Der Bericht der Reaktorsicherheitskommission ist eine Farce«. Wie Die Linke im hessischen Landtag verrissen auch Grüne und Anti-AKW-Gruppen das Ergebnis des »Streßtests« für die 17 deutschen Atomkraftwerke. Die Studie wurde am Dienstag in Berlin vorgestellt.
Die Meiler, so das Fazit des Kommissionsvorsitzenden Rudolf Wieland, sind mehr oder weniger gut gegen Hochwasser, Erdbeben und andere Naturkatastrophen gewappnet. Dem gezielt herbeigeführten oder zufälligen Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs dagegen kann keiner standhalten. Der »Streßtest« solle die sicherheitstechnische Grundlage für die anstehenden energiepolitischen Entscheidungen liefern, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) bei der Präsentation des Papiers. Ob und wie viele AKW stillgelegt werden sollen, blieb aber offen. Nach Röttgens Worten hat die Kommission bei der Überprüfung der Meiler »völlig neue Fragestellungen« entwickelt und »erstmalig etwas überprüft, was bislang noch nie zuvor geprüft worden ist«.
Das ist blanker Unsinn. In sechs Wochen lassen sich die Schwachstellen von Kernkraftwerken gar nicht ernsthaft überprüfen. Allenfalls das Zusammentragen von längst Bekanntem ist in so kurzer Zeit möglich. Die Reaktorsicherheitskommission (RSK) hat sich vor allem auf schriftliche Auskünfte der Betreiber verlassen, wie Wieland einräumte. Die Befragung war zudem begrenzt auf Ereignisse wie Erdbeben, Hochwasser oder Flugzeugabstürze. Ausgeblendet blieben Unfallszenarien, die sonst bei Sicherheitsüberprüfungen im Vordergrund stehen. Und die Erkenntnis der RSK, daß kein deutsches AKW dem Absturz einer großen Verkehrsmaschine standhält, ist in Wirklichkeit zehn Jahre alt. Ein nach den Anschlägen vom 11. September 2001 von der damaligen SPD-Grünen-Bundesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten kam zu demselben Ergebnis. Das von Jürgen Trittin (Grüne) geführte Umweltministerium hielt die Studie seinerzeit unter Verschluß.
Beim »Streßtest« habe es sich nur um eine »freundliche Betreiberbefragung« gehandelt, sagte Henrik Paulitz von der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW. Dabei sei »lediglich Papier beschrieben« worden, »und zwar in erster Linie von den AKW-Betreibern selbst«. Die Organisation »ausgestrahlt« erinnerte an die Zusammensetzung der RSK: Unter den 16 Mitgliedern seien Vertreter der Stromkonzerne, Mitarbeiter des Reaktorbauers Areva und Angestellte von Forschungsinstituten, die einen Großteil ihrer Aufträge dadurch bekämen, daß es laufende Atomkraftwerke gibt.
Unterdessen gingen gestern die Proteste gegen die »Jahrestagung Kerntechnik« des Deutschen Atomforums in Berlin weiter. Aktivisten versuchten immer wieder, den Veranstaltungsort zu blockieren, wurden aber von der Polizei brutal daran gehindert. Bereits am Montag hatten nach Angaben von Antiatominitiativen 800 Menschen gegen die Veranstaltung demonstriert.
Daß die deutschen Energiekonzerne weiter auf Atomkraft setzen, machte unterdessen RWE deutlich. Nach Spiegel-online-Informationen plant das Unternehmen den Bau eines neuen AKW in den Niederlanden – knapp 200 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Baukosten: Rund fünf Milliarden Euro. Zudem wurde bekannt, daß sich der Energieversorger mit dem niederländischen Unternehmen Delta über eine Beteiligung am AKW Borssele in der Provinz Seeland geeinigt hat.
Quelle: www.jungwelt.de vom 18.05.11
« Kann es einen „grünen“ Kapitalismus geben? Von Wolfgang Huste – »Zeit für Zeugen«. Begegnung mit unermüdlichen Kämpfern: Film über die Antifaschisten, Kommunisten und Friedensaktivisten Ettie und Peter Gingold in Frankfurt/Main uraufgeführt. Von P.C. Walther »
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