Hessens Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn weist den SPD-Vorstoß für ein allgemeines Ausländer-Wahlrecht zurück. Die Linke kritisiert: Es gibt kein Vorrecht für „germanische Gene“. Zwölf Jahre nach der Auseinandersetzung über die doppelte Staatsbürgerschaft ist in Hessen wieder eine heftige Debatte über die Rechte von Ausländern aufgebrochen. Die schwarz-gelbe Koalition reagierte am Wochenende scharf auf den Vorstoß von SPD-Chef Schäfer-Gümbel, ein allgemeines Wahlrecht für Ausländer in Deutschland einzuführen, die seit einigen Jahren hier leben. Zustimmung kam nur von der Linken. Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) sagte, ein allgemeines Ausländer-Wahlrecht sei „mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, es hilft keinem Migranten beim Prozess der Integration und verwirrt allenfalls die hessische Bevölkerung“. Nach Hahns Ansicht führt die SPD hier „Alibi-Diskussionen“, die in der Integrationspolitik nicht weiter hülfen. CDU-Fraktionschef Wagner sprach von einem „verfassungswidrigen Vorschlag“. Das Ausländerwahlrecht eigne sich nicht, um Integration zu fördern. „Wer sich wirklich mit unserem Land identifiziert, kann nach erfolgreichem Abschluss des Integrationsprozesses die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben“, betonte Wagner. „Als CDU wollen wir den Deutschen mit türkischer Herkunft, aber nicht den Türken mit deutschem Pass.“ Schäfer-Gümbel biedere sich bei den in Hessen lebenden Ausländern an. Erfreut über die Initiative des SPD-Vorsitzenden zeigte sich hingegen Linken-Fraktionschef van Ooyen. „Wir treten für diese Forderung natürlich von Anfang an ein“, sagte van Ooyen der FR. „Das Wahlrecht darf nicht reduziert werden auf germanische Gene.“ Dass Menschen in zwei Ländern wählen dürfen, sei kein Problem, sagte van Ooyen – und nannte seine eigene Familie als Beispiel. Seine Frau und seine Kinder besäßen neben der deutschen noch die französische Staatsbürgerschaft und dürften damit auch den französischen Präsidenten wählen. Die Grünen hingegen beurteilen den SPD-Vorstoß skeptisch. Sie seien dafür, „das Wahlrecht an die Staatsbürgerschaft zu koppeln“, sagte die Grünen-Integrationspolitikerin Mürvet Öztürk. Allerdings setze sich ihre Partei entschieden dafür ein, „die Einbürgerung zu erleichtern und Mehrstaatigkeit zuzulassen“. Der „Schlüssel“ liege darin, den „Optionszwang“ aufzuheben – also den Zwang für Jugendliche mit zwei Pässen, sich mit 18 Jahren für eine der beiden Staatsbürgerschaften zu entscheiden. Dann könnten sich die Menschen auch politisch einbringen, betonte Öztürk. Der SPD-Vorsitzende hatte sich in einem Interview gemeinsam mit dem Vorsitzenden der hessischen Ausländerbeiräte, Di Benedetto, dafür eingesetzt, dass alle Menschen, „die dauerhaft hier leben“, mitbestimmen dürften – zunächst bei Kommunal-, später auch bei Bundestags- und Landtagswahlen. Di Benedetto hatte darauf hingewiesen, dass hierfür eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich wäre. Di Benedetto war vor kurzem in die SPD eingetreten und will beim Parteitag am nächsten Samstag in Kassel für den Landesvorstand der Partei kandidieren. CDU-Fraktionschef Wagner urteilte, die Neutralität der Ausländerbeiräte nehme „durch die klare Parteinahme von Herrn Di Benedetto für die SPD Schaden.“
Quelle: Frankfurter Rundschau, 04.10.2011
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