Sonstiges

Meta

 

© Huste – Powered by WordPress – Design: Vlad (aka Perun)