Die »Null-Euro-Jobs« seien »Leistungen des Bundes«, informiert der Senat in dem Papier. Damit wolle man Erwerbslose »entsprechend ihrer Bedarfe beruflich aktivieren und eingliedern«. Das Regionale Einkaufszentrum (REZ) Nord der Bundesagentur für Arbeit mit Sitz in Hannover werde die Gratisarbeitsplätze demnächst ausschreiben. Firmen könnten darauf bieten. Von Jobcentern bekämen die »Bieter«, anders als bei sogenannten »Ein-Euro-Jobs«, keine zusätzliche »Aufwandsentschädigungen« fürs Anlernen oder etwaige Schulungen. Aktuell werde die »Leistungsbeschreibung« erarbeitet, heißt es. Auf die Frage der Abgeordneten, ob unwillige Leistungsbezieher auch sanktioniert würden, windet sich der Senat leidlich. Es handele sich um Maßnahmen zur Eingliederung, die Jobcenter mit den Erwerbslosen »überwiegend einvernehmlich« vereinbarten. Wenn »der Kunde« sich nicht an seine so festgelegten Pflichten halte, seien »Sanktionen geboten«, heißt es. Dazu reiche es, wenn Betroffene eine vom Amt als »zumutbar« eingeschätzte Maßnahme ablehnten.
Die Gratisjobs sollen in Hamburg offenbar Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, im Volksmund »Ein-Euro-Jobs«, zum Teil ersetzen. Das geht aus einer weiteren Antwort des Senats der Hansestadt auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Filiz Demirel vom 27. Juni hervor. Demnach sollen im kommenden Jahr nicht, wie ursprünglich angedacht, 3140 Ein-Euro-Jobs geschaffen werden, sondern lediglich 2320. Im Gegensatz zu diesen müßten die 500 neuen Maßnahmen »nicht zusätzlich« sein. Sie würden ausschließlich für »marktferne Langzeitleistungsbezieher« reserviert, so der Senat. »Erlöse dürfen erzielt werden, die Ausrichtung ist produktionsorientiert.« Betriebe dürfen also die Betroffenen »im Rahmen der Integration in den Arbeitsmarkt« beschäftigen wie gewöhnliche Mitarbeiter.
Die frühere Jobcentermitarbeiterin Inge Hannemann, die seit kurzem für die Linkspartei in der Bezirksversammlung Hamburg Altona sitzt, kritisierte die neuen Maßnahmen am Sonntag auf ihrem Internetblog »altonabloggt« scharf. Damit werde versucht, die Schutzvorschriften für Arbeitnehmer zu umgehen, ist sie überzeugt. Die in Hamburg für Ein-Euro-Jobs gezahlte Aufwandsentschädigung von 1,70 Euro pro Stunde falle ganz weg. »Urlaubstage und Arbeitsschutz bleiben ebenfalls ein unbestimmter Begriff«, rügte sie. Dies sei ein »weiterer Weg zur Zwangsarbeit für Erwerbslose«. Zudem verhinderten die Maßnahmen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. »Die Nichtentlohnung entwertet Betroffene«, weiß die 45jährige außerdem. Sie selbst ist seit April 2013 von ihrem Dienst als Arbeitsvermittlerin in Hamburg-Altona suspendiert, weil sie Hartz IV als »menschenunwürdig« anprangerte. Am 11. Juli verhandelt das Arbeitsgericht der Hansestadt erneut über ihre Weiterbeschäftigung. An ihren alten Arbeitsplatz, wo sie junge Erwerbslose unter 25 Jahren betreut hatte, wird sie wohl nicht zurückkehren dürfen.
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