Am Mittwoch war der letzte Schultag in Rheinland-Pfalz. Für Hunderte Lehrerinnen und Lehrer könnte es bis auf weiteres auch der letzte Arbeitstag gewesen sein. Viele der landesweit 2700 Vertretungskräfte an den weiterführenden Schulen wissen bis heute nicht, ob sie nach den Sommerferien noch einen Job haben. Schuld sind die »Sparbemühungen« der neuen Landesregierung, die wegen der beschlossenen Schuldenbremse sämtliche Vertretungsverträge auf den Prüfstand stellt. An den Schulen im Land herrscht deshalb helle Aufregung. Mancherorts wird ein Unterrichtsausfall von bis zu zehn Prozent im kommenden Schuljahr befürchtet. Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) setzt derweil auf Beruhigungspillen und verspricht für die Zukunft ein »höheres Maß an Verläßlichkeit«.
Schulleiter, Berufs- und Elternverbände schlagen dagegen Alarm und beklagen eine nie dagewesene Planungsunsicherheit. Zum Ferienstart sei noch völlig unklar, welche Lehrer weitermachen können und welche nicht. »An den allermeisten Schulen wird davon ausgegangen, daß in ganz massivem Umfang Unterricht ausfallen wird«, erklärte Udo Küssner von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Rheinland-Pfalz am Mittwoch gegenüber junge Welt. Nach Einschätzung des Landesgeschäftsführers würden Verträge entweder nicht verlängert oder die Stundenzahl gekürzt. Mit einer »erheblichen Verschlechterung der Unterrichtsversorgung« rechnet auch die Arbeitsgemeinschaft der Schulelternbeiräte (ARGE-SEB). Damit vergraule man »gute Pädagogen«, die mangels Perspektiven aus dem Land abwandern würden, lautet ein Vorwurf der Elternvertreter.
Nach der Wiederwahl von Regierungschef Kurt Beck (SPD) hatte Bildungsministerin Ahnen kurzerhand verfügt, daß die Schulaufsichtsbehörde (ADD) in Trier bei auslaufenden Befristungen nur noch mit dem Segen ihres Ministeriums Verträge abschließen oder verlängern dürfe. In einer Pressemitteilung vom 6. Juni erklärte sie diese »Überprüfung der bisherigen Vertretungspraxis« für abgeschlossen und kündigte die Einrichtung eines Vertretungspools mit 200 zusätzlichen Planstellen an. Der Philologenverband nannte dies einen »Hütchenspielertrick«. Das reiche »bei weitem nicht aus, um eine vollständige Unterrichtsversorgung zu gewährleisten«. Zudem haben davon die um ihre Zukunft bangenden Vertretungskräfte nichts. Denn der ADD bleibt wohl auch weiterhin angewiesen, beim Personal den Rotstift anzusetzen. Selbst Ahnen räumte in einem Brief an Schulen und Eltern indirekt ein, daß die Zahl der Vertretungskräfte künftig deutlich sinken könnte.
Für rheinland-pfälzische Verhältnisse hat die aktuelle Aufregung fast schon etwas von einem Volksaufstand. Seit 17 Jahren kann Landesvater Beck schalten und walten, wie er will, ohne jemals ernsthaften Widerstand in der Bevölkerung verspürt zu haben. Der Wind hat sich offenbar gedreht: Im pfälzischen Frankenthal – eigentlich ein verschlafenes Nest – waren am Montag über 1000 Schüler, Eltern und Lehrer durch die Straßen gezogen, um stimmgewaltig gegen Bildungs- und Lehrerklau zu demonstrieren. Die politisch Verantwortlichen sehen das nicht gern: Einem Bericht der Mainzer Allgemeinen Zeitung (AZ) zufolge wurden die Schulleitungen inzwischen von Amts wegen angehalten, sich öffentlich nicht mehr zum Thema zu äußern.
Der Unmut erklärt sich auch mit der Diskrepanz zwischen den bildungspolitischen Heilsversprechen der Regierung und ihrer Tagespolitik. Im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen ist viel die Rede von besseren Schulen, mehr Lehrkräften, kleineren Klassen und der »demographischen Rendite« angesichts rückläufiger Schülerzahlen. Tatsächlich sollten aber »2000 Lehrerstellen in den nächsten fünf Jahren gestrichen und viel, viel Geld gespart werden«, merkte dazu Gewerkschafter Küssner an. Die GEW will zunächst noch abwarten, wie sich die Lage an den Schulen in den kommenden Wochen entwickelt. »Sollten sich unsere Befürchtungen aber zum neuen Schuljahr bewahrheiten, werden wir in Aktion treten.«
Quelle: www.jungewelt.de vom 24.06.11
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