Wolfgang Huste Polit- Blog

Blutbad in Kairo. Von Karin Leukefeld

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Nach schweren Auseinandersetzungen in Kairo am Wochenende hat der Militärrat die Sicherheitsvorkehrungen in der Stadt deutlich erhöht. Zusätzliche Soldaten wurden vor dem Parlamentsgebäude sowie vor anderen zentralen Einrichtungen stationiert. Nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur MENA wurden Dutzende Menschen wegen des Verdachts der »Anstiftung zu Chaos« festgenommen.

Tausende koptische und andere Demonstranten hatten am Sonntag mit einem Sit-in vor dem staatlichen ägyptischen Fernsehgebäude protestiert. Anlaß war die Zerstörung einer Kirche im Süden des Landes. Der Zorn der Demonstranten richtete sich vor allem gegen Mustafa Al-Sayed, den Gouverneur der Provinz Assuan. Sie verbrannten dessen Bilder und forderten den Militärrat auf, Al-Sayed zu entlassen. Das staatliche Fernsehen beschuldigten sie, Hetze gegen die Christen anzuheizen.

Der friedliche Protest war in eine Straßenschlacht umgeschlagen, als Männer in Zivilkleidung mit Stöcken gegen die Demonstranten vorgingen. Aus Fenstern und von Balkonen hätten Personen Flaschen auf die Demonstranten geworfen, berichtete eine Reporterin. Andere Passanten und Anwohner, auch Muslime, seien den Demonstranten daraufhin zu Hilfe gekommen. Ein Augenzeuge sagte der britischen BBC, die Militärpolizei habe Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt, auch Schüsse waren zu hören. Die Straßenschlacht weitete sich bis auf den nahe gelegenen Tahrir-Platz aus. Steine und Molotowcocktails flogen, ein gepanzertes Fahrzeug der Militärpolizei raste in die Menschenmenge. Fernsehbilder zeigten, wie Demonstranten einen Soldaten angriffen, während ein Priester sich schützend vor ihn stellte. Ein Soldat war zu sehen, der angesichts der vielen Verletzten weinend zusammenbrach. Nach offiziellen Angaben wurden 24 Menschen getötet und 270 weitere verletzt. Am Montag kam es erneut zu Auseinandersetzungen vor einer Klinik, in der viele Opfer behandelt wurden.

Ministerpräsident Essam Scharaf rief die Bevölkerung am Montag zur Ruhe auf. Gewalt zwischen Muslimen und Christen bedrohe die Einheit und den politischen Wandel in Ägypten, sagte er. Beide Gruppen seien »Söhne Ägyptens«. Die Regierung werde nicht zulassen, daß »irgendeine Gruppe die nationale Einheit Ägyptens manipuliert oder den demokratischen Übergangsprozeß hinauszögert«. Für Ende November ist die erste Runde der Parlamentswahlen geplant.

Der Großimam der angesehenen Al-Azhar-Moschee, Scheich Ahmed Al-Tayeb, rief zu einem Treffen des überkonfessionellen Dialogprojektes »Familienhaus« auf. Auch die Opposition kündigte für Montag ein Sondertreffen an. Die EU forderte den Schutz der Kopten und eine Untersuchung. Bei den Auseinandersetzungen am Samstag habe es sich nicht um einen konfessionellen Konflikt gehandelt, sondern um einen Angriff auf eine Minderheit, hieß es in der englischsprachigen Onlinezeitung Al-Ahram. Die Attacke auf die Kopten durch einen aufgestachelten Mob sei vergleichbar mit den rassistischen Übgriffen auf Schwarze in den USA.

Rund zehn Prozent der 80 Millionen Ägypter sind Kopten. Bereits in der Vergangenheit ist es immer wieder zu Konflikten gekommen. Angriffe von dogmatischen Salafisten auf Kopten waren vom alten Regime zum eigenen Machterhalt instrumentalisiert worden. Deshalb wurde bereits die Vermutung geäußert, daß die Eskalation von dessen Anhängern provoziert wurde. Der Patriarch der koptisch-orthodoxen Kirche machte Provokateure für die Ausschreitungen verantwortlich, die sich »in den Demonstrationszug eingeschlichen« hätten.

Quelle: www.jungewelt.de vom 11.10.11

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 11. Oktober 2011 um 14:27 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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