Wolfgang Huste Polit- Blog

Der Volkstribun. Ein Beitrag von Werner Pirker

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Sarrazin-Partei hätte viele Mitläufer

Thilo Sarrazin wurde binnen kurzem so populär, daß an die 20 Prozent der Deutschen eine neue Protestpartei wählen würden, sollte sie vom eben suspendierten Bundesbanker angeführt werden. Aber das dürfte weniger mit dessen Befähigung zum Volkstribun zu tun haben als mit dem gewaltigen medialen Echo, das sein islamophobes Trakat auslöste. Zum einen beherrscht Sarrazin die Attitüde des vom Meinungskartell unerbittlich verfolgten Querdenkers. Zum anderen hat der vorherrschende Diskurs den Boden, auf dem sozialdarwinistischer Wahn gedeiht, selbst längst aufbereitet.

Das ist auch der Grund, weshalb dem »Provokateur« bei aller Kritik an seinen Ansichten zugute gehalten wird, eine notwendige Diskussion über Fehlentwicklungen bei der Integration angestoßen zu haben. Welchen Verlauf diese Debatte nehmen wird, ist unschwer auszumachen. Es wird wenig bis überhaupt nicht über die Diskriminierung von Zuwanderern gesprochen werden. Geschwiegen werden wird auch über die Instrumentalisierung immigrierter Arbeitskräfte als Lohndrücker, obwohl oder gerade weil darin einer der Hauptgründe für die Spannungen zwischen autochthoner und zugewanderter Bevölkerung liegt. Nicht die soziale Integration, die allein auf der Grundlage gleicher Rechte erfolgen kann, wird die von Sarrazin angeregte Debatte bestimmen. Viel wird dagegen von der Bringschuld der Einwanderer die Rede sein. Von ihrer Bereitschaft zur kulturellen und letztlich– über die Zwangsverpflichtung auf das westliche Wertesystem – politischen Anpassung.

Diesen kulturalistisch verbrämten Rassismus hat Sarrazin mit seiner Aburteilung von Einwanderern als genetisch deformiert auf den biologistischen Begriff gebracht. Das wird ihm zum Vorwurf gemacht. Nicht aber sein ursächlich sozialer Rassismus, der letztlich von der Annahme eines Unterschichtengens ausgeht. Daß sich Hartz-IV-Milieus über Generationen reproduzieren, wie Günther Nonnenmacher in der FAZ beklagt, wird nicht auf den Mangel an Chancengleichheit zurückgeführt, sondern auf den frivolen Hang der Habenichtse, sich Bildung und Leistung zu verweigern.

Sarrazins Auslassungen werden gern als populistisch bezeichnet. In Wirklichkeit sind sie elitär. Das muß aber kein Widerspruch sein. Über die Sozialschmarotzerdebatte steuern die neoliberalen Eliten mit Geschick eine auf Entsolidarisierung zielende Meinungsbildung.

Quelle: www.jungewelt.de, 06. September 2010

Dieser Beitrag wurde am Montag, 06. September 2010 um 15:57 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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