Wolfgang Huste Polit- Blog

Dresden blockiert. Von Markus Bernhardt, Dresden

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Mehr als 20000 Nazigegner haben am Sonnabend einen Aufmarsch von insgesamt etwa 2000 Neofaschisten in Dresden verhindert. Diese wollten ursprünglich anläßlich der alliierten Bombenangriffe auf die Stadt im Jahre 1945 aufmarschieren. Trotz großräumiger Absperrungen, massiven Pfefferspray-, Schlagstock- und Wasserwerfereinsätzen der Polizei folgten Tausende Menschen dem Aufruf des bundesweiten Bündnisses »Dresden stellt sich quer!« und beteiligten sich rund um den Dresdner Hauptbahnhof an antifaschistischen Massenblockaden. Auf dem dortigen Vorplatz wurden über Stunden hinweg etwa 900 Neonazis von der Polizei festgehalten. Einer weiteren Gruppe von etwa 1000 Neofaschisten gelang es, im Stadtteil Plauen marodierend durch die Straßen zu ziehen und vermeintliche Nazigegner anzugreifen. Darüber hinaus kam es im Stadtgebiet zu weiteren gewalttätigen Attacken kleinerer Gruppen von Neonazis.

Obwohl die am Bahnhof eingepferchten Rechten mehrfach sogenannte »Polenböller« auf die Beamten warfen und strafbare Parolen wie »Wir töten Euch alle!« und »Nationaler Sozialismus jetzt!« skandierten, sahen die Einsatzkräfte keine Notwendigkeit, die braune Zusammenrottung zu beenden und die Straftäter festzunehmen. Hingegen gingen die Einsatzkräfte mehrfach äußerst brutal gegen Antifaschisten vor. So kam es zu Dutzenden Verletzten aufgrund des nahezu wahllosen Einsatzes von Pfefferspray. Auch vor Schlagstockeinsätzen gegen betagte Mitglieder der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) machten die Beamten, die mit etwa 4500 Personen im Einsatz waren, nicht Halt. »Es ist eine Schande, in welchem Ausmaß die Polizei auf Antifaschisten eingeprügelt hat, die sich einzig an Sitzblockaden beteiligen wollten«, konstatierte der VVN-BdA-Vorsitzende Heinrich Fink im Gespräch mit jW.

Auch Dagmar Enkelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, übte Kritik an der Polizei. So sei es ihr und anderen Linken-Parlamentariern, die mäßigend auf die Beamten einwirken wollten, ganztägig – und im Gegensatz zu ihrem Grünen-Amtskollegen Volker Beck – untersagt worden, polizeiliche Absperrungen zu durchqueren.

Noch am Samstag abend stürmte ein Sondereinsatzkommando der Polizei die Geschäftsstelle der Linkspartei in der sächsischen Landeshauptstadt, in der sich auch Räume von »Dresden stellt sich quer!« befinden. Wegen des »Verdachts auf die Organisation einer Straftat und Landfriedensbruch« hätten die Beamten alle Türen des Hauses gewaltsam aufgebrochen, Laptops und Handys beschlagnahmt, sowie Mitarbeiter in Handschellen gelegt und festgenommen, berichtete die Bundestagsabgeordnete Katja Kipping (Die Linke).

Erwartungsgemäß setzte am Sonntag ein Trommelfeuer aus absurden Angriffen gegen die Teilnehmer der antifaschistischen Proteste ein. So ereiferte sich etwa Carsten Biesok, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im sächsischen Landtag, über gewaltbereite Linksextremisten, die in der Stadt schwere Straftaten begangen hätten, und über den sächsischen Linksfraktionschef André Hahn. Der hatte zuvor »die Kombination aus dilettantischem Handeln des Dresdner Ordnungsamtes und verantwortungslosen Urteilen des Verwaltungsgerichts« kritisiert und ein »parlamentarisches Nachspiel« des Behördenhandelns angekündigt.

Quelle: www.jungewelt.de vom 21.02.11

Dieser Beitrag wurde am Montag, 21. Februar 2011 um 12:51 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Großartiger Erfolg
    Dresden: Neonaziaufmarsch verhindert
    Von Markus Bernhardt
    Dem bundesweiten antifaschistischen Bündnis »Dresden stellt sich quer!« ist am Sonnabend ein großartiger Erfolg gelungen, der der bundesdeutschen Neonaziszene einen Schlag versetzt hat. Zum zweiten Mal in Folge ist es dem rechten Mob nicht gelungen, einen seiner letzten verbliebenen Großevents überhaupt durchzuführen. Allen staatlichen Kriminalisierungsversuchen, medialen Hetzkampagnen und dumpfem »Rot gleich Braun«-Gequatsche der etablierten Politik zum Trotz haben über 20000 Nazigegner Europas größten rechten Aufmarsch mittels Massenblockaden verhindert.

    Der Erfolg von Dresden beruht auf der großer Entschlossenheit und dem großen Mut, mit der sich jung und alt ungeachtet aller ansonsten vielleicht vorhandenen politischen Meinungsverschiedenheiten auf den Weg gemacht haben, dem bisher traditionell stattfindenden widerwärtigen braunen Treiben ein Ende zu setzen. Es war ein höchst beeindruckender und emotionaler Moment, den antifaschistischen Kolonnen Tausender Menschen beizuwohnen, die sich ihren Weg zu Fuß über die Autobahn bahnen mußten, weil die Polizei ihre Busse dort gestoppt hatte.

    Im krassen Gegensatz zu den Antifaschisten hat sich das offizielle Dresden wieder einmal alles andere als mit Ruhm bekleckert. So hatte das Verwaltungsgericht der Elbmetropole verfügt, daß den Neonazis die Straße freigegeben werden müssen und Gegenproteste auf allen Ebenen zu unterbinden sind.

    Es gehört zu der Kategorie Binsenweisheiten, daß die deutsche Justiz (neo)faschistischem Treiben mit einer ausgeprägten Toleranz begegnet. Und selbst Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) kam am Samstag nicht um die Feststellung herum, es entstehe der »problematische Eindruck«, daß »die Stadtverwaltung das Demonstrationsrecht der Neonazis schützt, während Demokraten in ihrem Protest eingeschränkt werden«.

    Die Polizei erfüllte tatsächlich voller Inbrunst die Aufgabe, die ihr die Dresdner Verwaltungsrichter aufgetragen hatten. Bei eisigen Temperaturen setzten die Staatsdiener Wasserwerfer und Pfefferspray gegen Demonstranten ein, prügelten mit Schlagstöcken auf die Köpfe von Antifaschisten, die bereits wehrlos am Boden lagen. Selbst sogenannte »Pepperball«-Pistolen, mittels derer gezielt Pfefferspraykügelchen abgefeuert werden können, und mindestens eine Überwachungsdrohne kamen zum Einsatz. Während Neofaschisten unter den Augen der Beamten ein alternatives Wohnprojekt in Dresden angreifen konnten, zeigten die sogenannten Ordnungshüter gegenüber den Nazigegner ihr wahres Gesicht.

    Das engagierte Vorgehen der Antifaschisten, die sich ungeachtet der gegen sie gerichteten Gewaltexzesse – die alles andere als Einzelfälle waren – den Neonazis in den Weg stellten, macht Mut. Dresden zeigt auch, Antifaschismus ist dann von Erfolg, wenn man ihn selbst in die Hand nimmt. Und das notfalls eben auch gegen politisches Establishment, Justiz und Polizei.

    Quelle: http://www.jungewelt.de vom 21.02.11

    Comment: Wolfgang Huste – 21. Februar 2011 @ 13:04

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