Wolfgang Huste Polit- Blog

Deutsche Trittbrettfahrer. Von Arnold Schölzel

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Drei Tage nach dem Doppelanschlag in Norwegen, bei dem mindestens 93 Menschen getötet wurden, nutzten deutsche »Sicherheitsexperten« das Verbrechen, um schärfere Überwachungsgesetze zu fordern. Vor einer Haftrichterin in Oslo bekannte sich Attentäter Anders Behring Breivik am Montag nicht schuldig. Die islamophobe Szene Westeuropas und neofaschistische Organisationen distanzierten sich von dem Verbrechen Breiviks, nicht von seiner Ideologie. Am Mittag gedachten Norwegen und die Nachbarländer Dänemark und Schweden mit einer Schweigeminute der Opfer des Anschlags.

Breivik bleibt laut einer Entscheidung der zuständigen Richterin für acht Wochen in Untersuchungshaft, vier Wochen davon in Isolation. Die Richterin erklärte nach dem nicht-öffentlichen Haftprüfungstermin, der 32jährige habe angegeben, Europa retten und sein Land gegen den Islam und den Marxismus verteidigen zu wollen.

In der Bundesrepublik nutzten CSU-Politiker die Gelegenheit, um schärfere Überwachung zu fordern. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, plädierte sogar für eine Erfassung aller »auffälligen Personen« im Internet. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sprach sich für die Vorratsdatenspeicherung aus und bezeichnete es als »irrwitzig«, den Sicherheitsbehörden »die Instrumente zu versagen, die sie zur Täterermittlung benötigen«. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) schloß sich ihm an: Es müsse »über mehrere Monate hinweg« nachvollziehbar sein, »wer mit wem telefoniert, wer wem eine E-Mail oder SMS geschickt hat«. Der Innenminister des Bundeslandes, Joachim Hermann (CSU), unterstützte Witthaut im Deutschlandfunk: »Es gehört offensichtlich dazu, daß wir auch im Internet präventiv unterwegs sind, daß wir beobachten, wo gibt es radikale Einträge.«

Die Bundesregierung riet von einer neuen Debatte über die Datenspeicherung ab. »Die Vorgänge in Norwegen geben in diesem Zusammenhang keine zusätzlichen Argumente«, erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Die Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch nannte Uhls Äußerung »bedrückend«. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sprach sich für einen Neuanlauf im NPD-Verbotsverfahren aus, allerdings müßten die Länder ihre »V-Männer« aus der Neonazipartei »abziehen«.

Zahlreiche Vertreter westeuropäischer Rechtsparteien meldeten sich am Montag zu Wort. Sie erklärten – wie Geert Wilders, Vorsitzender der niederländischen PVV, es handele sich bei dem Norweger um einen »gewalttätigen und kranken Psychopathen«. Wissenschaftler und antirassistische Initiativen wiesen dagegen darauf hin, daß es sich bei Breivik nicht um ein Einzelphänomen handele. So erklärte der Wiener Historiker Gerhard Botz im österreichischen Standard: »Was Breivik getan hat, liegt im geistigen Umfeld vor.« Ihr Verhältnis zu dem Attentat illustrierte die deutsche NPD, deren Verbot das Bundesverfassungsgerich 2003 mit der Begründung »fehlende Staatsferne« verweigerte, am Montag so: »In diesem Zusammenhang muß daran erinnert werden, daß die politische Klasse der BRD erst vor wenigen Tagen den Bombenanschlag vom 20. Juli erneut als legitimes Mittel der Politik gefeiert hat. Auch bei diesem Anschlag kamen Unschuldige zu Tode.«

Quelle: www.jungewelt.de vom 27.07.11

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 26. Juli 2011 um 16:31 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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