Seit Beginn des Krieges gegen Libyen Mitte März sind bis zu 1800 Bootsflüchtlinge aus Nordafrika im Mittelmeer jämmerlich ertrunken, und das, obwohl die NATO mit einer gigantischen Kriegsflotte das Mittelmeer kontrolliert, über Radar alle Boote orten kann und das Gebiet mit AWACS-Flugzeugen überwacht. Auf diesen Skandal hat der Internetdienst ngo-online hingewiesen – am Samstag, als hierzulande anläßlich mit Schweigeminute und Politikeransprachen zum 13.August 1961 an die 137 Tote an der Berliner Mauer erinnert wurde. Das UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR hatte Ende Juli von mindestens 1500 Flüchtlingen gesprochen, die den Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, wohl mit ihrem Leben bezahlten.
Geschafft haben am Wochenende den lebensgefährlichen Fluchtversuch rund 1600 Menschen. Sie sind auf der zwischen der nordafrikanischen Küste und Sizilien gelegenen italienischen Insel Lampedusa eingetroffen, wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA am Sonntag meldete. Die Flüchtlinge seien an Bord von rund einem Dutzend Schiffe gewesen, unter ihnen waren etwa hundert Frauen und 40 Kinder, darunter drei Neugeborene. Die italienische Küstenwache ortete den Angaben zufolge zwei weitere Schiffe mit mehreren hundert Flüchtlingen südlich der Küste. Auch auf Sardinien kamen in der Nacht zum Sonntag zwei Boote mit 48 Menschen an.
Am 1. und 2. August waren in Lampedusa laut offiziellen Angaben etwa 500 Flüchtlinge angekommen. Auf einem der Boote entdeckte die Küstenwache im Maschinenraum die Leichen von 25 Männern, die dort offenbar an den Abgasen erstickt waren. Am 4.August war ein in Libyen gestartetes Flüchtlingsschiff mit noch rund 300 Menschen an Bord vor Lampedusa entdeckt worden. Während der tagelangen Odyssee mit defektem Motor waren nach Angaben einer Überlebenden etwa 100 Menschen an Bord verhungert und verdurstet. Andere berichteten von »Dutzenden Toten«. Ihre Leichen wurden ins Meer geworfen. Das beschädigte Boot war schon frühzeitig von einem zyprischen Schlepper entdeckt worden. Dessen Kapitän hatte per SOS die italienische Küstenwache alarmiert, die daraufhin die NATO um Unterstützung bat. Diese lehnte es aber ab, den Flüchtlingen zu helfen, obwohl ein Schiff des Militärpakts keine 30 Seemeilen entfernt war. Dies berichtete seinerzeit die Nachrichtenagentur ANSA. Der italienische Außenminister Franco Frattini, sonst nicht zimperlich im Umgang mit Flüchtlingen, war genötigt, eine offizielle Untersuchung des Vorfalls zu fordern.
Die NATO wies die Vorwürfe aus Rom umgehend zurück und behauptete, das Militärbündnis schreite in Notfallsituationen gemäß internationalen Rechts immer ein. Dies ist freilich dreist gelogen. Der britische Guardian hatte im Mai von einem Fall unterlassener Hilfeleistung auf hoher See berichtet (siehe jW vom 15. Mai 2011). NATO-Kriegsschiffe hatten demnach ein Boot mit afrikanischen Flüchtlingen 16 Tage lang hilflos im Mittelmeer treiben lassen. Von 72 Menschen überlebten nur neun. Die bezeugten, über dem Schiff in Seenot sei ein mit dem Wort »Army« beschrifteter Hubschrauber aufgetaucht. Die Besatzung hatte Wasserflaschen und Pakete mit Keksen herabgelassen und dem Kapitän durch Zeichen zu verstehen gegeben, er solle auf Kurs bleiben und die Ankunft eines Rettungsschiffs abwarten. Dieses erschien jedoch nicht. Später befand sich das Boot in Sichtweite eines Flugzeugträgers.
Quelle: www.jungewelt.de vom 15.08.11
« Nicht akzeptables Unrecht. Erklärung der Vorsitzenden der Partei Die Linke, Gesine Lötzsch und Klaus Ernst, zum 13. August 1961: – Weitere faschistische Aktivisten in Koblenz angeklagt »
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