„Ich selbst war viele Jahre behindert, weil ich keinen Behinderten kannte“, so drastisch und zugleich anschaulisch hat Klaus Eberl, Vize-Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland die Forderung nach gemeinsamem Lernen von Schülern mit und ohne Behinderung begründet.
Soziale Kompetenz, Freude, Bedürfnisse Wahrnehmen und Füreinander könnten in so genannten Inklusions-Schulen weitaus besser gelernt werden als im Rahmen der herkömmlichen Trennung behinderter und nicht-behinderter Kinder. Treffender als Vize-Präses Eberl kann man es nicht ausdrücken.
Hier wird eine entscheidende Ursache dafür ausgesprochen, dass auch in Rheinland-Pfalz trotz des ständigen Eigenlobs der SPD-Landesregierung behinderte Menschen in großer Zahl in beklagenswerter Weise nach wie vor daran gehindert werden, ihre Begabungen zum gemeinsamen Nutzen aller auszubilden und zu entfalten. Auch UN-Behindertenbeauftragte hat deshalb noch vor wenigen Tagen Deutschland massiv kritisiert. Unser Bundesland macht dabei keine Ausnahme.
Behinderten Menschen werden viel zu oft die ihnen zustehenden Menschenrechte vorenthalten, weil sie unbemerkt schwer diskriminiert, lebenslang an den Rand der Gesellschaft gedrängt und als Angehörige einer mehr oder weniger exotischen Minderheit betrachtet werden. Dies ist keineswegs eine neue Erkenntnis. Trotzdem ist es traurige Wahrheit, dass die UN-Behindertenrechtskonvention auch in Deutschland seit langem gefordert wird, ohne dass es spürbare Erfolge zeitigen würde. Alle reden darüber, aber nichts passiert.
Anders in den Niederlanden: Dort ist „Inklusion“ seit Jahrzehnten selbstverständlich und wird überall in der Gesellschaft praktiziert. Das Miteinander behinderter und nicht-behinderter Menschen und der solidarischer Umgang miteinander ist dort eine Selbstverständlichkeit, über die schon lange nicht mehr gesprochen werden muss. In Inklusions-Schulen kann überdies der Erwerb von Wissen und die Ausbildung von Begabungen im Unterricht und in der Gemeinsamkeit der behinderten und nicht-bekinderten Kinder gestaltet und zugleich individuell ausgeprägt werden.
Dieses pädagogische Modell ist leider in Rheinland-Pfalz nahezu unbekannt und wird erst an einem Gymnasium in Meisenheim in der Praxis erprobt. Dabei ist auch klar geworden, dass diese Form der Pädagogik nur funktionieren kann, wenn die Ausstattung der Schulen nicht nur materiell, sondern vor allem auch hinsichtlich Zahl und Ausbildung des Lehr- und Betreuungspersonals entsprechend gestaltet wird. Es ist deshalb auch einsichtig, dass die jetzigen Förderschulen nicht von einem auf den anderen Tag verschwinden können, sondern eine nachhaltige Umstellung des gesamten Schulsystems Platz greifen muss.
Hier zeigt sich wieder einmal, wie weit das Schulsystem Rheinland-Pfalz auch in dieser Hinsicht nicht gerade neuen pädagogisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen hinterherhinkt und was alles in den vergangenen Jahrzehnten, vor allem auch während der Zeit der Beckschen sozialdemokratischen absoluten Mehrheit zum Nachteil der Menschen in Rheinland-Pfalz versäumt wurde.
In vielen Nordrhein-Westfälischen Städten gibt es seit Jahrzehnten eingespielte und gut funktionierenden Partnerschaften zwischen Grundschulen und weiterführenden Schulen, die an grundlegenden Inklusions-Kritierien orientiert sind. In Bremen wurde neuerdings die Forderung nach Inklusion sogar im Schulgesetz ausdrücklich festgeschrieben.
DIE LINKE in Rheinland-Pfalz muss aus Gründen der Sozialen Gerechtigkeit und Chancengleichheit im Bildungs- und Ausbildungssystem sehr viel stärker als bisher die Inklusion und entsprechende Förderungsmaßnahmen in den Mittelpunkt ihrer Forderungen stellen. Die UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen muss in Rheinland-Pfalz endlich umgesetzt werden.
Die gegenwärtige Diskussion um die „Schulreform“ und der Landtagswahlkampf 2011 müssen dazu genutzt werden, die Forderung nach Inklusion und die Behindertenrechte sehr viel stärker als bisher in den Fokus der kinder- und jugendpolitischen Forderungen der LINKEN zu rücken, damit diese endlich Niederschlag in der Gesellschaft finden.
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