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Schnüffler und Vertuscher. LKA behindert juristische Aufklärung des Spitzeleinsatzes gegen Heidelberger Linke. Von Ralf Wurzbacher

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Die Richter der vierten Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe haben es nicht leicht. Sie sollen auf Antrag mehrerer Kläger Licht ins Dunkel einer gegen die Heidelberger linke Szene gerichteten Spitzelattacke des »Staatsschutzes« bringen – und sind zum Scheitern verurteilt. Ihr Problem: Die »Staatsschützer« lassen sie nicht ihre Arbeit machen. Das Gros der Akten, die es in dem Fall in Fülle gibt, werden von höchster Stelle unter Verschluß gehalten, und die wenigen Unterlagen, die dem Gericht vorliegen, sind über weite Strecken geschwärzt. Vollständig unterdrückt wurden so auch die angeblich 15 Berichte des vom Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg entsandten V-Manns Simon Bromma. Dabei war es dessen aufgeflogener Schnüffeleinsatz, der den Fall überhaupt erst ins Rollen brachte.

Bromma hatte neun Monate lang, von April bis zu seiner Enttarnung im Dezember 2010 als verdeckter Ermittler (VE) im linken studentischen Milieu in Heidelberg sein Unwesen getrieben (jW berichtete). Er betätigte sich in der Hochschulgruppe des Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverbands (Die Linke.SDS), in Reihen von Antifaschisten, Klimaschützern und in der Anti-AKW-Bewegung und sammelte eifrig Informationen über beteiligte Aktivisten. Angeblich wurde der Einsatz von der Heidelberger Polizei angeordnet und mit einer vermeintlichen »Gefährdungslage« rechtfertigt. Sieben direkt von der Infiltrierung Betroffene haben im August 2011 eine Sammelklage gegen das Land Baden-Württemberg eingereicht, um die Rechtmäßigkeit des Vorgangs überprüfen zu lassen. Sollte ihr Einspruch gegen die behauptete Geheimhaltungsbedürftigkeit erfolglos bleiben, ist ihr Anliegen praktisch aussichtslos.

Als Chefvertuscher in der Angelegenheit hat sich SPD-Innenminister Reinhold Gall hervorgetan. Er setzte im Dezember, exakt ein Jahr nach Enttarnung Brommas, seine Unterschrift unter eine von der Polizeidirektion beantragte Sperrerklärung. Zur Begründung des Antrags hat Landespolizeipräsident Wolf Hammann argumentiert, die Zugänglichkeit der Akten gefährde die Arbeit der Polizei. VE-Einsätze könnten »ihre Wirkung nur erzielen, wenn die Art und Weise ihrer Durchführung dem polizeilichen Gegenüber dauerhaft verborgen bleibt«. Als »polizeilicher Gegenüber« gilt offenbar auch die Justiz. Nach Angaben des »Arbeitskreises Spitzelklage zur Aufklärung des Falls Simon Bromma« umfaßt das den Verwaltungsrichtern zugängliche Material lediglich die fraglichen Einsatzordnungen der Heidelberger Polizeidirektion und deren Begleitakten.

Wenngleich die Daten »verstümmelt« seien, erschließe sich daraus trotzdem die »Absurdität« des Vorgehens, schrieb der AK am Montag in einer Medienmitteilung. »Das Fehlen jeglicher denkbaren Legitimation und die Nichtexistenz realer Anlässe werden durch groteske Konstruktionen und Mutmaßungen kompensiert.« Dazu zählt insbesondere die pauschale Unterstellung einer »hohen Gewaltbereitschaft« der linken Szene. Als Beleg dafür mußte beispielsweise eine Antinazidemonstration herhalten, bei der erst durch »entsprechende Maßnahmen der Polizei (Platzverweise) (…) nach hiesiger Bewertung eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Rechts und Links verhindert werden (konnte)«. Merke: »Gewaltpotential« ist, wenn vielleicht die Fetzen hätten fliegen können.

Genauso wacklig kommt nach Einschätzung des Arbeitskreises der Terrorismusverdacht daher: So solle es ein Spitzeleinsatz möglich machen, »gegen sich bildende terroristische Vereinigungen rechtszeitig einzuschreiten«. Von den Zielpersonen, gegen die laut AK nicht mehr vorlag als »großteils eingestellte Verfahren und Ordnungswidrigkeiten sowie die Auflistung der von ihnen besuchten linken Demonstrationen«, wird nach der Aktenlage lediglich angenommen, daß sie auch künftig »polizeilich in Erscheinung treten« bzw. am »sogenannten Demonstrations-Tourismus« teilnehmen würden. Der AK bilanziert: »Daß eine derartig krude Zusammenstellung vermeintlicher polizeilicher Erkenntnisse als Grundlage eines grundrechtswidrigen Spitzeleinsatzes dient, ist ein Skandal.«

Quelle: www.jungewelt.de vom 25.01.12

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 25. Januar 2012 um 13:22 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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