Die Partei Die Linke hat seit Sonntag ein Grundsatzprogramm. »Daß wir so weit gekommen sind, ist eine Ohrfeige für die, die uns seit vier oder fünf Jahren unser Scheitern vorhersagen«, erklärte der Bundesvorsitzende Klaus Ernst vor der Verabschiedung auf dem Parteitag in Erfurt. Mit 503 Delegierten stimmten 96,9 Prozent für das Programm, das unter anderem die Verstaatlichung von Banken, ein Verbot von Leiharbeit und einen gesetzlichen Mindestlohn von 60 Prozent des Durchschnittslohns verlangt. Letzteres geht auf einen Änderungsantrag der Bundesarbeitsgemeinschaft Betrieb und Gewerkschaft zurück. Im Leitantrag des Vorstands stand zuvor nur »in existenzsichernder Höhe«.
Im außenpolitischen Teil des Programms fordert Die Linke den Austritt aus den militärischen Strukturen der NATO und das Ende aller Auslandseinsätze der Bundeswehr. Statt dessen soll es ein ziviles »Willy-Brandt-Korps für die internationale Katastrophenhilfe« geben. Der frühere Parteivorsitzende und saarländische Fraktionschef der Linken, Oskar Lafontaine, hatte den Namensvorschlag damit begründet, daß der 1992 verstorbene Sozialdemokrat Willy Brandt als Bundeskanzler in der Blockkonfrontation des Kalten Krieges eine Politik des Gewaltverzichts vertreten habe, zu der die heutige SPD und die Grünen dringend zurückkehren müßten.
Linke-Chef Klaus Ernst betonte am Sonntag, seine Partei stehe in der Tradition der Arbeiterbewegung. »Wir sind auch die Erben der Pariser Kommunardinnen und Kommunarden«, sagte der Gewerkschafter und bekannte sich ebenso zu Rosa Luxemburg und Carlo Giuliani, der 2001 beim Protest gegen den G-8-Gipfel in Genua von der Polizei erschossen worden war. Sein Vater habe damals allen Trauernden das Versprechen abgenommen, für eine bessere und gerechtere Welt zu kämpfen, in der es weniger Gewalt gebe. Dies wolle auch die Partei Die Linke.
Das neue und erste Programm seit dem Zusammenschluß der PDS und der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) zur Partei Die Linke im Jahr 2007 bezeichnete Oskar Lafontaine in seiner Rede am Sonntag als »das modernste Programm im Hinblick auf die Herausforderungen der Diktatur der Finanzmärkte«.
Das neue Programm sei »vollkommen auf der Höhe der Zeit«, bekräftige die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen gegenüber junge Welt. »Es ist konsequent antikapitalistisch und antimilitaristisch. Zum ersten Mal wird die Eigentumsfrage als Kernfrage linker Politik gestellt.« Zudem habe die Linke die Forderung nach einer Beendigung ausnahmslos aller Auslandseinsätze der Bundeswehr und dem Austritt aus den militärischen Strukturen der NATO in ihren Grundsätzen verankert. »Die Aufgabe ist es jetzt, dieses Programm in Politik umzuwandeln«, so die Parteilinke.
Eine der zwölf Enthaltungen bei der Schlußabstimmung kam dagegen von der stellvertretenden Vorsitzenden Halina Wawzyniak, die als »Reformerin« innerhalb der Linken gilt. Mit Nein votierten nur vier Deligierte. Wawzyniak begründete ihre Nichtzustimmung damit, daß die Formel »Freiheit durch Sozialismus« in der Präambel nicht durch »Freiheit und Sozialismus« ersetzt worden sei.
Zahlreiche Medien hatten am Samstag einen Parteitagsbeschluß skandalisiert, in dem die Entkriminalisierung von Drogenkonsumenten und die langfristige Legalisierung aller Rauschmittel gefordert wurde. Nachdem Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi in einer Rede erläutert hatte, daß es doch um »kontrollierte Abgabe« durch Ärzte an schwer Suchtkranke gehe, wurde dies kurzfristig abgestimmt und in den Programmentwurf eingearbeitet.
Quelle: www.jungewelt.de vom 24.10.11
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