Zum Tod eines Bundeswehrsoldaten in Afghanistan erklärte am Donnerstag in einer Stellungnahme Peter Strutynski, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag:
49 getötete Soldaten, darunter 31, die »im Gefecht gefallen» sind, lautet die nüchterne Bilanz der fast zehnjährigen Kriegsteilnahme Deutschlands am Hindukusch. Die Zahlen der körperlich Verletzten und Versehrten sowie der psychisch Erkrankten (PTBS) werden vom Verteidigungsministerium nicht mitgeteilt. Sie dürften in die Tausende gehen.
Ohnehin nicht mitgeteilt werden aber die Opfer, die auf afghanischer Seite zu beklagen sind: Dazu zählen afghanische Sicherheitskräfte, Kämpfer der Taliban und anderer Widerstandsgruppen (von denen es laut UNO ungefähr 2000 gibt) und – vor allem – Zivilpersonen. Einer konservativen Berechnung der AG Friedensforschung an der Uni Kassel zufolge kamen von 2001 bis April 2010 mindestens 60000 Menschen im Afghanistan-Krieg ums Leben; darunter befinden sich mindestens 20000 Zivilpersonen. (…)
Vor diesem Hintergrund sind die Tränen, die um den deutschen Soldaten vergossen werden, nur der kleinste Teil aufrichtiger Betroffenheit. Die politische Klasse hierzulande bauscht ihn unzulässigerweise zu einem »tragischen« Vorfall auf und zieht völlig falsche Schlußfolgerungen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière bemühte in einer ersten Stellungnahme das bekannte Mantra vom »feigen, anonymen Anschlag«, dem der deutsche Soldat zum Opfer gefallen sei. Wie soll dann das Feuer bewertet werden, das Bundeswehrsoldaten vorige Wochen auf einen Demonstrationszug trauernder Afghanen eröffnet haben, wobei zwölf Menschen niedergemäht wurden? Und daß Soldaten und Kämpfer im Gefecht keine Visitenkarten austauschen und somit »anonym« bleiben, dürfte im Krieg wohl die Regel sein.
Am schlimmsten aber ist die Resistenz der Regierung gegenüber allen »Zumutungen«, ihre Strategie in Afghanistan zu verändern oder gar über einen Abzug der Bundeswehr nachzudenken. Jede und jeder, der sich ernsthaft mit der Lage in Afghanistan beschäftigt hat, weiß, daß es keine militärische Lösung gibt – und nie gegeben hat. Die Bilanz des fast zehnjährigen Krieges ist desaströs: Zunahme der Analphabetenquote, wachsende Lebensmittelknappheit, drastisch gestiegene Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen, kein wirklicher Fortschritt bei den Frauen- und Menschenrechten außerhalb Kabuls, massive Manipulationen bei den »demokratischen« Wahlen (Präsidentschaft und Parlament) 2009 und 2010. (…)
Die Friedensbewegung fordert auch im zehnten Kriegsjahr den sofortigen und bedingungslosen Abzug der fremden Truppen aus Afghanistan. Nur auf dieser Basis können Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien in Afghanistan in Gang kommen und kann ein wirklicher ziviler Aufbau des Landes zum Wohle der Bevölkerung beginnen. Die Friedensbewegung bereitet einen Aktionsherbst gegen den Afghanistan-Krieg vor – mit dezentralen Aktionen zum Antikriegstag (1. September) und zum zweiten Jahrestag des Kundus-Massakers (4. September), einer Anklageerhebung in Berlin und zahlreichen weiteren Aktivitäten zum 10. Jahrestag des Kriegsbeginns (7. Oktober) sowie mit bundesweiten Aktionen anläßlich des Anfang Dezember in Bonn stattfindenden Kriegsgipfels (»Petersberg II«).
Quelle: www.jungewelt.de vom 26.05.11
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