Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist sich seiner Sache sicher: Politiker der Partei Die Linke müssen auch weiterhin vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Es gebe »tatsächliche Anhaltspunkte«, daß es »der Linken, jedenfalls Teilen davon, um die Errichtung der Diktatur des Proletariats marxistisch-leninistischer Prägung geht«, sagte Friedrich am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag. Zudem unterstellte er Teilen der Linken, das Recht auf allgemeine und freie Wahlen beseitigen zu wollen. Die Partei beherberge »linksextremistische Chaoten«, ihr fehle auch, sagte Friedrich am Tag der Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr, eine »klare Abgrenzung zur Gewalt«. Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung seien laut Gerichtsurteil nicht nur dann gegeben, wenn die Partei in ihrer Gesamtheit solche Bestrebungen entfalte, sekundierte der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer.
Die Aussprache zum Thema »Zweifelhafte Überwachung von 27 Bundestagsabgeordneten der Fraktion Die Linke durch den Verfassungsschutz« war nach Bekanntwerden des Sachverhalts von der insgesamt 76 Mitglieder starken Fraktion selbst verlangt worden.
Der Innenexperte der Linksfraktion, Jan Korte, sprach von einem »schier unglaublichen Vorgang«. Die Beobachtung der Linken durch den Inlandsgeheimdienst sei antidemokratisch, sie zerstöre »das Vertrauen in die Politik vor Ort« und die Chancengleichheit der Parteien. Das Eintreten seiner Partei gegen Krieg und Sozialabbau sei demokratisch legitim. Friedrich hatte der Linken auch Verbindungen zu »verbotenen ausländischen Guerillaorganisationen« wie der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen. Korte schlug vor, gerade die CSU, die »besonders engagiert und geifernd« in dieser Debatte auftrete, solle »in Demut schweigen«, sie sei jahrelang durch Kumpanei mit der Pinochet-Diktatur in Chile und dem Apartheid-Regime in Südafrika aufgefallen.
Mit Blick auf die Auswahl der vom Verfassungsschutz Beobachteten sagte Korte, die Fraktion lasse sich nicht auseinanderdividieren. Versuche gab es am Donnerstag reichlich: Der FDP-Abgeordnete Stefan Ruppert sprach von »merkwürdigen Westdeutschen« und »teilweise eher vernünftigen Ostdeutschen«; der Grüne Volker Beck meinte, Bundesinnenminister Friedrich gehe es offenbar nicht um die Beobachtung besonders extremer und »kruder« Positionen, die Liste der Betroffenen sei mit wenigen Ausnahmen ein »Who is Who des Reformerflügels« um Dietmar Bartsch. Eine Lanze brach Beck für Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, »die an staatstragendem Charakter von kaum einem hier übertroffen wird. Was macht die auf dieser Liste?« Als »Stuß« bezeichnete Beck die Einschätzung, die Linke wolle die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, konstatierte: »Minister Friedrich ist mit seiner Aufgabe überfordert«. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi wiederholte seine Aussage, der Verfassungsschutz sei »ballaballa«.
Der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl beschwerte sich über die Gleichsetzung von »Beobachten und Überwachen« durch Redner der Linken, »als wäre da Abhören im Spiel oder ähnliche nachrichtendienstliche Mittel. Das ist nicht korrekt«. Es würden nur »offene Quellen« genutzt. Linken-Politiker Bockhahn, der auch im Geheimdienstkontrollgremium sitzt, wies darauf hin, daß einzelne Länder offen erklärt hätten, nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen. Die Erkenntnisse nutze wiederum auch das Bundesamt für Verfassungsschutz.
Quelle: www.jungewelt.de vom 27.01.12
« Bundeswehr ködert weiter massiv Jugendliche an Schulen – NPD scheitert auf ganzer Linie »
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