Gewerkschafter protestierten in über 200 Städten Frankreichs gegen die Politik von Staatschef Nicolas Sarkozy
Zum fünften Mal in diesem Jahr und zum zweiten Mal innerhalb von 14 Tagen sind am Donnerstag in Frankreich Hunderttausende Menschen gegen die von der Regierung Nicolas Sarkozy angekündigte »Reform« des Rentensystems auf die Straße gegangen. An dem von acht Gewerkschaften des Landes ausgerufenen Generalstreik beteiligten sich in den großen Städten bis zu 40 Prozent der Angestellten der öffentlichen Dienste sowie Hunderttausende Arbeiter aus privaten Betrieben. Die Gewerkschaftsführer Bernard Thibault von der CGT und François Chérèque von der CFDT, den mit zusammen 1,5 Millionen Mitgliedern größten Arbeiterorganisationen Frankreichs, erklärten am Nachmittag, es sei gelungen, den Erfolg des 7. September zu wiederholen. An diesem Aktionstag hatten fast drei Millionen Bürger gegen die geplante Erhöhung des Renteneintrittsalters von 60 auf 62 Jahre protestiert.
Im ganzen Land hatten die Gewerkschaften insgesamt 232 Kundgebungen organisiert. In Lyon waren bis zum Mittag bereits mehr als 130000 Menschen auf die Straße gegangen, in der Hauptstadt Paris, wo zwei Demonstrationszüge gegen 13 Uhr ihren Marsch durch die Innenstadt antraten, zählten die Veranstalter mehr als 300000 Teilnehmer. Aus Marseille wurden 220000 und aus Bordeaux 120000 Demonstranten gemeldet. Die nationale Eisenbahngesellschaft SNCF mußte rund die Hälfte ihrer Fernzugverbindungen streichen, erhebliche Einschränkungen gab es auch im Personennahverkehr. »Wir haben die Herausforderung gewonnen«, sagte Chérèque, der an der Spitze der Pariser Demonstration marschierte. »Wir erwarten, daß die Regierung ihre Reform zurücknimmt und ein anderes Gesetz ausarbeitet.«
Als »ausgesprochen interessant und für Sarkozys Regierungsmehrheit beunruhigend« bezeichneten unabhängige Ökonomen im Fernsehen und in den Printmedien die Tatsache, daß die landesweiten Streiks einen anhaltend hohen Zuspruch in der Bevölkerung finden. In einer von der Tageszeitung Libération in Auftrag gegebenen Umfrage ermittelte die Agentur »viavoice« eine Zustimmung von 63 Prozent für die Aktionen der Gewerkschaften. Rund 70 Prozent der französischen Bevölkerung halten nach Meinungsumfragen eine echte Reform des Rentensystems durchaus für notwendig. Die bei weitem überwiegende Mehrheit empfindet die von der Regierung vorgelegten Lösungsvorschläge allerdings als »vollkommen ungerecht«. Besonders unter den jungen Beschäftigten im Alter zwischen 18 und 24 Jahren wächst der Zorn über Sarkozys Kurs der »harten Hand« und die einseitig auf die ärmeren Schichten der Bevölkerung abgewälzten finanziellen Belastungen. Besonders unbeliebt ist dabei die Anhebung des Renteneintrittsalters. Sarkozy bezeichnet es als »unerläßlich«, länger zu arbeiten, um das Defizit der Pensionskassen wettzumachen. Bis 2020 sollen darin ohne Neuregelung jährlich rund 45 Milliarden Euro fehlen. Der Fehlbetrag für dieses Jahr wird auf 32,3 Milliarden Euro beziffert. Demgegenüber fordern die Gewerkschaften und die linke Opposition eine zusätzliche Besteuerung von Kapital und Finanztransaktionen, um aus den roten Zahlen zu kommen. Weitere Aktionen sind bereits angekündigt, falls die Regierung von ihren Plänen nicht abrückt.
Quelle: www.jungewelt.de vom 24.09.10
Offenbar hat die schwarz-gelbe Koalition alle Hemmungen verloren. Nun wurde bekannt, daß sie zu allen Geschenken für die Atomlobby auch noch überlegt hat, die Endlager für Strahlenmüll zu privatisieren. Das wäre wirklich der Gipfel der Verantwortungslosigkeit. Privatrechtlich organisierte und am Profit orientierte Unternehmen sollen für die Verwahrung von hochradioaktiven Abfällen sorgen, die für Jahrtausende sichergestellt sein muß.
Natürlich wird sofort abgewiegelt. »Konkrete Pläne« gebe es nicht. Aber wenn im nächsten Monat das Atomgesetz im Schweinsgalopp durch den Bundestag gebracht wird – zum 1. Januar 2011 soll es schon in Kraft treten –, wird man noch einmal genau hinschauen müssen, ob sich die Regierung nicht eine entsprechende Möglichkeit eröffnet. Der Nutzen für Atomlobby und Regierung läge auf der Hand: Hin und wieder kommt es nämlich durchaus vor, daß in den zuständigen Behörden wie dem Bundesamt für Strahlenschutz unbequeme Beamte sitzen, die im falschen Moment auf Paragraphen und Fakten pochen. Die könnten künftig per Privatisierung entmachtet werden, weil dann die Fachaufsicht entfiele.
Daß fachliche Einwände bei der Suche nach einem geeigneten Endlager keine Rolle spielen, hat die Geschichte der Erkundung des Gorlebener Salzstocks ohnehin bereits hinlänglich bewiesen. Aus den inzwischen veröffentlichten Akten ist klar ersichtlich, was den Kritikern der Atompolitik schon immer klar war: Anfang der 1980er fiel die Wahl auf Gorleben allein aus politischen Gründen. Die strukturschwache Region am Rande der alten Bundesrepublik schien dem seinerzeitigen christdemokratischen Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Ernst Albrecht, wie geschaffen. Von der konservativen Bevölkerung wurde kein Widerstand erwartet.
Albrecht hatte sich gründlich verkalkuliert. Größere Teile der örtlichen Bevölkerung gingen auf die Barrikaden und bekamen viel Unterstützung aus den Städten. Der Widerstand gegen die von einer Allparteienkoalition betriebene Atompolitik war zwar in der Gesellschaft noch nicht mehrheitsfähig, aber dennoch hartnäckig. Die geplante Wiederaufarbeitungsanlage mußte aufgegeben werden – erst in Gorleben und einige Jahre und viele Demonstrationen später im bayerischen Wackersdorf –, und der Bau des Endlagers verzögerte sich um Jahrzehnte. Verhindert wurde übrigens auch, das ist inzwischen fast in Vergessenheit geraten, der Bau mindestens eines Dutzend weiterer Atomkraftwerke.
Heute ist die Ablehnung der Atomkraft eine Mehrheitsposition in der Gesellschaft, und um so mehr stellt sich die Frage, ob Angela Merkel sich mit ihrer zynischen Politik nicht noch heftiger verkalkuliert hat als einst Ernst Albrecht. Die Proteste gegen »Stuttgart 21« und die große Anti-AKW-Demo vom Wochenende lassen erahnen, daß die Tage des bloßen Aussitzens à la Helmut Kohl vorbei sind.
Quelle: www.jungewelt.de vom 22.09.10
Zur Genehmigung des weiteren Ausbaus des Salzstock Gorleben zum Atommüll-Endlager erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ :
„Die Bundesregierung setzt viel Geld auf ein totes Pferd. Die fehlende Eignung des Salzstocks Gorleben ist seit Jahrzehnten bekannt. Weitergebaut werden soll nur, damit für die geplante Laufzeitverlängerung der AKW eine Entsorgung des Atommülls vorgegaukelt werden kann.
Der weitere Ausbau in Gorleben erfolgt nach dem alten Bergrecht, das keine Beteiligung der Öffentlichkeit vorsieht. Im neuen Bergrecht ist diese Beteiligung vorgesehen. Da aber einfach der alte Rahmenbetriebsplan von 1983 verlängert wird, kann die Bevölkerung mit ihren Bedenken außen vor gehalten werden. Das widerspricht der Ankündigung des Bundesumweltministers, das Verfahren transparent und mit Beteiligung der Öffentlichkeit durchführen zu wollen. Die Menschen im Wendland sollen ein weiteres Mal ausgetrickst werden. Es ist davon auszugehen, dass sie sich das nicht gefallen lassen.“
Die Lebensmittel-Großunternehmen Rewe, Netto und Edeka fördern Lohndumping im großen Stil. Diese Unternehmen arbeiten auf der Basis zweifelhafter Werkverträge mit einem bayrischen Dienstleistungsunternehmen namens „headway logistic, zusammen das den Beschäftigten nur Sklavenlöhne zahlt. Ein bei „headway logistic“ Beschäftigter berichtete, er habe in einem Monat nur knapp 380 Euro verdient, obwohl er voll gearbeitet habe.
Die stellvertretende Ver.di-Bundesvorsitzende Margret Mönig-Raane spricht von „Sklavenverhältnissen“ und fordert Rewe, Netto und Edeka auf, die Zusammenarbeit mit „headway logistic“ sofort zu beenden.
Dem TV-Magazin „Report Mainz“ liegen mehrere Arbeitsverträge von „headway logistic“ vor. Danach ist diese Firma ein richtiges Sklavenhalterunternehmen; denn sie bezahlt die Beschäftigten nach nach einem Akkordsystem, dem die Zahl bewegter Verpackungseinheiten, zugrund liegt, die in den Lagern für die jeweiligen Supermärkte zur Auslieferung zusammengestellt werden.
Für jedes dieser „Coli“ genannten Einheiten gibt es nur geringe Cent-Beträge. Selbst junge und körperlich sehr leistungsfähige Beschäftigte können pro Tag höchstens 1.300 Collis schaffen und erreichen damit einen Tagesverdient von nicht einmal 37 Euro. Weiterhin gibt es pro Beschäftigten eine „Anwesenheitsprämie“ von 75 Cent /Stunde. Wenn ein Beschäftigter im Monat aber auch nur einen Tag krank gewesen ist, entfällt diese komplett.
Die stellvertretende Ver.di-Bundesvorsitzende, Margret Mönig-Raane: „Das ist ja wirklich als hätte man einen Strick um den Hals und kämpft permanent darum, dass man überhaupt noch Luft bekommt.“ Frau Mönig-Raane weiter: „Wenn man, um auf 900 Euro netto im Monat zu kommen, 10 bis 12 Stunden täglich arbeiten muss, 14, 15 Tage am Stück arbeiten soll, dann kann ich das nur als Sklavenverhältnis bezeichnen.“ Die Unternehmen Netto und Rewe haben gegenüber „Report Mainz“ bestätigt, dass sie Verträge mit der Firma „headway logistic“ abgeschlossen haben.
Dem TV-Magazin Report Mainz liegt darüber hinaus eine E-Mail des Betriebsleiters am Edeka-Logistikstandort in Hof in Sachsen vor, in der es heißt, dass auch „die Werkvertragsfirma Headway ab Freitag, den 27.08.2010 für uns tätig sein“ wird.
Im Namen der Gewerkschaft Ver.di fordert Margret Mönig-Raane die Einzelhandelsketten Rewe, Netto und Edeka auf, die Zusammenarbeit mit dem Sklavenhalterunternehmen „headway logistic“ sofort zu beenden. Die Mitglieder der LINKEN sind empört und schließen sich solidarisch der Aufforderung von Ver.di an.
Die in der Logistik des Lebensmitteleinzelhandels Beschäftigten sind keine Sklaven, die man derart unmenschlich ausbeuten darf. Diese unglaublichen Zustände sind ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und müssen sofort beendet werden.
Die verantwortlichen Logistik-Manager gehören hinter Schloss und Riegel!
Quelle: Report Mainz vom 20.09.10, um 21.45h
Pressemeldung vom 01.09.2010
Quelle: Paritätischer Wohlfahrtsverband
Als zutiefst unsozial kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband das heute vom Bundeskabinett beschlossene Sparpaket. Die Bundesregierung nehme einen Anstieg der Armut in Deutschland bewusst in Kauf und treibe den sozialen Keil immer tiefer in die Gesellschaft. Der Verband appelliert an die Bundestagsabgeordneten, die Zwei-Klassen-Politik der Bundesregierung zu stoppen und gegen das Haushaltsbegleitgesetz zu stimmen. Zur Konsolidierung des Haushalts fordert der Paritätische vor allem die Beseitigung von Steuerprivilegien wie etwa für Erben und Vermögende.
„Während bei den Ärmsten, die sich nicht wehren können, rigoros gekürzt wird, wird die Atomlobby von der Bundesregierung an den Verhandlungstisch eingeladen. Das Sparpaket ist Ausdruck einer beispiellosen Zwei-Klassen-Politik und ein fatales Signal für die Demokratie und den sozialen Zusammenhalt in Deutschland“, kritisiert Eberhard Jüttner, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes.
Der Verband warnt vor den sozialen Folgen des Sparpaketes. „Dieses Maßnahmenpaket gleicht einem sozialen Sprengsatz. Es schafft keine Arbeitsplätze, sondern wird die Armut in unserem Land verschärfen“, so Jüttner. Die arbeitsmarktpolitischen Kürzungen dienten vor allem der Drangsalierung von Arbeitslosen und insbesondere Alleinerziehenden. Hunderttausende Familien würden durch die Streichung des Heizkostenzuschusses beim Wohngeld mutwillig in Hartz IV und damit Armut getrieben. „Das ist Sparpolitik ohne Herz und Verstand“, kritisiert Jüttner. Das Sparpaket sei nicht nur unsozial, sondern auch regional unausgewogen. Nach Berechnungen des Verbandes geht ein Großteil der Kürzungen zu Lasten ohnehin krisengebeutelter Regionen in Ostdeutschland, dem Saarland oder dem Ruhrgebiet.
Der Verband fordert eine Totalrevision des Sparpaketes und empfiehlt, Einsparmöglichkeiten endlich dort auszuschöpfen, wo tatsächlich Geld im Überfluss vorhanden ist. „Solange Deutschland eine Steueroase für Erben, Vermögende und Spekulanten darstellt, kann von sozialer Gerechtigkeit keine Rede sein. Um eine ausgewogene, faire und gerechte Haushaltskonsolidierung zu gewähren, muss sich die Regierung endlich an die Einnahmenseite heran trauen“, fordert Jüttner.
Zum Bedauern der Bürgerinitiative „Erhalt der Gärten im Gonsbachtal“ wurde in der letzten Woche ein Treffen mit Umweltdezernent Reichel von dessen Mitarbeiter Herrn Jahns mit dem Hinweis eröffnet, Herr Reichel lasse mitteilen, er nehme an diesem Treffen nicht teil.
Die Begründung: Dies sei keine öffentliche Sitzung, die BI hätte die Presse dazu eingeladen. Weiterhin sei die Pressemitteilung über den Verteiler der Partei Die Linke herausgegangen und bei diesem Treffen seien Fraktionsmitglieder aus den Reihen dieser Partei anwesend. Dies lasse sich Herr Reichel nicht bieten. Obwohl für diese Behauptung kein sachlicher Grund gegeben war, sah sich eine anwesende Redakteurin der Rheinzeitung genötigt, Herrn Jahns anzubieten den Raum zu verlassen – was dieser auch sofort annahm.
Nach Auffassung der Bürgerinitiative wurde durch diese einleitend gezeigte Haltung ein politischer Dialog von Seiten der Stadtregierung von vornherein boykottiert. Stattdessen wurde eine reine „Informationsveranstaltung“ des Umweltamtes abgehalten, indem die Projektplanung „Leitbild Gonsbachtal“ präsentiert wurde.
Das „Leitbild Gonsbachteil“ sieht ein komplettes Verschwinden der Gärten im Gonsbachtal vor, mit Ausnahme der Kleingärtenvereine und des Mühlrechs. Das heißt für die Mitglieder der Bürgerinitiative: Ein letztes Stück gewachsene Kulturlandschaft wird vernichtet und nach neuester Designermode umgestaltet.
Die Stadt hat bisher strikt abgelehnt zu Gunsten der Gartenbesitzer eine Änderung des Bebauungsplanes G 90 durchzuführen. Für die Umsetzung des „Leitbildes Gonsbachtal“ ist eine Änderung des G 90 kein Problem.
Die Vorschläge, welche die BI nach Aufforderung der Stadt zu einer Kompromisslösung gemacht hatte, wurden von der Stadt zwar positiv aufgenommen, aber es gebe dafür kein Entgegenkommen der Stadt.
Das Angebot der Stadt Mainz beschränkte sich auf die Vermittlung von Ersatzgrundstücken, welche im Zeitraum der nächsten 20 Jahre eventuell gefunden werden können. Für die alten Grundstücke ist die Stadt bereit einen Preis von 14,50€/m2 zu bezahlen. Manche haben allerdings mehr gezahlt. Ersatzgrundstücke sind nicht zu diesem Preis zu bekommen. Somit geht ein „Tausch“ finanziell zu Lasten der Gärtner des Gonsbachtales.
Nach einem Treffen der BI mit Herrn Schneider vom Umweltamt hat sich herausgestellt, dass die Stadt NICHT EIN Ersatzgrundstück besitzt. Es wurde vereinbart, dass Herr Schneider mit den zuständigen Amtsträgern Kontakt aufnimmt und uns mitteilt, ob überhaupt eine Art von Tausch stattfinden könne. Vorgeschlagen hat Herr Schneider allerdings, dass die BI sich in Eigeninitiative um Grundstücke bemühen kann. Es müsste aber dafür Sorge getragen werden, dass die Stücke nicht länger als 7 Jahre brach liegen, da sonst keine Genehmigung zum Bewirtschaften erteilt werden könne.
Die erneute Enttäuschung über die starre Haltung des Umweltamtes und insbesondere das Verhalten des Dezernenten ist den Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinitiative ins Gesicht geschrieben: „Wir wollen ein echte Zusammenarbeit und keine Scheinkompromisse“, sagte Sprecherin Ursula Frankenfeld nach der Veranstaltung.
Für die BI Peter Beck und Ursula Frankenfeld
Quellke: www.scharf-links.de
Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, erklärt zum Vorstoß von ISAF-Kommandeur Petraeus, daß Deutschland im Gegenzug für die Beendigung des Tornado-Einsatzes weitere Ausbildungs- und Kampftruppen stellen soll:
(…) Der Abzug der Tornado-Flugzeuge aus Afghanistan war längst überfällig. Die Entsendung der Tornado-Flugzeuge nach Afghanistan Anfang 2007 war der Auftakt für die direkte Beteiligung der Bundeswehr an der Vorbereitung und Führung offensiver Militäroperationen in Afghanistan. Das Ansinnen, diesen Abzug durch Aufstockung der deutschen Ausbildungs- und Kampfeinheiten zu kompensieren ist so durchschaubar wie aberwitzig. Die ISAF-Strategie ist gescheitert, die Sicherheitslage wird immer katastrophaler. (…) Die Rückverlegung der Tornados muß der Auftakt für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sein.
Quelle: www.jungewelt.de vomn 21.09.10
Das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC hat zum Beginn des UN-Millenniumsgipfels am Montag in einer Stellungnahme das Versagen der Staatengemeinschaft bei der Bekämpfung von Hunger und extremer Armut kritisiert:
»Das Problem sind die ungerechten Welthandelsstrukturen, die marktradikale Ideologie der mächtigsten globalen Institutionen, die geringe Bereitschaft der Regierungen der reichen Länder, einen ernsthaften Beitrag zu leisten, und die hoffnungslose Abhängigkeit der Länder des globalen Südens«, sagte Steffen Stierle vom bundesweiten ATTAC-Koordinierungskreis. Obwohl die Millennium-Entwicklungsziele völlig unzureichend seien, würden sie aller Voraussicht nach weit verfehlt werden. Dabei reichten die landwirtschaftlichen Produktionskapazitäten bereits heute aus, um eine Weltbevölkerung von neun Milliarden Menschen zu ernähren, wie sie die UN für das Jahr 2050 prognostiziert haben. Kerstin Sack, ebenfalls Mitglied im ATTAC-Koordinierungskreis: »Der fehlende politische Wille bedeutet Jahr für Jahr für viele Millionen Menschen Krankheit, Elend und Tod. Armut ist überflüssig, die geringen Fortschritte bei der Bekämpfung sind ein Skandal.«
ATTAC fordert eine Annullierung der Auslandsschulden aller Entwicklungsländer, eine globale Reichensteuer und die Einführung einer globalen Finanztransaktionssteuer. »Der Schuldendienst des globalen Südens verhindert eine eigenständige Entwicklung der Länder. Die jährlichen Ausgaben für Zins und Tilgung überstiegen die Einnahmen aus der internationalen Entwicklungshilfe um ein Vielfaches«, sagte Kerstin Sack. Dabei sei die Annullierung dieser Schulden problemlos machbar. Schon eine globale Reichensteuer, die den jährlichen Vermögenszuwachs aller Millionäre von sieben auf sechs Prozent reduzieren würde, würde die notwendigen Einnahmen in nur acht Jahren bringen. Auch die von ATTAC seit seiner Gründung geforderte internationale Finanztransaktionssteuer würde dreistellige Milliardenbeträge generieren.
ATTAC kritisierte zudem die Nichteinhaltung der Zusagen der Bundesregierung bei der Entwicklungshilfe und deren Ausrichtung auf die Exportinteressen deutscher Unternehmen. Mit Entwicklungsausgaben von jährlich rund sechs Milliarden Euro bleibe Deutschland weit hinter dem Durchschnitt der EU und zahlreichen in der Vergangenheit vereinbarten Zielen zurück, während für die Bankenrettung binnen kürzester Zeit 480 Milliarden Euro mobilisiert werden konnten. (…)
Quelle: www.jungewelt.de vom 21.09.10
Interview: Gitta Düperthal
Angelika Claussen ist Vorsitzende der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung
Die Ärzteorganisation IPPNW steht der Energiegewinnung aus Atomkraft generell kritisch gegenüber und gehörte zu den Organisatoren der Antiatomdemo am Samstag in Berlin. Wie war die Stimmung?
Rund 100000 Menschen haben mit uns demonstriert, wesentlich mehr als wir erwartet hatten. Fröhlicher, ausgelassener und kraftvoller Protest wurde laut. Quer durch alle Generationen und Bevölkerungsschichten ging der Aufschrei der Empörung gegen die von der CDU/FDP-Regierung geplante Verlängerung der Laufzeiten um durchschnittlich zwölf Jahre. Sehr junge und sehr alte Menschen waren dabei. Fahnen, beschriftet mit »Atomkraft, nein Danke« waren zu sehen sowie einfallsreiche selbstgemachte Transparente.
In Ihrer Rede haben Sie speziell auf die gesundheitlichen Risiken durch Atomkraft hingewiesen. Wo liegen die Hauptgefahren?
Die nehmen ständig zu. Biblis A steht seit 44 Jahren und ist damit der älteste Reaktor, den es auf der ganzen Welt gibt. Aber unsere Bundesregierung behauptet, daß die Atomkraftwerke sicher sind. Das stimmt nicht, es gibt eine Menge Schrottreaktoren. Bei Biblis B, das etwas später gebaut wurde, hat IPPNW etwa 210 gravierende Sicherheitsmängel festgestellt. Ähnliches gilt für andere Atomkraftwerke wie Brokdorf, Krümmel und Neckarwestheim. Völlig festgefahren ist die Debatte über den gefährlichen Uranbergbau. Er steht am Anfang der Brennstoffkette – Uran ist hochgiftig und radioaktiv. Solange es in der Erde ist, ist es kaum schädlich. Durch den Abbau werden radioaktive Zerfallsprodukte frei. Gelangen sie in die Lunge und Atemwege der Uranbergarbeiter oder der Bevölkerung, die in der Nähe wohnt, kann das zu Lungenkrebs oder Nierenschäden führen.
Wo wurde und wird bisher Uran abgebaut?
Bis 1990 hat die SDAG Wismut in Sachsen und Thüringen Uran abgebaut. Tausende sind dort an Lungenkrebs gestorben. Heute liegen dreiviertel der Abbaugebiete auf Territorien der indigenen Völker – sei es in Australien, Indien oder in Kanada und den USA; vor allem aber dort, wo Menschen arm sind und sich aufgrund von Unwissenheit kaum Widerstand regt: in den afrikanischen Staaten Niger, Mali und Namibia. Zum Beispiel baut der französische Konzern Areva in Afrika Uran ab, wo es kaum staatliche Kontrollen gibt. Er kann tun, was er will. Messungen der Radioaktivität werden nicht geduldet. Versuchen es unabhängige Organisationen dennoch, werden sie umgehend des Landes verwiesen.
Sie haben einen Brief an die vier großen Energiekonzerne E.on, Vattenfall, EnBW und RWE in Deutschland geschickt und bisher keine Antwort erhalten. Was war Ihre Absicht?
Wir haben die Konzerne nach der Herkunft des Urans und nach Gesundheitsschutzmaßnahmen für die Bergarbeiter und die im Umkreis wohnende Bevölkerung gefragt. Zudem haben wir parlamentarische Anfragen an die Bundesregierung nach der Herkunft des Urans ausgewertet, es gab nur ausweichende Antworten. Motto: wir kaufen es auf dem Weltmarkt; Weiteres wissen wir nicht. Wir aber. INPPW hatte eine Anhörung bei der Internationalen Urankonferenz in Basel Ende August veranstaltet. Dort berichtete die Häuptlingsfrau White Face von den Sioux aus Süd-Dakota in den Vereinigten Staaten, wie »mitten im Herzen der USA ein Genozid stattfindet«. Sie sagte: »Wir müssen in einem Gebiet leben, wo Erde und Wasser verseucht sind. Menschen unseres Stammes werden krank und sterben.«
Muß die Antiatombewegung noch breiter werden?
Ja, das wird sie auch und zudem einfallsreicher und radikaler. Im November wird gegen die Castortransporte demonstriert. Zusätzlich sollten wir die Büros der Bundestagsabgeordneten von CDU und FDP mit Protesten überziehen. Damit man dort versteht, daß wir nicht länger stillhalten. Wir müssen uns auf eine lange Auseinandersetzung einstellen. Es kommt darauf an zu zeigen, daß erneuerbare Energien Arbeitsplätze bringen. Gewerkschaften sowie alle, die sich dafür einsetzen, werden wir stärker als bisher einbeziehen.
Quelle: www.jungewelt.de