Wolfgang Huste Polit- Blog

Zu Sarrazins rassistischen und atavistischen Äußerungen. Ein Kommentar von Wolfgang Huste

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Bei Sarrazin fällt mir spontan folgende historische Tatsache ein: Am 27. Januar 1932 konnte Adolf Hitler durch die Hilfe Thyssens vor dem Industrie-Club Düsseldorf sprechen und dort für seine Ziele werben. Thyssen gehörte zu der Gruppe von Industriellen, Bankiers und Landwirten, die im November 1932 die sogenannte Industrielleneingabe an den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg richteten, in der gefordert wurde, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Die Kapitalisten erkannten recht schnell, dass Hitler für sie in mehrfacher Hinsicht nützlich werden kann (und er wurde für sie „nützlich“). 1. Er propagierte einen Hass gegen Juden und viele andere „Minderheiten“. 2. Er war bis auf die Knochen nicht nur Antisemit, sondern auch ein Kommunisten- und Sozialistenfresser (was ja bis heute in Deutschland „Tradition“ hat) 3. Er hatte Ambitionen in den Osten vorzudringen, um dort Rohstoffe und „billige Arbeitskräfte“ ins Deutsche Reich einzuverleiben. Daraus konnten die Akteure, die flugs ein paar Millionen Reichsmark für Hitler locker machten (Stichwort: Wirtschaftsclub Essen), in mehrfacher Hinsicht großen Nutzen ziehen. Die Herren Krupp und Thyssen sind – wie die übrigen Kapitalisten – für die Nationalsozialisten alles „Urgermanen“, Mitglieder des „schaffenden Kapitals“. Die Feinde waren für Hitler – wie schon gesagt – Juden, Sozialisten, Kommunisten, Anarchisten, Zigeuner, „Asoziale“, Schwule usw. – also „die da unten“, die kleinen Leute. Kein Wunder, dass Hitler auch vom Essener Wirtschaftsclub aktive Unterstützung bekam.

Welche Funktion hat heute ein Herr Sarrazin, ein „Knecht“ des Kapitals, einer Großbank? Die Assoziation zum damaligen Naziregime, das primär auf Rassismus und auf die Bekämpfung von Minderheiten beruhte, ist sicherlich nicht nur für mich naheliegend. Heutzutage sollen die Massen auf die angebliche Gefahr in Form von Muslime, auf Einwanderer, eingeschworen werden. Sarrazins Denke, die mittlerweile auch tief in die „normale“ Zivilgesellschaft eingedrungen ist, soll ablenken von den wahren Brandstiftern in unserer Gesellschaft, den zahlreichen Sozialabbauerparteien, den Militaristen, die uns schon damals „in Krieg und Schande trieben“ (frei nach B. Brecht; Dreigroschenoper), die sich weigern, faschistische oder faschistoide Parteien zu verbieten. Nun kann auch – sich auf Sarrazin berufend – der hinterste, finsterste und dumpfeste Hinterwäldler sagen: „Meine Gene sind bestens. Ich gehöre zu den Intelligenten!“.

Nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht ist es ein absoluter Humbug zu unterstellen, Juden hätten ein „besonderes“ Gen. Es gibt ja auch kein „besonderes“ Gen bei Buddhisten, Katholiken, Evangelen oder einer anderen Religionsgruppe.
Der Begriff „Rasse“, auf den Menschen übertragen, ist nicht nur unter Biologen stark umstritten. In der Biologie wird die Art Homo sapiens heute weder in Rassen noch in Unterarten unterteilt. Molekularbiologische und genetische Forschungen haben seit den 1970er Jahren gezeigt, dass eine systematische Unterteilung der Menschen in Unterarten ihrer enormen Vielfalt und den fließenden Übergängen zwischen geographischen Populationen nicht gerecht wird. Zudem wurde herausgefunden, dass der Großteil genetischer Unterschiede beim Menschen innerhalb einer geographischen Population zu finden ist. Wer von der Phänoebene (= äußeres Erscheinungsbild) auf den Charakter oder auf „spezifische Eigenschaften“ eines Menschen schließen will, liegt völlig daneben.
Sarrazin bedient die Rassenideologie der Faschisten und aller Rassisten, wenn er in biologistischer Manier Menschen in „wertvolle“ (oder intelligente) und „weniger wertvolle“ (oder weniger intelligente) Menschen unterteilt. Gegen solche atavistisch denkenden Menschen ist nicht nur Hohn und Spott angebracht- sondern auch schärfster Protest!
Die SPD hatte schon lange die Möglichkeit, Sarrazin aus der Partei auszuschließen. Die Partei tat sich aber schwer damit, garantierte er doch potentielle Wählerstimmen vom rechten Rand der Gesellschaft „einzufangen“. Auch hier galt wohl bei einigen der Satz: „Erst kommt die Wählerstimme, die Macht- dann die Moral!“. Was hätte wohl Willy Brandt zu all dem gesagt?

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 31. August 2010 um 18:53 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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