Wolfgang Huste Polit- Blog

Widerstand wirkt Großprojekt »Stuttgart 21« wackelt Von Daniel Behruzi

Tags:

Das Establishment ist in der Bredouille. Auf Biegen oder Brechen wollte die ganz große Koalition aus CDU, SPD, FDP und Wirtschaftsverbänden – im Schlepptau sogar noch die Gewerkschaftsspitzen – das Prestigeprojekt »Stuttgart 21« durchziehen. Der als obrigkeitshörig geltende Schwabe werde es schon mit sich machen lassen, so das Kalkül. Es ist nicht aufgegangen. Seit Wochen protestieren die Menschen im Südwesten massenhaft gegen die Tieferlegung ihres Bahnhofs, ketten sich Jugendliche an Bagger und Kräne, demonstrieren Rentner lautstark vor dem mit etlichen selbstgemalten Plakaten behängten Bauzaun.

Ignorieren kann den Protest niemand mehr. Die SPD reagiert wie üblich: Sie eiert rum. Wie schon bei der »Agenda 2010« halten die Sozialdemokraten – unter deren Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee das Wahnsinnsprojekt gestartet wurde – das Ganze für ein »Kommunikationsproblem« und versuchen, zugleich Opposition und Regierung zu spielen. Den Bau des Tiefbahnhofs und einer ICE-Strecke von Stuttgart nach Ulm befürworten sie weiterhin. Dennoch sollen die Arbeiten bis zur Durchführung einer Volksabstimmung eingestellt werden.

Union und FDP handeln hingegen nach dem Motto: Augen zu und durch. Es könne nicht hingenommen werden, daß die Demonstranten »ein vermeintlich höheres Recht« in Anspruch nähmen, um das Vorhaben zu stoppen, erklärte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) am Freitag im Bundestag. Schließlich sei »Stuttgart 21 nach allen Regeln rechtsstaatlicher Kunst« zustande gekommen. In der Tat haben Bahn-Bürokraten und Politiker versucht, die Bevölkerung nach allen Regeln der Kunst zu verschaukeln. Erkenntnisse über die tatsächlichen Kosten und verkehrspolitischen Auswirkungen des Projekts wurden unter Verschluß gehalten oder ignoriert. Ein Bürgerentscheid wurde trotz 67000 Unterstützern mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und Freien Wählern abgelehnt.

Und das Lügen geht weiter. »Ein Ausstieg aus dem Projekt würde sich auf die Verkehrsinfrastruktur in Baden-Württemberg fatal auswirken«, so Ramsauer am Freitag. Das Gegenteil ist der Fall: Mit nur noch acht statt 17 Gleisen im tiefergelegten Bahnhof würden sich Störungen stärker auswirken. Die Neubaustrecke ist bei einer Steigung von 3,1 Prozent für Güterzüge ab 1500 Tonnen unbrauchbar. Vor allem aber würden die Milliarden, die für »Stuttgart 21« verbuddelt werden, anderswo fehlen. Schon beim Fahrplanwechsel 2007 wurden gut ausgelastete Pendlerzüge gestrichen, um Geld dafür freizusetzen. Insgesamt könnten zehn bis elf Milliarden Euro mit »Stuttgart 21« in den Sand gesetzt werden – zu mehr als drei Vierteln finanziert aus Steuern.

Der Widerstand hat schon gewirkt. Aber der Kampf ist noch nicht gewonnen. Ein Erfolg würde zeigen, daß Massenproteste auch bereits getroffene Entscheidungen kippen können. Die Schwabenbewegung würde zum bundesweiten Vorbild werden. Auch das ist ein Grund für die Unnachgiebigkeit des Establishments.

Quelle: www.jungewelt.de vom 18.09.10

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 17. September 2010 um 23:56 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

«  –  »

Keine Kommentare

No comments yet.

Sorry, the comment form is closed at this time.

Kategorien

über mich

antifaschismus

Linke Links

NGO Links

Ökologie

Print Links

Archive

Sonstiges

Meta

 

© Huste – Powered by WordPress – Design: Vlad (aka Perun)