Wolfgang Huste Polit- Blog

Wendehälse. Grünes Wahlkampfgetöse. Von Rainer Balcerowiak

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Die Grünen strotzen derzeit vor Selbstbewußtsein. Für die Landtagswahlen in diesem Jahr werden ihnen deutliche Stimmengewinne prognostiziert, in Berlin und Baden-Württemberg könnten sie mindestens zweitstärkste Partei werden. Während die Regierungsparteien im Zustimmungstief verharren, die SPD sich immer noch in einer Art Schockstarre befindet und die Linke mehr durch innerparteiliche Scharmützel als mit konsequenter Oppositionspolitik von sich reden macht, positionieren sich Joseph Fischers Erben anscheinend recht erfolgreich als sozialliberale Partei neuen Typs. Bei zwei großen gesellschaftlichen Konflikten – AKW-Laufzeiten und »Stuttgart 21« – haben sie eindeutig die Meinungsführerschaft errungen.

Auch die auf der am Freitag beendeten Klausur ihrer Bundestagsfraktion gepackte Wahlkampf-Wundertüte kann sich durchaus sehen lassen: Gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro, Garantierente für langjährige Beitragszahler, mehr Kitaplätze und Ganztagsschulen sowie eine Bürgerversicherung für das Gesundheitswesen werden versprochen. Dazu kommen eine Vermögensabgabe, die Anhebung der Hartz-IV-Sätze und der schnelle Ausstieg aus der Atomenergie sowie mehr Bürgerbeteiligung bei infrastrukturellen Großvorhaben.

Das alles klingt ganz nett, wenn auch nicht besonders originell, und man kann es mit gutem Recht auch als halbherzig oder unzureichend kritisieren. Doch darum geht es nicht. Wahlprogramme sind ohnehin bei keiner Partei das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind. Und ganz besonders in bezug auf die Grünen stellt sich die Frage, ob es irgendeinen vernünftigen Grund geben könnte, ihnen etwas zu glauben. 1998 zogen sie als Hoffnungsträger nicht nur der Friedens- und Umweltbewegung, sondern auch vieler sozial engagierter Menschen für sieben Jahre in die Bundesregierung ein. Die Bilanz ist verheerend: Unter maßgeblicher Beteiligung grüner Spitzenpolitiker wurde die Beteiligung Deutschlands an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg durchgesetzt. Hartz IV trägt ebenso das Copyright des »rot-grünen Projektes« wie der schwammige »Atomkonsens«, der die jetzt beschlossene Verlängerung der AKW-Laufzeiten erst möglich machte. In keiner anderen Regierungskonstellation wurde durch Steuergeschenke so viel Geld von unten nach oben umverteilt. Die jetzt beklagte »Zwei-Klassen-Medizin« ist auch eine Folge der damaligen »Gesundheitsreformen«. Rentensenkungen wurden auf den Weg gebracht, der Arbeitsmarkt dereguliert und Niedriglohnsektoren etabliert. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.

Bis auf Fischer, der mittlerweile als Lobbyist für Großkonzerne arbeitet, ist das Spitzenpersonal der Grünen geblieben. Und nun steigen jene Politiker, die für all dies verantwortlich zeichnen, in die Bütt und fordern einen »Politikwechsel«. Ein solcher wäre in der Tat nötig. Durchzusetzen ist er aber nur gegen die Grünen, wenn sich diese in Regierungsverantwortung befinden.

Quelle: www.jungewelt.de vom 15.01.11

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 15. Januar 2011 um 12:43 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Ernüchternd ist auch, dass die Grünen weiterhin erwägen, der Mandatsverlängerung für die Kriegseinsätze in Afghansistand zuzustimmen oder sich im Bundestag wie im Vorjahr der Stimme zu enthalten. Die Frage: „Krieg oder Frieden sei » ist einer Enthaltung nicht zugänglich..

    Comment: Wolfgang Huste – 15. Januar 2011 @ 13:34

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