Wolfgang Huste Polit- Blog

Rechte profitieren von antimuslimischen. Mainstreamdebatten. Von Markus Bernhardt

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Nicht erst seit der Ende August 2010 erfolgten Veröffentlichung von Thilo Sarrazins Buch »Deutschland schafft sich ab« und den darin enthaltenen muslimfeindlichen und sozialdarwinistischen Ergüssen nehmen in der Bundesrepublik gegen Muslime gerichtete Vorurteile und Stigmatisierungen stetig zu. Dem SPD-Politiker und früheren Berliner Finanzsenator ist mit seinem »Bestseller« ein Erfolg gelungen, der rechten und neofaschistischen Splittergrüppchen und Kleinstparteien bisher versagt blieb: Deutschland übt den Tabubruch. Endlich darf– flankiert von reißerischer Medienberichterstattung – wieder ausgesprochen werden, was der deutsche Durchschnittsbürger seit jeher zu wissen glaubte: Der Moslem an sich will sich nicht integrieren, übt sich in Sozialschmarotzertum, unterdrückt Frauen, attackiert Homosexuelle und verachtet selbstredend jeglichen Lebenswandel, den man gemeinhin »westlich« orientiert nennt.

Es ist nicht etwa ein pauschal formulierter Rassismus, sondern die sich zunehmend aggressiver gerierende explizite Muslimfeindlichkeit, die Neonazis, Rassisten, christliche Fundamentalisten und sogenannte Antideutsche zusammenbringt und die – wie vor einigen Monaten in Berlin geschehen – schlimmstenfalls in Brandanschlägen auf Moscheegemeinden gipfelt.

Vor allem Gruppierungen wie »Pro Deutschland« oder deren Schwesterpartei, die selbsternannte nordrhein-westfälische Bürgerbewegung »Pro NRW«, verspüren ob des gesellschaftlichen Zuspruchs für antimuslimische Haßtiraden Oberwasser. Zwar sind die »pro«-Aktivisten noch immer bemüht, sich in der Öffentlichkeit ein halbwegs bürgerliches Antlitz zu geben. Nicht wenige der (früheren) Funktionäre waren jedoch bereits in der Vergangenheit in rechtsextremen bzw. neofaschistischen Parteien wie den »Republikanern«, der NPD oder anderen ähnlich gelagerten Gruppierungen aktiv bzw. engagierten sich in der rechten Szene. Zu nennen wären unter anderem der frühere rechtsextreme Multifunktionär und heutige »pro Deutschland«-Chef Manfred Rouhs, der Rechtsanwalt Markus Beisicht (früher »Deutsche Liga für Volk und Heimat«) und die Kölner Fraktionsvorsitzende Judith Wolter, die 2002 ein Grußwort auf dem Bundeskongreß der NPD-Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten« hielt.

Motiviert von den Auswüchsen der Sarrazin-Debatte versuchen Kleinstparteien wie »Pro Deutschland« und deren lokale Ableger, die Bevölkerung darüber hinwegzutäuschen, daß es sich bei ihnen maßgeblich um »Ein-Punkt«-Organisationen handelt. Würden sie nicht versuchen, die Bevölkerung auf noch mehr antimuslimische Stigmatisierungen zu trimmen und den Kampf der Kulturen aufzunehmen, es bliebe kaum politischer Inhalt. So setzt »Pro Deutschland« in Berlin, wo die Gruppierung im September zu den Abgeordnetenhauswahlen antreten will, maßgeblich auf den Kampf gegen eine angebliche »Islamisierung« und den von Muslimen vermeintlich betriebenen »demographischen Dschihad«.

So albern die rechten Muslimfeinde im Einzelfall auch immer wirken mögen, die von ihnen ausgehende Gefahr darf keineswegs unterschätzt werden. Nicht zuletzt bekommen die Rassisten Schützenhilfe in der bundesdeutschen Mainstreampresse. Der langjährige Spiegel- und heutige Welt-Autor Henryk M. Broder stellte sich etwa auf die Seite des niederländischen Muslimfeindes Geert Wilders. Auch der Holocausüberlebende und Publizist Ralph Giordano hatte aufgrund von Ausfällen gegen Muslime in der Vergangenheit bereits Beifall von »Pro NRW« erhalten. Die Gefahr, daß Parteien wie »Pro Deutschland« auf der antimuslimischen Welle des gesellschaftlichen Mainstreams Erfolge verbuchen können, ist daher so gering nicht.

Quelle: www.jungewelt.de vom 02.05.11

Dieser Beitrag wurde am Montag, 02. Mai 2011 um 11:15 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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