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Banken melken Bürger. Verbraucherschützer: Explodierende Gebühren bei vorzeitigem Ausstieg aus Immobilienkrediten. »Deckelung« bei fünf Prozent der Restsumme gefordert. Von Jana Frielinghaus

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Wenn es um den Kredit für das eigene Häuschen geht, zeigen sich die Banken – zumindest scheinbar – großzügig. Trotz vielfach geringer finanzieller Belastbarkeit und kaum vorhandener Ersparnisse vieler Investitionswilliger reichen sie Darlehen aus, was das Zeug hält. Und in der seit 2009 anhaltenden Niedrigzinsphase erliegen immer mehr Bürger der Verlockung, sich für vermeintlich billiges fremdes Geld Betonklötze ans Bein zu binden. Umtriebige Kreditberater tragen – auf Provisionsbasis – ihr Scherflein dazu bei, daß das Geschäft brummt. Im vergangenen Jahr schuldeten Privatpersonen den Banken in der Bundesrepublik 836 Milliarden Euro aus Wohnimmobiliendarlehen, wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) am Montag in Berlin informierte.

Trotz niedriger Zinsen handelt es sich in den meisten Fällen um sehr teures Geld. Denn obwohl diese Art der Finanzierung für die Schuldner die ungünstigste ist, machen Kundenberater ihnen noch immer in der Mehrzahl der Fälle Darlehen mit sogenannter Endfälligkeit schmackhaft. Das bedeutet, daß in der gesamten Laufzeit des Kredites, also für zehn, 20 Jahre oder länger, kein Cent der eigentlichen Verbindlichkeiten abgetragen wird. Man zahlt also von Anfang bis Ende für die volle Summe Zinsen. Parallel dazu wird meist ein Bausparvertrag angeboten, mit dem man die Kreditsumme in der gleichen Zeit wieder ansparen muß.

Aus verschiedenen Gründen müssen Schuldner ihr Eigenheim wieder verkaufen und vorzeitig aus den Darlehensverträgen aussteigen. Die häufigsten Gründe seien Verlust des Arbeitsplatzes, Scheidungen, Umzüge, Tod eines Partners, sagte Arno Gottschalk, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen. Hinzu komme in vielen Fällen die Überschätzung der eigenen Belastbarkeit – gefördert von Beratern, die eigentlich dringend vom Hausbau auf Pump hätten abraten müssen. Statt dessen nehmen nach Gottschalks Angaben »100- bis 120prozentige Finanzierungen zu«, also Hausbau völlig ohne Eigenkapital, wobei teilweise angeboten wird, auch noch alle Nebenkosten wie Maklerprovision, Grunderwerbssteuer sowie Einbauküchen fremdzufinanzieren.

Dorothea Mohn, Teamleiterin Finanzen bei der vzbv, monierte, daß die meisten Kreditverträge in der Bundesrepublik keine klaren Angaben über die tatsächliche Gesamtzinsbelastung enthalten. Und gerade bei der vorfristigen Ablösung von Darlehen werden in Deutschland so hohe Gebühren fällig wie in keinem anderen EU-Land. Von 2007 bis 2013 ist die durchschnittliche Summe, die bei früherer Vertragsauflösung von den Geldinstituten als »Vorfälligkeitsentschädigung« berechnet wird, von vier auf fast elf Prozent des noch abzuzahlenden Kreditbetrages angestiegen. Dies sei »für viele Verbraucher existenzbedrohend«, so Mohn. Für eine Marktuntersuchung der Verbraucherzentralen wurden für den Zeitraum 2009 bis 2013 knapp 3000 Fälle aus dem gesamten Bundesgebiet ausgewertet. Dabei zahlten die Kreditnehmer insgesamt 330 Millionen Euro vorzeitig zurück und mußten dafür noch 30 Millionen »Entschädigung« drauflegen.

Das Problem in der Bundesrepublik: Wieviel die Banken berechnen dürfen, um die ihnen durch vorzeitige Vertragsbeendigung entstehenden Nachteile auszugleichen, ist laut vzbv völlig unzureichend reguliert. Hoffnung auf Besserung macht den Verbraucherschützern die EU-Richtlinie zu Wohnimmobiliendarlehen, die bis zum kommenden Jahr in deutsches Recht umgesetzt werden muß. Spätestens im Frühjahr 2016 sollen die neuen Regelungen in Kraft treten. Von der Bundesregierung erwartet der vzbv, daß sie in Kürze einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegt.

Darin sollte nach Ansicht der Verbraucherschützer dringend eine Deckelung der Vorfälligkeitsentschädigungen bei maximal fünf Prozent der Restkreditsumme festgelegt werden. Zwar sei damit zu rechnen, daß dies zu höheren Darlehenszinsen führt, zugleich aber wären »alle vor extremen Belastungen geschützt«, meinte Finanz­experte Gottschalk. Prinzipiell sollte »Entschädigung« zu einem »beidseitigen Vorfälligkeitsausgleich« umgestaltet werden, schlägt der vzbv vor. Denn bei steigendem Zinsniveau gebe es bislang keine Verpflichtung für die Banken, die ihnen aus der Vertragsauflösung enstandenen Vorteile anteilig an die Kunden weiterzureichen.

Weiter verlangt der vzbv »Zinstransparenz« insbesondere bei Kombinationen von Kredit und Sparvertrag. Dabei solle der auszuweisende effektive Jahreszins alle Faktoren berücksichtigen, die sich neben dem Nominalzins auf die Kreditkosten auswirken. Außerdem fordert der Verband ein Ende des Provisionsunwesens im deutschen Kreditberatungsgeschäft. Innerhalb der nächsten fünf Jahre müßten Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß Darlehensvermittler von Banken keinerlei Vergütung von Geldinstituten erhalten bzw. einbehalten dürfen, sondern nur noch auf Honorarbasis direkt für die Kreditnehmer arbeiten, so Gottschalk. Auch die EU-Richtlinie lege ein Verbot der Provisionszahlung von Banken an Kreditvermittler nahe.

Quelle: www.jungewelt.de vom08.07.14
Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 08. Juli 2014 um 10:52 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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