Den Grünen ist keine Kröte zu groß. Winken Macht, Ämter und Posten, wird geschluckt, was irgendwie reingeht. Und wenn es doch mal klemmt im Hals, besorgt ein guter Schluck Wein den Rest – gern auch ein edler Moselriesling. Den allerdings wird es wohl nicht mehr lange geben. Wenn am Sonntag die Landesdelegierten der Ökopartei einem Regierungsbündnis von SPD und Grünen in Rheinland-Pfalz erwartungsgemäß grünes Licht geben, könnte es bald um eine der weltweit besten Weißweinlagen geschehen sein. Laut Koalitionsvertrag, den die Parteispitzen zu Wochenanfang beschlossen und am Freitag offiziell vorgestellt haben, wird die Hochmoselbrücke bei Bernkastel-Kues »wie geplant« fertiggestellt (jW berichtete). Bei Anwohnern, Weinbauern und Naturschützern stößt das auf Empörung. Gleichwohl hofft man darauf, daß der Parteitag den Beschluß noch kippen könnte.
Das indes erscheint ziemlich blauäugig. »95 Prozent der Basis stehen hinter der Koalitionsvereinbarung«, erklärte Uwe Andretta, Sprecher des Kreisverbands Bernkastel-Wittlich am Freitag gegenüber junge Welt. Bei einem Delegiertentreffen am Donnerstag habe sich gezeigt, daß der Entscheid pro Moselübergang auf große Zustimmung trifft und »kein Knackpunkt« sei. »Es war einfach nichts mehr zu machen«, griff Andretta die Sprachregelung der Parteispitze um Landeschefin Eveline Lemke auf. Die hatte ihre Zustimmung damit begründet, ein Ausstieg aus dem bereits fortgeschrittenen Unternehmen werde »extrem teuer und kompliziert« und auf »horrende Strafzahlungen« im Falle eines Baustopps hinauslaufen.
Gegen das Mammutprojekt, bei dem eine einzigartige Kulturlandschaft auf 160 Meter Höhe und 1,7 Kilometer Länge mit nacktem Beton überbrückt werden soll, wurde jahrelang erbittert gekämpft. In vorderster Front standen dabei stets die Grünen. Kritiker brandmarken diese jetzt als »Umfaller«, die sich von der SPD haben über den Tisch ziehen lassen. »Ich bin maßlos enttäuscht, vor allem über den Dilettantismus, mit dem hier verhandelt wurde«, ereiferte sich Heidelind Weidenmann, Landesvizevorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), im jW-Gespräch. Vor allem, was die drohenden Regreßforderungen anbelangt, werde »gelogen, was das Zeug hält«. Dazu kommt eine Reihe weiterer offener Fragen: Etwa, ob die Prognosen zum Verkehrsaufkommen zutreffen und ob die Zubringer den Wasserhaushalt der Weinberge beeinträchtigen. Das eben ist die begründete Sorge der anliegenden Weinbauern.
Einer davon ist Ernst Loosen. Er spricht von einem »brachialen Eingriff in die Natur« und fürchtet, daß »uns die Trasse das Wasser abgräbt bei einigen der weltbesten Riesling-Lagen«. Außerdem würden die Touristen einen weiten Bogen um das Monsterbauwerk machen, das sei ein »Trauerspiel«, klagte er in der Frankfurter Rundschau (FR) vom Donnerstag. Loosen hat zum ersten und letzten Mal die Grünen gewählt. »Ganz egal, ob es CDU, SPD, FDP oder Grüne sind: Am Ende wollen sie nur an die Macht.« Einen »Schimmer von Hoffnung«, die Grünen-Delegierten beim entscheidenden Parteitag doch noch zur Einsicht zu bringen, hat derweil der Sprecher der »Initiative pro Mosel«, Georg Laska. Für Sonntag hat die Bürgerinitiative zu einer Protestdemo vor dem Tagungsort in Neuwied aufgerufen. Wie er jW schilderte, hätten ihn »massenhaft Anrufe erreicht von Leuten, die sagen, das können die Grünen nicht machen«.
Quelle: www.jungewelt.de vom 07.05.11
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