Wolfgang Huste Polit- Blog

Mörderischer Angriff. Griechenland: Zu den Hintergründen der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten gegen die Kürzungspolitik der Regierung. Von Heike Schrader, Athen

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Als »organisierten mörderischen Angriff von Befehle ausführenden Provokateuren« bezeichnete die Kommunistische Partei Griechenlands, KKE, den Angriff auf ihre Gewerkschaftsfront PAME am Donnerstag. Dabei hatten mehrere hundert Vermummte den Demonstrationsblock der PAME vor dem griechischen Parlament mit Steinen, Rauchgeschossen und sogar Brandbomben angegriffen. Bei den Auseinandersetzungen wurden mehr als 40 Menschen verletzt, der PAME-Gewerkschafter Dimitris Kotzaridis erlitt einen tödlichen Herzinfarkt. Im Internetportal Indymedia dagegen wurde die Attacke auf die Gewerkschafter als anarchistischer »Angriff auf die Schergen der KKE, die die Rolle der Polizei übernommen haben« bejubelt. In- und ausländische Medien sprachen von einem Übergriff Vermummter auf friedliche Demonstranten, die Hintergründe vermochte niemand zu erklären. Doch der brutale Angriff auf Griechenlands Kommunisten kommt nicht aus heiterem Himmel:

Für die einen war es ein hoffnungsvolles Zeichen für eine Wendung hin zur gemeinsamen Aktion, für die anderen die endgültige Demaskierung der KKE als Steigbügelhalter der Herrschenden. In der Vergangenheit hatten KKE und ihre Gewerkschaftsfront PAME stets im Alleingang agiert, bei Generalstreiks separate Kundgebungen organisiert und dafür gesorgt, daß die eigenen Anhänger den Syntagma-Platz im Herzen Athens bei Eintreffen der Demonstrationen von Gewerkschaftsdachverbänden, außerparlamentarischen Linken und anarchistischem Spektrum schon wieder verlassen hatten. Bereits beim letzten zweitägigen Generalstreik Ende Juni aber organisierte die PAME zwar ihre getrennte Kundgebung, zeigte aber anschließend zusammen mit allen anderen am Syntagma-Platz Präsenz. Dies wiederholte sich beim Generalstreik vergangenen Mittwoch und Donnerstag. An beiden Tagen besetzte die PAME mit Zehntausenden Anhängern den gesamten Boulevard oberhalb des Platzes direkt vor dem Parlament, ihren Demonstrationsblock dabei wie immer durch eine dichte Kette mit Helmen und Knüppeln bewaffneter Mitglieder abschirmend. Insbesondere wurde den anderen Demonstrantengruppen der Zugang zum provokanten Absperrzaun der Polizei am Parlament verwehrt, ein Ort, an dem es in der Vergangenheit regelmäßig zu Straßenschlachten zwischen militanten Demonstranten und der Staatsmacht gekommen war. Mit dem Resultat, daß Zehntausende friedlicher Protestteilnehmer entweder fluchtartig den Platz verlassen mußten oder im Tränengasnebel versanken. Es ist sicher kein Zufall, daß dieses für griechische Massendemonstrationen mittlerweile gewohnte Szenario am Mittwoch erst kurz nach Abzug der PAME am Nachmittag einsetzte.

Für den Donnerstag hatte die PAME ihre Anhänger zu einer symbolischen Umzingelung des Parlaments mobilisiert, dabei aber klargestellt, daß man den Abgeordneten nicht den Zutritt zum Haus verwehren werde. Andere Demonstranten warfen der PAME daraufhin vor, der PASOK so erst die bequeme Zustimmung zum eigentlich bekämpften Gesetz zu ermöglichen. Stimmen aus Kreisen der Anarchisten und der radikalen Linken sprachen sogar davon, daß KKE und PAME damit den Polizeischutz des Parlaments übernommen hätten. Einen eigenen Plan zu dessen Blockade hatte indes niemand vorgestellt, Gewerkschaftsdachverbände und außerparlamentarische Linke hatten lediglich zu einer Demonstration vor dem Parlament aufgerufen.

Die der PAME angedichtete Rolle des bürgerlichen Schutzpolizisten dürfte denn auch der Vorwand für den mörderischen Angriff auf die Gewerkschafter gewesen sein. Inwieweit dabei bezahlte Polizeispitzel ihre Hand im Spiel hatten, wird wohl kaum aufgedeckt werden. Das griechische anarchistische Spektrum steht in klarer politischer Feindschaft zur von der KKE vertretenen Ideologie des organisierten Klassenkampfes, des demokratischen Zentralismus, der Rolle der Partei und vielem mehr. Tätliche Angriffe auf Parteistrukturen oder Demonstrationsblocks der KKE hat es auch in der Vergangenheit bereits gegeben, mehrheitlich wird die Auseinandersetzung allerdings politisch geführt. In der Linken und bei den Gewerkschaften wurde der Angriff einhellig verurteilt.

Quelle: www.jungewelt.de vom 21.10.11

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 21. Oktober 2011 um 18:25 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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