Wolfgang Huste Polit- Blog

Strategien gegen rechts. Bei einem Kongreß in Bochum diskutierten Antifagruppen über neofaschistische Strukturen in NRW und eine bessere Vernetzung

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Das Ruhrgebiet hat sich in den letzten Jahren zu einer Hochburg der sogenannten Autonomen Nationalisten entwickelt. Alljährlich marschieren diese gewalttätigen Neonazis Anfang September zu ihrem »Nationalen Antikriegstag« in Dortmund auf. Wie in ländlichen Gebieten Ostdeutschlands kämpfen Neonazis auch im Ruhrgebiet um »national befreite« Angstzonen, in denen aktive Antifaschisten bedroht und vertrieben werden. Doch auch die rassistische Vereinigung »Pro NRW« konnte bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfahlen mit Hetze gegen Muslime und Moscheebauten punkten. Eine untergeordnete Rolle spielt dagegen in NRW noch die NPD. Doch die Partei steht kurz vor ihrer Vereinigung mit der Deutsche Volksunion (DVU). Ab kommenden Jahr könnte so in Deutschland eine faschistische Partei mit rund 10000 Mitgliedern entstehen.

Mit derartigen Entwicklungen im rechten Lager befaßte sich am vergangenen Wochenende ein regionaler Antifakongreß unter dem Motto »Was tut sich in den Städten – gemeinsam gegen rechts!« im Bahnhof Bochum-Langendreer, der von der Bundestagsfraktion Die Linke gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW veranstaltet wurde. Gerade in diesem Bundesland sind eine Vielzahl von Antifagruppen oft nebeneinander tätig, ohne gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Ihnen eine Kommunikationsplattform auf »neutralem Boden« zu geben, war ein Ziel der Tagung. Während dies nach Auffassung der Veranstalter gelang, traten die Israel- und US-Clakeure der »Antideutschen Antifa« nicht offen in Erscheinung.

Mit Blick auf den »Hobbygenetiker und Schädelvermesser Sarrazin«, dessen Buch sich bereits eine Million Mal verkaufte, konstatierte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, in ihrem einleitenden Vortrag zum Thema »Antifa-Strukturen stärken, in Partei und Bewegung« einen Rechtstrend in der Gesellschaft. Jelpke berief sich dabei auf eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, wonach die öffentliche Zustimmung zu rassistischen und antidemokratischen Auffassungen seit 2008 erheblich zugenommen habe und jeder dritte Befragte Deutschland »gefährlich überfremdet« sehe. Die rassistische Stimmungsmache erfolge gezielt von Politikern wie dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU), um von den Verantwortlichen der Wirtschaftskrise abzulenken. »Auch in unserer eigenen Partei gibt es leider Genossen, die sich dieser Sanktionslogik nicht gänzlich entziehen wollen«, warnte die Innenpolitikerin vor einer partiellen Zustimmung zu Sarrazins und Seehofers Thesen von den angeblichen Integrationsverweigerern. Gegen die rechte Stimmungsmache reiche es nicht, nur antifaschistische Politik zu machen und Naziaufmärsche zu blockieren: »Wir müssen Mut haben zu einem konsequenten, ja auch einem populistischen, das heißt verständlichen Antikapitalismus«, so Jelpke.

In ihrem Workshop über den Zusammenhang von »Krise, Kriegen und Faschismus« zeigte die Dortmunder Linksparteiaktivistin Iris Bernert-Leushacke Kontinuitätslinien des völkischen Schein-Antikapitalismus der ­NSDAP, der sich gegen Juden richtete und der heutigen sozialen Demagogie der NPD auf, die »die anderen« zum Ziel ihrer Angriffe macht. Die Landtagsabgeordnete Anna Conrads und der Politikwissenschaftler Wolfgang Dreßen zeigten auf, wie im Namen der von der schwarz-gelben Bundesregierung hochgehaltenen Extremismustheorie die seit langem kontinuierlich arbeitenden und aus Bundesmitteln geförderten zivilgesellschaftlichen, antirassistischen Gruppierungen plötzlich selber unter Extremismusverdacht gestellt werden. Außerdem sollen sie einen an den Kalten Krieg gemahnenden Knebelerlaß nicht nur über ihre Verfassungstreue und sondern auch die Verfassungstreue ihrer Kooperationspartner unterzeichnen. Conrads war zuvor in den Medien mehrfach selber wegen ihrer Mitgliedschaft in der vom Verfassungsschutz beobachteten Antirepressionsorganisation Rote Hilfe als »Extremistin« attackiert worden. Rena Kenzo befasste sich mit Frauen in der Neonaziszene. In einem Workshop von Antifaaktivistinnen ging es dagegen unter der Frage »Alles Macho oder was!? Wie männlich ist die Antifa?« um das Mackertum mancher schwarzgekleideter Streetfighter.

jW-Bericht vom 19.11.10; www.jungewelt.de

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 01. Dezember 2010 um 16:52 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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