Kaum hat sich der Autogigant General Motors (GM) auf Kosten seiner Beschäftigten saniert, erhöht der US-Konzern den Druck auf seine Europatochter Opel/Vauxhall. Das Wall Street Journal (WSJ) zitierte am Mittwoch einen GM-Vertreter mit der Aussage, man habe bei Opel »zunehmend das Gefühl, daß die Einschnitte vor zwei Jahren nicht annähernd tief genug gingen«. Mit dem 2010 aufgelegten »Sanierungsplan« hatte der Konzern europaweit rund 8300 Stellen gestrichen und die Fabrik im belgischen Antwerpen geschlossen. Bei der neuerlichen Kürzungsrunde könnte es Konzernkreisen zufolge zu weiterer Arbeitsplatzvernichtung kommen. Demnach stehen die Fabriken in Bochum und im britischen Ellesmere Port mit insgesamt mehr als 5000 Beschäftigten zur Disposition.
Der Betriebsratsvorsitzende des Bochumer Opel-Werks, Rainer Einenkel, sagte den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Donnerstagausgaben), Gerüchte über eine mögliche Schließung des Standorts würden »immer wieder in die Welt gesetzt«. Es stelle sich die Frage, »wer da bewußt Geschäftsschädigung betreibt«. Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug erklärte am Mittwoch in Rüsselsheim, er habe »keinerlei Hinweise darauf, daß General Motors oder das Management der Adam Opel AG planen, bestehende Verträge zu verletzen«. Diesen zufolge seien betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen bis Ende 2014 ausgeschlossen.
Es wäre allerdings nicht das erste Mal, daß die GM-Führungsriege unterschriebene Vereinbarungen wieder in Frage stellt. Auch die Standorte in Antwerpen und im portugiesischen Azambuja wurden trotz anderslautender Zusagen in den vergangenen Jahren geschlossen. Der vom WSJ zitierte Manager stellte klar: »Wenn Opel repariert wird, dann wird es jetzt repariert, und die Einschnitte werden tief sein.« Zur Vorbereitung der neuen Kürzungsrunde – die auch weiteren Lohnverzicht der Beschäftigten beinhalten soll – hat GM zuletzt mehrere hochrangige Vertreter in den Opel-Aufsichtsrat entsandt.
Unterstützung können die Opelaner hingegen von Bob King erwarten. Der Vorsitzende der US-Automobilarbeitergewerkschaft UAW (United Auto Workers) soll im März ebenfalls in den Opel-Aufsichtsrat einziehen. Und die UAW, die seit der Insolvenz im Jahr 2009 über einen Fonds Anteile an GM hält, dürfte großes Interesse daran haben, sich mit den hiesigen Belegschaftsvertretern gutzustellen. Der Verband plant eine Organisierungskampagne in den bislang gewerkschaftsfreien Daimler- und VW-Fabriken in den Südstaaten der USA – und hofft dabei auf Unterstützung der IG Metall.
Hintergrund für die erneuten Kürzungspläne ist das Vorhaben von GM, seinen Spitzenplatz unter den Autoherstellern zu festigen. Nach der Blitzinsolvenz vor zweieinhalb Jahren – die in den USA mit Dutzenden Werksschließungen und Massenentlassungen einherging – verkaufte GM 2011 nach eigenen Angaben über neun Millionen Fahrzeuge und damit deutlich mehr als die Rivalen VW (8,2 Millionen) und Toyota (7,9 Millionen). Vor allem will Detroit in den kommenden Jahren die Gewinnmarge von aktuell sechs auf zehn Prozent steigern. Dabei steht die Europatochter im Weg, die in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres ein Defizit von rund 580 Millionen Dollar (441 Millionen Euro) verzeichnete. Die Verantwortung dafür tragen zwar nicht die Beschäftigten, sondern das Management, das Opel-Verkäufe in den Boommärkten Asiens und Lateinamerikas weitgehend untersagt. Zahlen sollen dennoch die Arbeiter.
Quelle: www.jungewelt.de vom 09.02.12
« Geheimdienst des Tages: MAD – »Zuständige müssen Zivilcourage zeigen«. Auch Bundeskanzlerin Merkel sollte in Dresden mitdemonstrieren. Ein Gespräch mit Gesine Lötzsch Interview: Markus Bernhardt »
No comments yet.
Sorry, the comment form is closed at this time.