Die Kritik an der Observation von Linksparteiabgeordneten im Bundestag verschärft sich. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) bezeichnete es in der Süddeutschen Zeitung (Dienstagausgabe) als »unerträglich«, daß frei gewählte Parlamentarier ins Visier der Verfassungsschützer gerieten. Sie empfahl den Schlapphüten in Anspielung auf deren Versagen gegen Rechtsterrorismus, ihre »Schwerpunkte zu überdenken«. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte in Berlin: »Rechts blind, links blöd – diese Bundesregierung ist ein Ausfall im Kampf gegen den Rechtsextremismus«.
Empörung rief ein Rechtfertigungsversuch von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hervor. Wenn die Überwachung von Parlamentariern verboten wäre, müsse man auch die Beobachtung von NPD-Parlamentariern einstellen, so Friedrich im ZDF-Morgenmagazin. Linksparteichef Klaus Ernst verwahrte sich gegen die Gleichstellung mit Neonazis und sprach Friedrich die Eignung für das Ministeramt ab.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte sogar, die Überwachung auf die gesamte Fraktion auszuweiten. Die Linke im Bundestag veröffentlichte gestern eine Liste von 27 Abgeordneten, die der Geheimdienst observiert. Zu ihnen gehören viele Politiker aus Ost und West bzw. allen Strömungen der Partei – bis hin zur Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, zum Fraktionschef Gregor Gysi und zur Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch. Gysi wandte sich in einem Schreiben an Kanzlerin, Bundespräsident und Parlamentspräsident. Er forderte, die geheimdienstliche Tätigkeit müsse unverzüglich eingestellt werden.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, verwies darauf, daß auch die Landesämter für Verfassungsschutz Parlamentarier der Linkspartei beobachteten. Die niedersächsische Nachrichtendienst sei besonders aktiv. (AFP/jW)
Quelle: www.jungewelt.de vom 25.01.12
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